Verfassungsgerichtshof Verfassungsgerichtshof: Fünf-Prozent-Klausel in Thüringen gekippt
Weimar/ddp. - KleineParteien seien im politischen Wettbewerb benachteiligt. Ihre Stimmenzählten nicht, wenn sie an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterten. DieEntscheidung des Gerichts fiel einstimmig.
Mitte Februar hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dassdie Fünf-Prozent-Hürde bei Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein gegendas Grundgesetz verstößt. Daraufhin kündigte die ThüringerLandesregierung Anfang März an, die Klausel abschaffen zu wollen. Siewarnte aber vor einer Zersplitterung der Parteienlandschaft und vorWahlerfolgen extremer Parteien. Diese Einwände widersprechen lautVerfassungsgerichtshof der Realität in den anderen Bundesländern.
Das Urteil gilt nicht rückwirkend. Die Wähler hätten sich beifrüheren Kommunalwahlen auf die Sperrklausel eingestellt und ihrWahlverhalten danach ausgerichtet. Anlass des Verfahrens war dieKlage einer bei der Weimarer Stadtratswahl an der Sperrklauselgescheiterten FDP-Kandidatin. Das Verwaltungsgericht hatte dasVerfahren ausgesetzt und die Frage der Verfassungsmäßigkeit demGerichtshof zur Klärung vorgelegt.
FDP-Generalsekretär Patrick Kurth betonte, es sei«nachvollziehbar», dass die Weimarer Kommunalwahl nicht wiederholtwerde. Schließlich liege sie schon vier Jahre zurück. WeimarsOberbürgermeister Stefan Wolf (SPD) zeigte sich erleichtert: «DerStadt Weimar bleibt das aufwendige und teure Procedere von Neuwahlenerspart.» Nun könne sich die Stadt auf die neue Situation ab dem Jahr2009 vorbereiten.
Die kleinen Parteien begrüßten das Urteil. Grünen-LandessprecherinAstrid Rothe-Beinlich sprach von einem «Sieg der Demokratie». KleineParteien seien eine Bereicherung für die Kommunalpolitik.Rothe-Beinlich forderte die Landesregierung auf, jetztschnellstmöglich Rechtssicherheit zu schaffen. Nach Kurths Meinungwurde eine offensichtlich verfassungswidrige Regelung für nichtigerklärt.
Der Linke-Fraktionschef im Thüringer Landtag, Dieter Hausold,bezeichnete das Urteil als «längst überfällige Stärkungdemokratischer Vielfalt in den Kommunen». Er kritisierte, dass dieLandesregierung während des Verfahrens an der Klausel festgehaltenhabe. Nach Ansicht der CDU besteht erst jetzt Rechtsklarheit für denGesetzgeber. CDU-Justizpolitikerin Marion Walsmann fürchtetallerdings, dass sich nun extremistische Parteien und Gruppierungeneine politische Basis in den Kommunen schaffen könnten.
(Az. VerfGH 22/05)