1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Unfall in Queis: Unfall in Queis: Drama unter dem Hochregal

Unfall in Queis Unfall in Queis: Drama unter dem Hochregal

Von Michael Tempel 16.01.2008, 21:13
Großeinsatz in Queis: Nach dem Einsturz eines Hochregales bemühten sich zahlreiche Helfer darum, Verschüttete zu bergen. Erst Stunden nach dem Unfall in einem Papierlager konnten die ersten Opfer aus den Trümmern herausgeholt werden.
Großeinsatz in Queis: Nach dem Einsturz eines Hochregales bemühten sich zahlreiche Helfer darum, Verschüttete zu bergen. Erst Stunden nach dem Unfall in einem Papierlager konnten die ersten Opfer aus den Trümmern herausgeholt werden. Thomas Meinicke

Landsberg - Die Hände haben sietief in die Hosentaschen vergraben. Die Schultern sind hochgezogen, damit der Hals durch die Jacke oder den Pullover besser geschützt wird. Die Mitarbeiter der Firma Igepa Papiergroßhandel im Landsberger Ortsteil Queis (Saalekreis) harren trotz des kalten Windes aus. Beunruhigt beobachten sie das Treiben auf dem Betriebsgelände:

Gegen 14.30 Uhr war am Mittwoch in einer Lagerhalle das komplette Hochregalsystem in sich zusammengebrochen. Fünf Personen wurden dabei unter einem tonnenschweren und bis zu zehn Meter hohen Schuttberg aus Stahl und Papier begraben. Ein Großaufgebot von mehr als 200 Einsatzkräften von Feuerwehr, Polizei, Rettungsdienst und anderen Organisationen sucht nach den Verschütteten. Unterstützt werden sie von Suchhunden, Bereitschaftspolizistenund zwei Notfallseelsorgern. Zwei Rettungshubschrauber sind auf dem Betriebsgelände gelandet.

Etwa zwei Stunden später keimt Hoffnung: Drei der Verschütteten, zwei Männer, 46 und 23 Jahre alt, und eine Frau (36), werden verletzt geborgen und ins Krankenhaus gebracht. "Sie sind alle ansprechbar", sagt Polizeisprecher Siegfried Koch. Jedoch soll einer der Männer schwer verletzt sein.

In welchem Zustand die noch Verschütteten im Alter von 27 und 33 Jahren sind, bleibt bis zum späten Abend unklar. Gegen 18 Uhr wird die vierte Person geortet, erst am späten Abend die fünfte. Inzwischen ist damit begonnen worden, den riesigen Schuttberg in der Halle vorsichtig abzutragen. Eine Kette aus Helfern bringt Papier und Regalteile ins Freie. Laut Koch stürzte das Regal zusammen, als es vonMitgliedern des Technischen Hilfswerks (THW) auf seine Standsicherheit überprüft wurde. "Zur Ursache des Zusammenbruchs können wir noch nichts sagen", so Koch. Die Anlage habe aus mehreren, jeweils 76 Meter langen und 13 Meter hohen Regalreihen bestanden, in denen 2000 bis 3000 Tonnen Papier lagerten. Die Verschütteten sind nach MZ-Informationen drei Firmenmitarbeiter und zwei THW-Leute.

"Die beiden Jungs wollten vor Ort anschauen, wie die Lage ist und was zu tun ist", sagte Sören Wachsmann vom THW in Halle. Er und die anderen Freiwilligen des Hilfswerks bleiben lange im Ungewissen: Neben einem Igepa-Mitarbeiter muss auch nach einem 33-Jährigen aus ihren Reihen weiter gesucht werden.

Die Nachricht von der Tragödie verbreitet sich wie ein Lauffeuer. Schaulustige, aber auch besorgte Angehörige und Bekannte von Mitarbeitern finden sich am Betriebszaun ein. "Einer von unseren Freunden soll mit verschüttet sein", sagt ein besorgter junger Mann aus dem Nachbarort. Unterdessen fahren Kriminaltechniker aufs Gelände. Auch die Polizeispitze und Saalekreis-Landrat Frank Bannert (CDU) sind vor Ort.

Ob die Katastrophe mit einem Gabelstapler-Unfall zusammenhängt, der sich am Vortag in der Firma ereignet hatte, dazu will sich Polizeisprecher Koch nicht äußern. Bei dem Zwischenfall hatte sich am Dienstagnachmittag laut Feuerwehr ein Gabelstapler in einem Regal verklemmt. Am Abend bestätigt Arne Kayser von der Igepa-Geschäftsleitung diesen Unfall. Teile der Anlage seien deshalb aus Sicherheitsgründen gesperrt worden. Zu dem Unglück sagt Kayser: "Das ist alles sehr tragisch, wir stehen unter Schock."

Die Firma Igepa Papiergroßhandel GmbH wurde1990 in Frankfurt (Main) gegründet. 1994 wurde das neue Stammhaus im Gewerbegebiet Queisfertig gestellt. Das Unternehmen gehört zuden Großen der Branche und beschäftigt 130 Mitarbeiter, 90 davon in Queis. (mz)