"Stadtpfeiffer" Leipzig "Stadtpfeiffer" Leipzig: Gelungenes Konzert

Lepizig - Solch ein Essen erinnert an ein Konzert, zumal in dieser Umgebung. Das Restaurant „Stadtpfeiffer“ befindet sich im Gewandhaus, gegenüber der Leipziger Oper. Die rechte Nachbarschaft, um einen stilvollen Abend zu verbringen. Damit der gelingt, geben sich die Gastgeber Petra und Detlef Schlegel mit ihrem Team alle erdenkliche Mühe.
Ein überaus freundlicher Empfang, Geleit zum Tisch und schon steht das erste Tellerchen vor dem Gast. Nein, er hat noch gar nicht bestellt, nicht einmal eine Speisekarte in der Hand. Es geht einfach darum, zur Ruhe zu kommen, die Alltagshektik auszuschalten, sich einzulassen auf die gehobene Küche. Sozusagen wie auf einer Modenschau der Haute Couture. Variationen von Waldpilzen - hingehaucht und hingetupft auf schneeweißes Porzellan - stimmen den Gaumen ein auf ein Fest für die Sinne. Pilz als Ganzes, als Mousse, als aromatisches Süppchen in einer kleinen Tasse - passend zum Herbst das alles und ein Versprechen für das, was noch kommt.
Zitronengranité begeistert
Alkoholfreie Cocktails als Aperitif? Kein Problem, schnell ist ein Mix gezaubert aus Grapefruit-Sorbet, Orangen- und Apfelsaft (9,50 Euro). Längst ist die Karte offeriert, fachkundig berät der Service und empfiehlt für diesen Tag die frischen Austern (10 Euro). Die haben diese Empfehlung wirklich verdient, wird sich herausstellen. So groß sieht man sie selten, so frisch sind sie auch nicht überall zu haben. Keine Frage, dass sie auch perfekt zum Genießen vorbereitet sind. Statt des üblichen Zitronensaftes wird ein fruchtiges Zitronengranité serviert - man könnte glatt die Beherrschung verlieren.
Sechs Gänge hält das Menü bereit, die sich zum einen um Reh, zum anderen um Milchkalb gruppieren. Selbstverständlich können sie um einen oder zwei Gänge reduziert werden, selbstverständlich ist auch ein Austausch zwischen beiden Menüs möglich. Was nachher wirklich auf dem Teller liegt, bleibt eine Überraschung. Die Karte nennt lediglich die Komponenten der einzelnen Gänge. Für den ersten des Kalbsmenüs beispielsweise Zander, Spitzkraut und Quitte, für das Rehmenü Taube, Mangold und Wachtel. Das hebt die Spannung und ist ein Vergnügen gleichzeitig.
Augustusplatz 8
04109 Leipzig
Telefon: 0341 - 2 17 89 20
Internet:www.stadtpfeiffer.de
Denn was aus den einzelnen Zutaten wird, das beweist die Meisterschaft des Kochs. Und auch die Zusammenstellung für einen Gang lässt erkennen, mit wie viel Mut und Überlegung hier zu Werke gegangen wird. Da werden zum Milchkalb Muskatkürbis und Ingwer kombiniert, zum Pecorino gesellt sich Fenchel, zum Rotbarsch Schwarzwurzel und Rotkappe. Und selbst das gereichte Brot fällt aus dem üblichen Rahmen: Natursauerteigstangen sind es, die hier auf den Tisch kommen, ganz einfach, ganz schlicht, kross, aromatisch und durchaus etwas Besonderes.
Ehrlich und nicht klischeehaft
So gesehen entspricht auch das kleinste Detail im „Stadtpfeiffer“ der Philosophie des Hauses: ehrlich und nicht klischeehaft zu sein, wie es Detlef Schlegel formuliert. Seit 2001 kocht er im „Stadtpfeiffer“, nur ein Jahr später gab es den begehrten Michelin-Stern. Und seitdem jedes Jahr aufs Neue. Beide Tatsachen sind zweifellos außergewöhnlich. Aber der gebürtige Roßweiner und seine Frau Petra, die als Restaurantfachfrau für den Service verantwortlich zeichnet, wussten schon immer, dass sie auf gastronomischem Parkett etwas erreichen wollten.
Was zu DDR-Zeiten noch als Makel galt - als junger Mensch die Veränderung zu suchen - ließen sich beide nicht ausreden. Gingen zunächst an die Ostseeküste und arbeiteten schließlich im Interhotel „Panorama“ in Oberhof. Mit der Wende war den leidenschaftlichen Gastronomen klar: Das ist unsere Chance. „Wir sahen uns gleich viel auf Messen um. Da fiel mir ein außerordentlich gutes Fachbuch in die Hände, das aus Brenners Park-Hotel kam und ich wusste: Da willst du mal arbeiten!“, erzählt der Küchenchef.
Genau das hat er dann getan, seine Frau wurde gleichzeitig im Hotel Traube Tonbach angestellt, das mit der „Schwarzwaldstube“ über eine der besten Gourmetadressen Europas verfügt. Es gab viel zu lernen, doch auch das war beiden noch nicht genug. Renommierte Adressen in der Schweiz stehen da noch zu Buche, bevor sie wieder nach Hause zurückkehrten. „Was wir gelernt hatten, wollten wir hier ausleben“, sagt Detlef Schlegel. In Frage kamen dafür nur größere Städte. Dresden ließ die ehrgeizigen Unternehmer abblitzen, in Leipzig wurden sie fündig. Zunächst noch an anderer Stelle, dann kam das Angebot, das zu diesem Zeitpunkt geschlossene Restaurant „Stadtpfeiffer“ zu übernehmen.
Nicht nur ein kurzer Auftritt
Dass diese „Übernahme“ so erfolgreich verlaufen würde, ahnten wohl nur der 50-Jährige und seine Frau selbst - sie wussten, was sie konnten. „Wir sind nicht laut“, sagt der Sternekoch, „aber sehr akribisch und nicht ängstlich. Und es geht uns nicht um einen kurzen Auftritt, sondern einen langen Marsch.“ Der lohnt sich zweifellos auch für die Gäste, denn im „Stadtpfeiffer“ wird an alles gedacht, kein Wunsch, keine Kleinigkeit entgeht den aufmerksamen Gastgebern. An einer Seite des Tisches hat das Menü einen Gang mehr? Dann gibt es für die Begleitung eine kleine Kostprobe, damit sie nicht dem Partner zuschauen muss. Dass die Weinempfehlung, ein Sauvignon blanc aus Freiburg (0,5 Liter zu 30 Euro), perfekt ist, bedarf sicher keiner besonderen Erwähnung.
Es wäre etwas anmaßend, die Leistung der Küche einschätzen zu wollen, da bedarf es gerade für den Sternebereich doch gehöriger Erfahrung. Dass die Aufführung - um beim Bild mit dem Konzert zu bleiben - exzellent war, versteht sich aber wohl von selbst.
