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Schloss Stolberg Schloss Stolberg: Die zweite Rettung

Von Alexander Schierholz 20.11.2014, 19:18
Achtung Baustelle: Noch ist nur ein kleiner Teil des Stolberger Schlosses nutzbar. Unter anderem in diesem Flügel soll das Hotel entstehen.
Achtung Baustelle: Noch ist nur ein kleiner Teil des Stolberger Schlosses nutzbar. Unter anderem in diesem Flügel soll das Hotel entstehen. Maik Schumann Lizenz

Stolberg - Manchmal braucht es nicht viel, und plötzlich ist man Schlossherr. Bei Clemens Ritter von Kempski war es ein Konzept über den Umbau von Schloss Stolberg im Südharz zu einem Hotel, kurz und knackig, auf fünf Seiten. Ein paar Jahre ist es her, da schickte Kempski das Papier an die Staatskanzlei. Er hatte mitbekommen, dass es nicht so recht vorangeht mit der Sanierung des einstigen Sitzes der Fürsten zu Stolberg-Stolberg.

Das Schloss: Das genaue Alter des Ensembles auf einem Bergsporn hoch über Stolberg ist unbekannt. Möglicherweise gab es bereits im 10. Jahrhundert eine mittelalterliche Burg als Vorgängerbau. Das Schloss selbst stammt aus dem 16. Jahrhundert, von 1690 bis 1720 wurde es zu einer barocken Residenz umgebaut. Im 19. Jahrhundert wurden die Festräume neu gestaltet. In der DDR diente die Anlage als FDGB-Ferienheim. Auch die Verwaltung mehrerer Ferienheime der Region war dort untergebracht.

Die Stiftung: Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz kann als größte Bürgerinitiative für Baudenkmäler in Deutschland gelten. 1985 in Bonn gegründet, hat sie bisher mit Spenden von 200 000 Förderern sowie Mitteln der Lotterie „Glücksspirale“ mehr als 520 Millionen Euro für über 4 500 bedrohte Baudenkmäler in der Bundesrepublik bereitgestellt. Schirmherr der Stiftung ist der Bundespräsident.

Die Stiftung im Netz: www.denkmalschutz.de

Mit seinem Konzept, sagt er heute, will er nur eine Idee unterbreitet haben. Die Antwort war eine Einladung nach Magdeburg. Und die Frage von Staatskanzlei-Chef Rainer Robra: „Schreiben Sie nur Konzepte oder setzen Sie die auch selbst um?“ „Da war ich gefangen“, sagt Kempski und lacht.

Vier-Sterne-Standard

Dazu hat er an diesem trüben Novemberdonnerstag auch allen Grund: Gemeinsam mit Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) und dem Vorstand der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, Wolfgang Illert, sitzt der Hotelier aus dem Südharz im Roten Salon des Schlosses. Gerade haben sie verkündet: Die Sanierung geht weiter. Kempski wird in den bisher noch ungenutzten Räumen ein Hotel einrichten. 50 bis 60 Zimmer, Vier-Sterne-Standard.

„Das wird kein Selbstläufer“, ahnt Kempski. Ein Schloss aus dem 16. Jahrhundert ist eben kein Haus von der Stange. Derzeit tüfteln die Planer und Architekten an einer Zufahrt auf den engen Bergsporn oberhalb Stolbergs. Und daran, wie man dort oben möglichst viele Parkplätze schaffen kann, ohne allzu stark in die Substanz einzugreifen.

Für Schloss Stolberg ist es die zweite Rettung. 2002 hatte die Deutsche Stiftung Denkmalschutz das Ensemble gekauft, nachdem sich ein Investor in den 1990er Jahren damit übernommen hatte. Sie begann mit der Sanierung. 2008 wurde die Fertigstellung des ersten Bauabschnitts, des sogenannten Fürstenflügels, groß gefeiert. Ein kleines Museum ist dort eingerichtet und eine Außenstelle der Tourist-Information. Die Südterrasse gehört zum Tourismus-Projekt „Gartenträume“.

Stillstand drohte

Doch später drohte Stillstand. Ralf Rettig (CDU), Bürgermeister der Gemeinde Südharz, zu der Stolberg gehört, erinnert sich ungern daran. Es habe Überlegungen gegeben, die Gemeinde solle als Mieter auftreten und das Schloss untervermieten. „Das hätten wir unmöglich stemmen können.“ Es habe aber dringend eine Nutzung gefunden werden müssen, um das Schloss entsprechend weiter sanieren zu können. Das war der Punkt, an dem Kempski sich einschaltete.

