Urne am Baum statt Friedhof Urne am Baum statt Friedhof: Dritter Friedwald in Sachsen-Anhalt öffnet

Sangerhausen/Magdeburg/dpa - Pompöse Gräber, Engelsfiguren oder riesige Grabsteine aus schwarzem Marmor sind auf Sachsen-Anhalts Friedhöfen heute eher nur noch Ausnahme. Stattdessen entscheiden sich Menschen vor ihrem Tod - oder später ihre Angehörigen - für eine anonyme Beisetzung auf der sogenannten grünen Wiese oder für ein kleines Urnengrab. Alternative Bestattungsformen wie ein Friedwald sind auch gefragt. Und wenn das Geld für eine Bestattung nicht da ist, übernimmt der Staat die Kosten, wie eine Umfrage der Nachrichtenagentur dpa ergab.
Die in Hessen ansässige Friedwald-Gesellschaft hat nach eigenen Angaben 2001 bei Kassel den ersten Bestattungswald in Deutschland eröffnet. Damals gab es sechs Beisetzungen im Jahr. In diesem Jahr sind es nach aktuellem Stand bundesweit 46 Friedwälder mit insgesamt 7200 Beisetzungen, wie Corinna Brod, Sprecherin der Friedwald GmbH (Griesheim), sagte.
Hainbuche, Eiche und Buche besonders beliebt
In Sachsen-Anhalt waren Brod zufolge zunächst ein Friedwald in Dessau-Wörlitz und danach ein weiterer nahe der Landesgrenze bei Bad Sachsa (Niedersachsen) ausgewiesen worden. In Dessau-Wörlitz gab es bisher rund 700 Beisetzungen, bei Bad Sachsa rund 550. Der günstigste Platz in einem Friedwald kostet nach Angaben der Betreibergesellschaft rund 490 Euro, hinzu kämen die Kosten für Bestatter und die Beisetzungsgebühr. Die Asche der Verstorbenen wird laut Friedwaldgesellschaft in einer ökologisch abbaubaren Urne in den Waldboden eingelassen. Beliebte Bäume seien vor allem Hainbuche, Eiche und Buche.
Umweltschützer sehen darin kein Problem. „Da Friedwälder Orte des Rückzuges und der Besinnung sind, wo der Wald ungehindert von menschlichen Eingriffen naturgemäß wachsen darf und sich ungehindert entwickeln kann, sieht der Nabu die Belange der Natur nicht gestört. Denn Friedhöfe sind im Allgemeinen ohnehin weitgehend naturbelassene Rückzugsorte“, sagte Annette Leipelt vom Naturschutzbund Sachsen-Anhalt (Nabu) in Magdeburg.
Ein 32 Hektar großer dritter Friedwald in Sachsen-Anhalt soll den Angaben zufolge am 24. November im Südharz bei Sangerhausen übergeben werden. „Der Wunsch nach einer Bestattung im Friedwald ist eigentlich fast gar nicht überwiegend finanziell motiviert, sondern es geht den Menschen um die Grabpflege“, sagte Brod.
Geld und Zeit für Grabpflege fehlen
Angesichts des demografischen Wandels und weil viele Familien aus beruflichen Gründen weit verstreut leben, stellt sich nach Angaben von Bestattern nämlich häufig die Frage, wer das Grab der Eltern und anderer Angehöriger bepflanzen und pflegen soll.
Die Kosten für Sozialbestattungen sind in Sachsen-Anhalt zuletzt gestiegen. „Wenn Angehörige die Aufwendungen für eine Bestattung nicht tragen können, übernimmt dies auf Antrag das Sozialamt der Kommunen“, sagte eine Sprecherin des Sozialministeriums. Eine Sozialbestattung gibt es zudem, wenn der Gestorbene nicht selbst entsprechend vorsorgen konnte und keine nahen Angehörigen bekannt sind.
Nach Angaben des Statistischen Landesamtes in Halle wurden 2012 in Sachsen-Anhalt Bestattungskosten in Höhe von zwei Millionen Euro übernommen. Fünf Jahre zuvor waren es knapp 400 000 Euro weniger. Damit seien die Kosten in dem Zeitraum um 22 Prozent gestiegen, teilte eine Sprecherin mit.
