1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Stendal: Stendal: Mielkes Volvo, Barkas und Ural

Stendal Stendal: Mielkes Volvo, Barkas und Ural

Von Stefan Kruse 05.08.2008, 06:18
Ehemalige DDR-Staatskarossen der Marken «Volvo» (r.) und «Tschaika» stehen im Blaulicht-Museum in Beuster (Landkreis Stendal). (Foto: dpa)
Ehemalige DDR-Staatskarossen der Marken «Volvo» (r.) und «Tschaika» stehen im Blaulicht-Museum in Beuster (Landkreis Stendal). (Foto: dpa) dpa-Zentralbild

Beuster/dpa. - Wer dasGelände der früheren Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft(LPG) am Rande des Altmark-Dorfes Beuster betritt, fühlt sich in einelängst vergangene Zeit zurückversetzt. Hier im Norden Sachsen-Anhalts, mitten in der Provinz, hat Ralf von Hagen die bundesweitwohl größte Sammlung zur DDR-Auto- und Technikgeschichte aufgebaut.

Mehr als 80 Fahrzeuge zählt sein «Blaulichtmuseum» inzwischen.«Die meisten davon sind fahrbereit», sagt der 51-Jährige stolz.Daneben können Besucher Radios und Fernseher von einst bestaunen unddurch einen Laden bummeln, in dem von Tempo-Erbsen über Suppina-Zwiebelsoße und Action-Haarspray bis zu Dederon-Schürzen keineErrungenschaft der DDR-Konsumgüterindustrie zu fehlen scheint.

Im Mittelpunkt stehen jedoch die Fahrzeuge, die der gelernteBiomedizintechniker seit der Wende zusammengetragen hat. «Man mussschon ein bisschen verrückt sein, sich auf so etwas einzulassen»,sagt er. «Aber ich interessiere mich seit meiner Kindheit für Autos,besaß schon zu DDR-Zeiten alte Opels. Nach dem Umschwung wurde mirein Feuerwehr-Auto angeboten, und irgendwann wurde es mehr und mehr.»2002 kaufte der Sammler, der im brandenburgischen Wittenberge gleichüber die Elbe zu Hause ist, das Grundstück in Beuster, auf dem nunein Teil der Autos ausgestellt ist.

Ein Barkas-Rettungswagen der «Schnellen Medizinischen Hilfe» istdabei, der sogar im Film «Good Bye Lenin» zu sehen war. In einerHalle stehen Dutzende Fahrzeuge der Volkspolizei, darunterStreifenwagen vom Typ Wolga, Lada, Wartburg, ein B 1000 derVerkehrsunfallbereitschaft und einer der Kriminaltechnik. Gleichnebenan ist die Feuerwehr mit Löschpumpenfahrzeugen, Drehleitern undSchlauchwagen vom Typ IFA S 4000 oder W 50 präsent. DieMilitärsammlung umfasst zahlreiche Fahrzeuge vom UAS-Jeep bis hin zumKRAS-Pritschenwagen - alle hergestellt in der damaligen UdSSR.

Von Hagens ganzer Stolz ist indes eine Tschaika-Limousinesowjetischer Bauart, in der sich zwischen 1961 und 1979 Mitgliederdes DDR-Staatsrates durch ihren Arbeiter- und Bauernstaat chauffierenließen. «Der Wagen ist äußerst komfortabel, hat 195 PS,Automatikgetriebe und Servolenkung», sagt er. Der Verbrauch der 5,6Liter-Maschine von 25 Litern auf 100 Kilometer sei allerdings ausheutiger Sicht jenseits von Gut und Böse.

In der Garage gleich nebenan steht ein dunkelblauer Volvo Baujahr1986, den einst Stasi-Chef Erich Mielke nutzte. «Während der normaleDDR-Bürger Trabi fahren musste, gönnten sich die Oberen Fahrzeuge ausdem Westen», sagt von Hagen. Interessantes Detail: «Mielkes Volvo war20 Zentimeter länger als die normale Version, Erich Honeckers Volvowar hingegen 50 Zentimeter länger.»

Von Hagen wird in seinem privaten Museum von einem Dutzend Helferund einem Museumsverein unterstützt, der Mitglieder überall inDeutschland hat. Liebevoll pflegen sie die Fahrzeuge, reparieren undoder erneuern sie. Auch seine Familie ist hier eingespannt, etwa sein14-jähriger Sohn Sebastian, der gerade unter einem russischenRaketentransporter SIL 135 liegt und am Getriebe schraubt. «Michfasziniert die Technik und die Geschichte der Fahrzeuge», sagt derAchtklässler im öligen «Blaumann».

Rund 10 000 Besucher jährlich zählte das Museum zuletzt, das nachden Worten seines Gründers die Technikgeschichte zeigen, aberkeinesfalls die DDR verherrlichen will. Staatliche Unterstützung gibtes - abgesehen von ein, zwei befristeten ABM-Stellen - kaum. Dennochhat von Hagen viele Zukunftspläne: «Mein Traum wäre eine neue großeHalle, um die Fahrzeuge besser präsentieren zu können.»

Rettungswagen und Krankentransporter der aus DDR-Zeit bekannten Marke «Barkas» stehen im «Blaulichtmuseum» in Beuster (Landkreis Stendal). (Foto: dpa)
Rettungswagen und Krankentransporter der aus DDR-Zeit bekannten Marke «Barkas» stehen im «Blaulichtmuseum» in Beuster (Landkreis Stendal). (Foto: dpa)
dpa-Zentralbild