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Schulkleidung Schulkleidung: Trümpfe gegen den Markenwahn

Von Corinna Nitz und Marion Pocklitz 08.05.2006, 18:55

Halle/MZ. - Maria Neumann sagt, sie achte nicht auf Markenklamotten. Erstens, "weil ich nicht das Geld dafür habe". Und zweitens komme es darauf auch nicht an. Nicht an ihrer Schule, dem Martin-Luther-Gymnasium in Wittenberg, wo man, wie eine Umfrage unter Schülern nahe legt, offenbar nicht mit nobler Kleidung auftrumpfen muss. Und weil das so ist, halten junge Leute wie Neumann oder ihre Klassenkameradin Julia Nippok den Vorschlag von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD), Schuluniformen einzuführen, zwar nicht direkt für abwegig. Handlungsbedarf sehen sie aber keinen. Markendruck, da sind sich die Mädchen sicher, gebe es bei ihnen an der Schule nicht.

Mit ihrer Auffassung liegen sie gar nicht weit von der ihres Lateinlehrers Volker Werner. Der sagt: "Markenklamotten sind bei uns kein Thema." Gleichwohl weiß Werner, dass es Markenterror andernorts durchaus gibt. Um den zu beenden, könne eine einheitliche Schulbekleidung sicher hilfreich sein. Das sehen dann auch Maria Neumann und Julia Nippok so. Sie hätten allerdings eine Bedingung, so Julia Nippok: "Bei der Gestaltung der Uniformen würden wir gern mitbestimmen." Außerdem sei es sinnvoll, die einheitliche Kleidung bereits in den Grundschulen einzuführen. "Später macht das doch keinen Sinn mehr."

Für die Erstklässler der Max-Dortu-Schule in Potsdam ist das Tragen von Schulkleidung seit Ende Januar verbindlich. Die Grundschule gehört damit zu den wenigen Vorreitern in Deutschland (siehe "Auswahl aus Kollektion") - und hat gute Erfahrungen gesammelt. Das Zusammengehörigkeitsgefühl sei gewachsen, ebenso die Teamfähigkeit, sagt Schulleiterin Gudrun Wurzler. Getragen war der Start von Eltern, Schülern und Lehrern gemeinsam, die im September die entsprechenden Beschlüsse gefasst hatten. Inzwischen haben etliche weitere Klassen an der Schule auf freiwilliger Basis nachgezogen. Positive Effekte von Schulkleidung hatte Oliver Dickhäuser bereits 2004 in einer wissenschaftlichen Studie belegt, die auch die Befürworter des Projektes in Potsdam beflügelt hatte.

Dickhäuser, Professor für Pädagogische Psychologie an der Uni Erlangen, stellte einen Rückgang des so genannten Markenterrors fest. Ebenso sei im Vergleich zu Schulen ohne einheitliche Kleidung ein Zuwachs beim sozialen Zusammenhalt zu verzeichnen. Zugleich waren Lernfähigkeit und Konzentration gewachsen. Dickhäuser weist zugleich darauf hin, dass die Schulkleidung stets in eigener Initiative der Schulen eingeführt worden ist - verbunden mit Diskussionen und Engagement von Eltern, Lehrern und Schülern. Das habe jeweils die Atmosphäre und das Lernklima an den Schulen positiv beeinflusst. Schulkleidung per Gesetz sieht er deshalb mit Skepsis: "Ob auch dann die positiven Effekte eintreten, ist schwer zu sagen."

Chancen bei der Einführung einheitlicher Schulkleidung sieht auch Tina Brand, Zehntklässlerin an der "Burgschule" Aschersleben. "Für manche Schüler, deren Eltern nicht so viel Geld haben, wäre so eine Uniform nicht schlecht", sagt die Sekundarschülerin. Die stellvertretende Schulleiterin Ruth Kempa plädiert ebenfalls für einheitliche Schulkleidung. "So kann der Schüler seine Verbundenheit zur Schule ausdrücken und auch sozial benachteiligte Schüler wären gut gekleidet." Für sozial schwache Familien solle es einen Zuschuss geben.

Ein anderen Weg geht inzwischen eine Realschule in Bergisch Gladbach (Nordrhein-Westfalen). An der Schule einigten sich Eltern, Lehrer und Schüler auf gemeinsame Regeln, einen "Dress-Code". Nun sind dort zum Beispiel Baseballkappen tabu, Lehrer dürfen nicht mit Sonnenbrille unterrichten.