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Thüringen Thüringen: Gewaltsamer Ausbruchsversuch in Gefängnis verhindert

15.08.2006, 14:22

Erfurt/dpa. - Ein wegen Mordes und Geiselnahme verurteilterHäftling im Gefängnis Tonna hat einen Seelsorger für den Schmuggelvon 30 verbotenen Gegenständen benutzt. Bei einer Kontrolle seienunter anderem ein Messer, Reizgas und ein Handy in der Zelle desMannes gefunden worden, sagte Justizminister Harald Schliemann (CDU)der «Thüringischen Landeszeitung» (Dienstag). Schliemann vermutet,dass der Gefangene einen Ausbruch, möglicherweise mit einerGeiselnahme, plante.

Ein Sprecher des Bistums Erfurt sagte am Dienstag, dass einkatholischer Seelsorger die Päckchen von Bekannten oder Angehörigendes Mannes ohne Wissen um den Inhalt in das Gefängnis gebracht habe.So war nach Angaben des Justizministeriums unter anderem ein Handy ineiner Margarine-Dose versteckt. Sie sei so sorgfältig präpariertgewesen, dass sie mit ihrem zusätzlichen Inhalt nur 16 Gramm mehrgewogen habe als eine normal gefüllte Dose.

«Er hat Vertrauen geschenkt, das missbraucht worden ist», sagteDomkapitular Gerhard Stöber über den Geistlichen, bescheinigte ihmaber gleichzeitig «Naivität». Es sei sehr bedauerlich, dass erGrenzen überschritten habe. Der Seelsorger, der derzeit beurlaubtsei, wolle künftig nicht mehr als Gefängnisseelsorger arbeiten.

Der Häftling war nach dpa-Informationen wegen Mordes an einemStuttgarter Gastwirt 1992 zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Deraus Thüringen stammende frühere NVA-Einzelkämpfer und Kampfschwimmerhatte im März 1991 mit drei Komplizen den Stuttgarter Gastwirt miteinem Handtuch erdrosselt und danach mit einer Machete enthauptet.Zuvor hatten sie den Inhaber von Stuttgarter und Jenaer Gaststättenin seiner Wohnung überfallen, Bargeld und Schmuck geraubt.

Seine Haft verbüßte er in Hamburg-Fuhlsbüttel. Dort war er Ende1994 mit einem Komplizen ausgebrochen, der mit Anstaltswerkzeug ausMetallsprossen und einem Stuhl heimlich eine Leiterzusammengeschweißt hatte. Die bewaffneten Männer überfielen auf ihrerFlucht durch mehrere Bundesländer eine Bank, lieferten sich mehrereSchießereien mit der Polizei und nahmen zahlreiche Geiseln. Nach derknapp zweitägigen Verfolgung, die auch durch Thüringen führte, wurdensie schließlich in Hessen festgenommen. Unter anderen hatten sie einEhepaar aus Hötzelsroda bei Eisenach in ihre Gewalt gebracht.

Das Justizministerium wertete die Entdeckung der Gegenstände alsErfolg und Beleg für effiziente Kontrollen. Dagegen sprach dieLandtagsopposition von Missständen in den Gefängnissen und schwerenSicherheitsmängeln. Der Justizausschuss des Landtages solle sich aufseiner Sondersitzung am 24. August auch mit diesem Fall befassen. DieErfurter Staatsanwaltschaft hat ein Ermittlungsverfahren gegenUnbekannt wegen des Verdachts auf Gefangenenbefreiung eingeleitet.