1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Streit um Schädlinge eskaliert: Streit um Eichenprozessionsspinner eskaliert: Bürgermeister zeigt sich wegen Körperverletzung selbst an

Streit um Schädlinge eskaliert Streit um Eichenprozessionsspinner eskaliert: Bürgermeister zeigt sich wegen Körperverletzung selbst an

Von Christian Schafmeister 10.06.2018, 17:21
Ein Warnschild mit der Aufschrift «Eichenprozessionsspinner»  vor einem Nest mit Eichen-Prozessionsspinnern an einem Baum. 
Ein Warnschild mit der Aufschrift «Eichenprozessionsspinner»  vor einem Nest mit Eichen-Prozessionsspinnern an einem Baum.  dpa/montage mz

Seehausen/Magdeburg - Der Konflikt um die Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners eskaliert. So hat sich der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Seehausen (Altmark) ein weiteres Mal zu einem ungewöhnlichen Schritt entschlossen.

Weil er sich vom Land bei der Bekämpfung des Schädlings weiter alleine gelassen fühlt, zeigte sich Rüdiger Kloth (CDU) jetzt wegen Körperverletzung im Amt selbst bei der Polizei an. Im Vorjahr hatte der Kommunalpolitiker bereits mit der Sperrung des Elberadweges gedroht. Das Problem: Die feinen Härchen der Raupen setzen ein Gift frei, das beim Menschen allergische Reaktionen auslösen kann, aber auch Augen und Atemwege massiv belastet.

„Die Bevölkerung leidet immer stärker. Erst kürzlich musste ein achtjähriges Mädchen nach einer allergischen Schockreaktion ärztlich behandelt werden“, erklärte Kloth am Freitag der MZ. „Ich sehe einfach keinen anderen Ausweg mehr.“ Als Bürgermeister sei es seine Aufgabe, die Bevölkerung vor Schaden zu bewahren - dazu gehörten auch gesundheitliche Schäden durch den Eichenprozessionsspinner. Dem könne er aber nicht mehr nachkommen, die Gemeinden vor Ort seien seit Jahren mit der Bekämpfung des Schädlings überfordert.

Das Gebiet der Verbandsgemeinde Seehausen ist laut Kloth seit mehr als zehn Jahren von der Plage betroffen. „Wir haben auf unserem Gebiet 10.000 Eichen, können davon aber aus finanziellen Gründen nur einen Bruchteil bekämpfen.“ In diesem Jahr wurden durch die Verbandsgemeinde 1.700 Einzelbäume und 30 Hektar Fläche aus der Luft behandelt. Das habe aber nicht gereicht, erklärte der Bürgermeister. „Der Erfolg blieb aus.“

Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners: Hilfe vom Land gefordert

Schon 2017 hatte die Verbandsgemeinde deshalb eine flächendeckende Bekämpfung durch das Land gefordert. „Dem Wunsch ist bisher jedoch nicht entsprochen worden“, sagte Kloth, „wir fühlen uns einfach im Stich gelassen“. Das gelte um so mehr, als dass der Einsatz eines wirksameren Mittels bislang aus Umweltschutzgründen nicht zugelassen wird. „So lange aber der Umweltschutz über dem Gesundheitsschutz der Menschen steht, wird sich an der Situation nichts ändern.“

Das Umweltministerium äußerte sich am Freitag nicht im Detail zu den Vorwürfen des Bürgermeisters, verwies aber auf die Zuständigkeiten. So sei das Ministerium für die Bekämpfung des Schädlings ausschließlich in Wäldern zuständig. „Nur dann kommt das Thema bei uns aufs Tableau“, sagte Sprecherin Jenny Schwarz. Alles andere sei Sache der Landkreise und der Kommunen. 

Nichts passiert: Bürgermeister Kloth ist frustriert 

Genau an diesem Punkt hatte sich aber bereits im Vorjahr der Streit entzündet. Damals lenkte Umweltministerin Claudia Dalbert (Grüne) zwar ein und stellte letztlich Mittel für die Bekämpfung des Schädlings am Elberadweg in der Altmark bereit. Sie sprach jedoch zugleich von einer „einmaligen Aktion anlässlich des Reformationsjubiläums“.

Bürgermeister Kloth zeigt sich heute, ein Jahr später, frustriert. So habe sich 2017 zwar auch Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD) vor Ort ein Bild von der Situation gemacht und Hilfe zugesagt, passiert sei danach jedoch nichts. Ihre Sprecherin spielte den Ball am Freitag ins Umweltressort zurück, dies habe bei dem Thema die Federführung.

„So wird es nie eine Lösung geben“, betonte der Bürgermeister. „Keiner fühlt sich zuständig, alle drehen sich im Kreis, und wir vor Ort verbrennen auch noch Geld.“ So habe die Gemeinde in den vergangenen zehn Jahren bereits rund 300.000 Euro für punktuelle Maßnahmen ausgegeben. „Der Erfolg ist aber gleich Null.“  (mz)