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Thüringen Thüringen: Abgeordnete mit Stasi-Spitzel-Vergangenheit

01.04.2009, 11:54
Die Thüringer Landtagsabgeordnete Ina Leukefeld (Die Linke) posiert (FOTO: DDP)
Die Thüringer Landtagsabgeordnete Ina Leukefeld (Die Linke) posiert (FOTO: DDP) ddp

Erfurt/Weimar/ddp. - Die 54-Jährige sei eine profilierte Arbeitsmarktexpertin, lobenParteifreunde wie Landeschef Knut Korschewsky. Die Frau sei eine«Altlast», kritisieren politische Gegner wie die Grünen. Denn einsthat Leukefeld als Inoffizielle Mitarbeiterin (IM) für die der Stasinahestehende Polizeiabteilung K1 gearbeitet.

Für die Linke ist Leukefeld ein Zugpferd, ein Parteitag wählte dieAbgeordnete vor wenigen Tagen auf Platz drei der Kandidatenliste fürdie Landtagswahl am 30. August. Die anderen Parteien poltern deshalbin seltener Einmütigkeit und verweisen darauf, dass die Abgeordnetevon einem Gremium des Landtags 2006 als «parlamentsunwürdig» erklärtwurde. Leukefeld will dieses Etikett loswerden. Am Donnerstag wirdihre Klage vor dem Verfassungsgerichtshof des Bundeslandes in Weimarverhandelt.

Mitte 1985 war das damalige Ratsmitglied für Jugend und Sport derStadtverwaltung Suhl von der Kriminalpolizei angeworben worden. AlsIM «Sonja» hatte sie anderthalb Jahre lang im beruflichenZusammenhang Bericht über Personen in ihrem Umfeld erstattet. Zwarhatte sie dafür eine Verpflichtungserklärung unterschrieben, die Näheder Polizeiabteilung K1 zur Staatssicherheit habe sie aber nichtgekannt, beteuert Leukefeld. Sie weist deshalb eine Gleichsetzung mitdem Ministerium für Staatssicherheit (MfS) entschieden zurück.Beschönigen wolle sie aber nichts, sagt die Politikerin. «Ich schämemich ein Stück weit dafür.»

Leukefeld zeigte sich stets selbstkritisch gegenüber ihrerSpitzeltätigkeit, im Landtag gab es eine Entschuldigung von ihr. DieVergangenheit dürfe nicht unter den Teppich gekehrt werden, sagt sie.Aber: Sie weigere sich, deshalb stigmatisiert zu werden. Wegenanderthalb Jahren ihrer Biografie habe sie nicht das Recht verwirkt,Abgeordnete zu sein. Die moralische Klassifizierung desLandtagsgremiums habe zwar nicht den Entzug ihres Mandats bedeutet,dessen Ausübung sehe sie dadurch aber eingeschränkt.

Ende der Legislaturperiode läuft das Thüringer Gesetz aus, daseine Überprüfung von Abgeordneten auf eine frühere Stasi-Verstrickungvorsieht. Die Linke-Fraktion hält das Verfahren prinzipiell fürunrechtmäßig, seit Mittwoch wird ihre Klage vor demVerfassungsgericht verhandelt. Die CDU-Fraktion hatte Ende 2003 füreine Verlängerung des Gesetzes gestimmt - um Versuchenentgegenzuwirken, die Spitzeldienste zu bagatellisieren, wie es hieß.Nach dem Urteil soll über das Gesetz neu diskutiert werden, sagt einFraktionssprecher.

Egal wie die Entscheidung im Fall Leukefeld ausgeht - imanstehenden Wahlkampf dürfte sie von den anderen Parteien weiter als«persona non grata» geächtet werden. Trotzdem hofft diestellvertretende Landesvorsitzende der Linken, die seit 1994 auchMitglied im Suhler Stadtrat ist, wieder per Direktmandat in denLandtag einzuziehen. Sollte die Linke in Regierungsverantwortungkommen, will sie aber kein Amt übernehmen - wegen ihrerVergangenheit. «Man muss ja den Ärger nicht herausfordern», sagt sie.