Tourenwagen Masters Tourenwagen Masters: Im Mekka der Vollgas-Fans
Oschersleben/MZ. - Hans-Peter Klein hat keine Einladung. Ihm eine zu schicken, wäre "eine überflüssige Geste gewesen. Er wäre sowieso nicht gekommen", sagt Peter Rumpfkeil resignierend. Dabei hätte sein alter Spezi eigentlich ganz oben auf die anlässlich des DTM-Spektakels proppevolle VIP-Liste gehört. Doch "der Mann hat mit der Motorsportarena und dem Drumherum abgeschlossen", sagt der Geschäftsführer der Rennstrecke von Oschersleben. Vielleicht freut sich Klein dennoch in seiner selbst gewählten Rennsportabstinenz, wenn er später erfährt, dass an diesem Wochenende rassige PS-Duelle über 60 000 Fans begeisterten. Denn eigentlich ist es das Verdienst des Niedersachsen, dass solche Großereignisse in der Börde überhaupt möglich sind. Ohne ihn gäbe es dieses mittlerweile zehn Jahre alte Motorsport-Mekka nicht.
1989 hatten Hans-Peter Klein und sein Bruder Joachim das geerbte drittgrößte Elektrogroßhandel-Imperium Europas verkauft. Mit den Taschen voller Geld schickten sie sich an, die fixe Idee, eine dritte ständige Rennstrecke in Deutschland nach Nürburg- und Hockenheimring aus dem Boden zu stampfen, in die Tat umzusetzen.
Baubeginn 1996
Im Westen stoppte die Bürokratie die Pläne. Doch in Oschersleben, einer Autocross-Hochburg des Ostens, fanden sie nicht nur in Bürgermeister Dieter Klenke einen Gesinnungsgenossen. Auch das Wirtschaftsministerium Sachsen-Anhalts begegnete dem Vorhaben damals wohlwollend. Und in Rumpfkeil, einem ausgebufften ADAC-Motorsport-Funktionär, der in Diepholz erfolgreich Flugplatz-Rennen veranstaltete, war der Experte gefunden, der die Geschicke leiten würde. 1996 gab es den ersten Spatenstich für den "Motopark". Bis zur Eröffnung 1997 wurden etwa 105 Millionen Mark auf dem Bördeboden verbaut. 35 Prozent kamen aus Fördermitteln. Das Land gab ein Darlehen von 30 Millionen Mark. Norddeutsche Landesbank und Dresdner Bank steuerten 15 Millionen Mark bei. Und für die restlichen etwa 25 Millionen stand eben Klein gerade.
Die Euphorie verflog rasch. Bald war abzusehen: Die Betrieb der gut gebuchten Rennstrecke ließ sich zwar locker finanzieren, aber der Überschuss reichte nicht, um Kredite abzuzahlen. Gläubiger wurden unruhig. Am 10. Januar 2002 meldete der Motopark Insolvenz an. Gut drei Jahre wurstelte man sich durch, wartete trotz schwarzer Zahlen vergeblich auf einen heilsbringenden Investor. Die Fans merken nichts davon. Jährlich strömten bis zu 660 000 zu den PS-Spektakeln. 2005 stieg dann das Norddeutsche Bauunternehmen Bunte ein und blätterte für die Übernahme sieben Millionen Euro hin. Zähneknirschend verzichteten die alten Geldgeber auf 20 Prozent ihrer Forderungen. Der Motopark war gerettet und hieß fortan Motorsportarena. Klein erlebte dies nicht mehr mit. Längst hatte er sich ernüchtert, frustriert und um etliche Millionen ärmer zurückgezogen.
Firmen profitieren
Die Region jedoch atmete auf. Schließlich vergibt die Motorsportarena jährlich für etwa 1,2 Millionen Euro Aufträge an Firmen der Umgebung. 80 Menschen arbeiten ständig an der Strecke und im Hotel, Hunderte an den Wochenenden mit Großereignissen. Dann sind Hotels und Pensionen im weiten Umkreis ausgebucht. Etwa 25 Millionen Euro werden pro Jahr rings um die 15 000-Einwohner-Stadt Oschersleben im Zuge des Motorsports umgesetzt. Das registrieren auch die Umweltschützer, die immer mal wieder gegen die Lärmbelästigung an den 270 jährlichen Betriebstagen mobil machen.
Trotzdem wünschen sich die Macher, dass Behörden die Bedeutung des Wirtschaftsfaktors stärker anerkennen. Noch ist die einspurige Zufahrt eine Zumutung und beschert zu Veranstaltungen kilometerlange Staus. "Vielleicht steht sich ja einmal der Ministerpräsident die Beine in den Bauch und merkt, wo es noch klemmt", sagt Rumpfkeil. Die Landesregierung bekam jedenfalls Einladungen zum DTM-Wochenende.