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Schwalbe und Co. Schwalbe und Co.: Der dienstälteste Simson-Händler der Republik

Von Michael Klug 18.07.2012, 12:09
Harry Windisch posiert in seiner Werkstatt in Wilkau-Hasslau mit einem Moped vom Typ «SR2» des Herstellers Simson aus dem Jahr 1958. (FOTO: DAPD)
Harry Windisch posiert in seiner Werkstatt in Wilkau-Hasslau mit einem Moped vom Typ «SR2» des Herstellers Simson aus dem Jahr 1958. (FOTO: DAPD) dapd

Wilkau-Haßlau/dapd. - Originalgetreu sind dort Schwalbe, Habicht, Spatz und Sperber auf wenigen Quadratmetern vereint. Und selbst der Blaumann aus Dederon, den der 79-Jährige allmorgendlich vor seinem Gang in die kleine Werkstatt überzieht, stammt noch aus ostdeutscher Produktion. „Eigentlich hat sich in den Jahren nie etwas geändert, seit ich die Werkstatt eröffnet habe“, sagt Windisch. Bei Deutschlands größtem Simson-Treffen am Samstag (21. Juli) in Zwickau wird er als Deutschlands ältester Simson-Händler geehrt.

Ende der 1960er Jahre hatte Windisch von den Suhler IFA-Werken die Lizenz zum Schrauben erhalten. „Damals hatte ich 20 Jahre lang Fahrräder und Autos repariert. Dann wollt ich unbedingt selbstständig sein“, sagt er. Fünf Jahre musste er gegen die sozialistische Bürokratie für seine berufliche Freiheit kämpfen, ehe er am 1. März 1971 in einer Doppelgarage in Wilkau-Hasslau seine Werkstatt eröffnen durfte.

Zehntausende Mopeds hat Windisch seitdem auf Vordermann gebracht. Und weil die Zweitakter im Unterschied zur Konkurrenz bis zu 60 Stundenkilometer schaffen, hat er bis heute gut zu tun. „Viele behalten die Simson, weil die selbst auf der Landstraße ein guter Auto-Ersatz sind“, sagt Windisch.

„Meine Frau ist froh, wenn ich auf Arbeit bin“

Verbracht hat Windisch die Jahre nahezu allein in seiner Garage. Nur einmal interessierte sich seine Tochter für das Geschäft und machte ein Praktikum. „Nach ein paar Tagen hatte sie Angst, dass sie mit schmutzigen Mechaniker-Händen keinen Mann findet“, sagt Windisch. Statt in das Geschäft einzusteigen, eröffnete die Tochter ihren eigenen Kosmetik-Salon. Windisch blieb allein in seiner Doppelgarage. Nach 40 Jahren denkt er nun allmählich ans Aufhören, alleine die Sorge um den Hausfrieden mit seiner Frau hält ihn bislang ab: „Die ist froh, wenn ich morgens fortgehe.“

Wenn Windisch irgendwann die Schlüssel für die Doppelgarage in Wilkau-Hasslau an den Nagel hängt, ist die Traditionsmarke Simson um eine Rarität ärmer. Sorge um den Simson-Nachwuchs muss sich dann aber niemand machen, wie Lajos Babel von der Firma ostoase.de sagt. „Vor zehn Jahren war es noch schwer, überhaupt Teile zu bekommen. Heute ist das alles aber kein Problem mehr“, sagte der 33-jährige Zwickauer, der sich vor ein paar Jahren auf den Vertrieb von Ersatzteilen im Internet spezialisiert hat.

Simson-Fahrer helfen sich selbst

Grund dafür ist, dass am einstigen Firmenstandort von Simson in Suhl unter dem Firmennamen MZA vom Reifen bis zur Zündkerze sämtliche Verschleißteile wieder produziert werden. Zudem könnten Simson-Fahrer ihre Moped selbst reparieren, erklärt Babel: „Alles ist simpel konstruiert. Mit wenig Aufwand bekommt man sogar den Motor selbst wieder flott.“

Mechaniker Harry Windisch ärgern solche Aussagen nicht. „Was mich mehr stört, ist ein ungepflegtes Moped“, sagt er. Ein solches wird er unter den rund 1.000 knatternden Zweitaktern, die zum Simson-Treffen am Samstag in Zwickau erwartet werden, allerdings nicht finden. Vielmehr ist das Treffen, das in diesem Jahr seine zehnte Auflage erlebt, eine Parade der schönsten Simsons überhaupt. Auch Windisch freut sich auf das Treffen mit der neuen Simson-Generation. „Sicher kann ich manchem noch einen Tipp geben“, sagt der 79-Jährige.