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Ulrich Kammrad alias "Volker Ernst" Ulrich Kammrad alias "Volker Ernst": Ex-Clubchef als Stasi-IM beim 1. FC Magdeburg?

26.06.2015, 15:04
Das Wappen des 1. FC Magdeburg an der Jacke eines Spielers.
Das Wappen des 1. FC Magdeburg an der Jacke eines Spielers. DPA/ARCHIV Lizenz

Magdeburg - Der ehemalige Clubvorsitzende des 1. FC Magdeburg und Funktionär im Fußballverband Sachsen-Anhalt, Ulrich Kammrad, soll inoffizieller Mitarbeiter der Staatssicherheit gewesen sein. Das berichtet das Nachrichtenmagazin Focus unter Berufung auf Unterlagen der Stasi-Unterlagen-Behörde. Kammrad, der den international erfolgreichen DDR-Verein von 1976 bis 1981 führte, verpflichtete sich demnach im Mai 1976 zur Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS). Unter dem Decknamen „Volker Ernst“ soll er mehrere Jahre lang Berichte über Spieler und Mitarbeiter des Vereins geliefert haben.

 

Laut Focus wurden mit Kammrads Hilfe mehrere Spieler, die als politisch unzuverlässig galten, an Reisen zu Wettkämpfen im Westen gehindert. Mindestens ein Spieler wurde nach den Angaben wegen angeblicher Fluchtpläne sogar aus dem Verein ausgeschlossen. Nach Focus-Recherchen handelt es sich dabei um den damals 24 Jahre alten Verteidiger Bodo Sommer, der mit dem Club mehrmals DDR-Meister wurde. Der heute 62-jährige Sommer sagte dem Focus: „Das Gerücht, dass ich in den Westen wollte, hatte die Stasi erfunden.“ Nach der Wende habe er seine Stasiakte gelesen und sei dabei auf etliche Verräter unter Spielern und Funktionären des Vereins gestoßen, auch auf Ulrich Kammrad. Sommer: „Vom damaligen Clubvorsitzenden bin ich menschlich sehr enttäuscht.“

 

Der heute 76 Jahre alte Kammrad räumte gegenüber Focus seine Zusammenarbeit mit der Stasi ein: „Na gut, da brauche ich jetzt nicht rumzustreiten.“ Ihm sei es darum gegangen, seinen Club vor dem Klassenfeind zu schützen. „Ich habe dort meine Aufgaben erfüllt. Ich habe dafür gesorgt, dass die DDR sportlich anerkannt wurde. Was soll ich daran heute bereuen?“

Für den Fußballverband Sachsen-Anhalt, wo Kammrad als ehrenamtlicher Sportrichter gearbeitet hat, kommen die Stasi-Vorwürfe überraschend. Sprecher Volkmar Laube sagte dem Focus: „Der Fall ist uns bislang nicht bekannt.“ Man werde zunächst das Gespräch mit Kammrad suchen. Wie der MDR berichtet, hat FSA-Sprecher Volkmar Volkmar Laube bestätigt, dass Kammrad vergangene Woche seinen Rücktritt aus dem Sportgericht bekanntgegeben hat und zum Monatsende ausscheidet. (mz)