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Thomas Webel Thomas Webel: Der Börde-Baron

Von HENDRIK KRANERT-RYDZY 18.04.2011, 20:48

KLEIN AMMENSLEBEN/MZ. - Im einstigen Ohre-, jetzt größeren Bördekreis ist Webel seit 1991 ununterbrochen Landrat. Was in Friesland der Deichgraf war, ist der 56-Jährige in der Börde - eine schier unzerstörbare Institution. Sogar am heimischen Briefkasten steht nicht Webel, sondern Landrat. Wenn Webel also jetzt in die große Politik wechselt - der er eigentlich als früherer Landtagsabgeordneter und CDU-Landesvorsitzender ja immer angehörte - dann verlässt er nicht nur den wirtschaftlich erfolgreichsten Landkreis Sachsen-Anhalts. Nein, Webel begibt sich auch auf unsicheres Terrain.

Ein Ministerium ist anders zu führen als eine Kreisverwaltung. Ob Webels zupackende, burschikose und volksnahe Art bei den fest gefügten Beamtenstrukturen ankommt, muss sich noch zeigen. In gewisser Weise ähnelt Webel da zwar seinem Amtsvorgänger Karl-Heinz Daehre. Doch der war gefühlt mindestens genau so lange Minister, wie Webel Landrat. Daehre kannte den Laden, war überall hin vernetzt. Von Webel hört man das nicht - trotz seiner inzwischen siebenjährigen Amtszeit als Parteichef.

Webel, zum zweiten Mal verheiratet und Vater eines Sohnes, wurde 1954 als eines von zwei Kindern in Bad Pyrmont (Niedersachsen) geboren. Die aus Magdeburg stammende Mutter zog es aber des Heimwehs wegen 1957 zurück in die damalige DDR. Die neue, alte Heimat im Bördedorf Klein Ammensleben ist bis jetzt Webels Zuhause. Nach Abitur und Wehrdienst studierte er Elektrotechnik. Als Materialdisponent in einer LPG war Webel in seinem Element: Die zu DDR-Zeiten schwierige Beschaffung von Ersatzteilen organisierte Webel wiederum DDR-typisch - im Tausch gegen Spargel und Erdbeeren beschaffte der passionierte Kraftsportler mit den stahlblauen Augen Waren im Wert von 2,5 Millionen Ostmark. Rückblickend hat Webel mal gesagt: "Ersatzteilbeschaffer sind wie Politiker, beide sind letztlich Vertreter."

Den Politiker Webel brauchte auch Reiner Haseloff: Der bodenständige Parteichef sorgte für die Vermittlung des akademisch daherkommenden Spitzenkandidaten an der Parteibasis. Im Gegenzug macht Haseloff den Börde-Baron zur Überraschung vieler nun zum Minister für Verkehr und Landesentwicklung.

Ganz ohne Risiko ist das nicht: Webel taugt auch immer mal für einen Skandal. Wegen dutzender gefälschter Rechnungen für eine ABM-Gesellschaft im Jahr 1995, mit der diese vor der Insolvenz gerettet werden sollte, wurde Webel im Jahr 2001 zu sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. "Die Sache liegt 16 Jahre zurück", sagt Webel nun, "jeder Mörder ist da wieder draußen." Es sind Sätze wie diese, die so mancher in der Partei immer wieder erschrocken aufhorchen lassen.