Streit in Gardelegen Streit in Gardelegen: Heimliche Solidarität
Gardelegen/MZ. - Die Stimmung vieler Passanten auf dem Rathausplatz des Altmark-Städtchens Gardelegen ist gereizt. "Sie suchen doch bloß wieder eine Story über die ausländerfeindlichen Ossis", empört sich ein Mittfünfziger, der mit Hut und Anorak auch ohne Schirm dem Regen trotzt. Deshalb wolle er auch zu den Äußerungen der Bürgermeisterin Hannelore von Baehr überhaupt nichts sagen.
Das Ganze werde doch nur aufgebauscht, winkt seine Begleiterin ab, und bemerkt, dass Gardelegen nicht noch einen "Klamotten-Laden" brauche. Dann solle das Geschäft in unmittelbarer Nähe des Rathauses lieber noch eine Weile leer stehen bleiben.
Ihm habe die Bürgermeisterin nichts getan, sagt Otto Burkardt aus dem Ortsteil Weteritz. Vielleicht habe sie sogar Recht. Denn es gebe schon genug Vietnamesen in der Innenstadt. Was derzeit Stadtgespräch in Gardelegen ist, war zunächst ein ganz normaler Vorgang: Vor Wochen hatte ein vietnamesischer Händler beantragt, den leer stehenden Laden im Zentrum der Stadt, die sich gern als Perle der Altmark bezeichnet, zu mieten. In einer nichtöffentlichen Ausschuss-Sitzung des Stadtrates hat Bürgermeisterin Hannelore von Baehr von der Freien Wählergemeinschaft Gardelegens dann aber erklärt, dass sie am Rathausplatz keine "Andersfarbigen und Anderssprachigen" haben möchte.
Die Wogen der Empörung schlugen hoch. Kommunalpolitiker von CDU und PDS forderten den sofortigen Rücktritt der offenbar ausländerfeindlichen Bürgermeisterin. Innenminister Manfred Püchel (SPD) und der Ausländerbeauftragte des Landes, Günter Piening, verurteilten scharf die "nur schwer erträglichen Entgleisungen". Die Bürgermeisterin entschuldigte sich auch für ihre "dumme Äußerung". Später sprach sie allerdings von Missverständnissen, und inzwischen schweigt das Stadtoberhaupt - wie viele der Bürger der Stadt. Journalisten, heißt es im Rathaus, sollen ihre Fragen schriftlich einreichen.