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Silvia Schmidt Silvia Schmidt: Mit dem blauen Ford von Knöllchen zu Knöllchen

Von Jochen Loreck 20.05.2003, 12:05

Berlin/MZ. - Schon wieder eine gebührenpflichtige Verwarnung! Die SPD-Bundestagsabgeordnete Silvia Schmidt aus dem Mansfelder Land sammelt mit ihrem blauen Ford im Berliner Regierungsviertel "Knöllchen" am laufenden Band. "Meistens fahre ich zu schnell, manchmal wird der Wagen auch abgeschleppt" stöhnt Silvia Schmidt, 49 Jahre alt, geschieden, Mutter zweier Kinder und Mitglied im Gesundheitsausschuss des Bundestags.

"Der Termindruck in Berlin ist doch enorm", bilanziert die Parlamentarierin, deren Wahlkreis die Städte Eisleben, Sangerhausen und Merseburg umfasst. "Mein Pensum kann ich nur schaffen, wenn ich viel mit dem Auto unterwegs bin." Zum zweiten Mal hat sie für ihre SPD ein Direktmandat errungen - und 2006 will sie sich erneut zur Wahl stellen, kündigt sie bereits jetzt selbstbewusst an. Erfolge? Dass jetzt endlich die Umgehungsstraße für Hettstedt gebaut und eine Suchtklinik bei Kelbra doch nicht geschlossen wird.

Sie hat schon viele Jobs gemacht: Kellnerin und Gaststätten-Leiterin war sie zu DDR-Zeiten, später hat sie sich in der Sozialarbeit weiter gebildet. In Wippra leitete sie ein Heim für behinderte Kinder. Dorthin kehrt sie manchmal noch zurück: "Behinderte Menschen sind häufig sehr spontan und herzlich. Das berührt mich schon."

Beiläufig erzählt sie, dass sie sich in ihrem Reihenhaus in Rammelburg eine hinkende Katze hält: "Die wollte der Tierarzt einschläfern. Aber ich habe sie behalten."

Der Wahlkreis von Silvia Schmidt hält einen traurigen Rekord: Rund 25 Prozent sind arbeitslos. Frust-Erlebnisse? Silvia Schmidt schüttelt den Kopf, dass die schulterlangen Haare fliegen: "Nein, meine Mansfelder sind ein besonderer Menschenschlag. Unterkriegen lassen wir uns nicht."

Die starke Ost-Verwurzelung ist bei der warmherzigen Frau hör- und spürbar. Silvia Schmidt kauft auch in Berlin bevorzugt Ost-Produkte, und beim Anschauen des Films "Good bye Lenin" hat sie ein paar Tränchen vergossen - weil sie den Untergang der DDR trotz alledem auch als "Verlust-Erfahrung" abgebucht hat.

Und ganz ost-spezifisch ist wohl auch, wenn sie sagt: "Ich bin nicht kirchlich aufgewachsen. Aber 1975 habe ich in Halle ganz zufällig in der Elisabethkirche in eine katholische Predigt hineingehört. Danach habe ich aufgehört, mich über Kirchliches lustig zu machen."

Über ganz Privates gibt sie nur so viel preis: "Ich habe einen Freund in Berlin." Und: "Gerade bin ich in Berlin auf Wohnungssuche. Ein möbliertes Zimmer genügt. Die bisherige Unterkunft war zu teuer."