Dabei hätte der Mann eigentlich genug zu tun. 1994 aus Nordrhein-Westfalen in den Südharz gekommen, betreibt er eine Forstgesellschaft und zwei Hotels in und um Stolberg. Darunter das Vier-Sterne-Resort „Schindelbruch“. Bei einem Test von Wellness-Häusern kam es kürzlich bundesweit unter die ersten 20. In Mitteldeutschland ist es demnach sogar das beste Wellness-Hotel.

Kempski räumt ein: Es gebe die Gefahr, dass seine künftig drei Häuser sich gegenseitig Gäste wegnehmen könnten. Deshalb müsse der Südharz noch stärker als Tourismus-Region beworben werden, um mehr Besucher anzuziehen. Beim Land hat man das auch schon gemerkt. Haseloff kündigt an, die landeseigene Investitions- und Marketinggesellschaft solle den Südharz künftig offensiver vermarkten. In der gesamten Harzregion übernachten jedes Jahr 6,5 Millionen Besucher. Aber nur 300 000 von ihnen buchen ein Bett im Südharz.

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Neu sind die Hotel-Pläne für Schloss Stolberg nicht. Schon der hessische Geschäftsmann, der das bis 1990 als FDGB-Heim genutzte Ensemble 1993 von der Treuhand kaufte, wollte daraus ein Hotel und ein Luxus-Seniorenheim machen. Doch offenbar war das Schloss eine Nummer zu groß für seinen Investor. „Es muss im Jahr 2000 gewesen sein“, erinnert sich Ulrich Franke, „da stand er bei mir im Büro und sagte, er kann nicht mehr weitermachen.“

Ein Schock

Für Franke, damals Bürgermeister in Stolberg, war es ein Schock. Der FDP-Kommunalpolitiker aktivierte seine nach der Wende aufgebauten Kontakte, unter anderem zur Deutschen Stiftung Denkmalschutz, um zu retten, was noch zu retten war. Was der Hesse hinterlassen hatte, war eine halbe Ruine, in der massiv der Hausschwamm wucherte. Decken waren durchbrochen, Wände weggerissen, das historische Treppenhaus im Fürstenflügel entfernt, um den Einbau eines Aufzugs vorzubereiten.

Rund zwei Jahre putzt Franke Klinken, beim Land, bei der Stiftung und ihrem damaligen Vorstand Gottfried Kiesow. 2002 sagt Kiesow schließlich zu. Franke, mittlerweile im Ruhestand, ist noch heute erleichtert darüber: „Das war unsere letzte Chance.“ Für die Stiftung war es eine ungewöhnliche Entscheidung. Üblicherweise tritt sie nicht als Eigentümer auf, sondern sammelt Spendengelder für bedrohte Baudenkmäler und berät Bauherren.

22 Millionen Euro

Ein Grundstück von 20.000 Quadratmetern, 8.000 Quadratmeter Nutzfläche - der heutige Stiftungsvorstand Wolfgang Illert nennt Schloss Stolberg ein „gigantisches Bauvorhaben“. 22 Millionen Euro sind bisher in die Sanierung geflossen, 13,5 Millionen davon hat das Land zur Verfügung gestellt. Noch einmal 24 Millionen, rechnet Illert vor, werden notwendig sein, um alle Arbeiten abzuschließen.

Dabei geht es nicht nur um das künftige Hotel. Noch immer haben die Planer mit den Spätfolgen der gescheiterten Investition aus den 1990er Jahren zu tun. Sprich: mit Hausschwamm. Der sei noch jetzt in einem Nebengebäude, der sogenannten Kanzlei, nachgewiesen worden, sagt Wolfgang Zimpel, der als Projektleiter alle Arbeiten koordiniert. „Wir haben ihn ruhiggestellt.“ Mauern und Decken seien getrocknet worden. Einige Abschnitte müssten noch ersetzt, andere chemisch behandelt werden.

So geht es weiter, Schritt für Schritt. Wenn es nach Clemens Ritter von Kempski geht, bis Frühjahr 2017. Dann möchte der Schlossherr, der eigentlich nur Mieter der Stiftung ist, sein Hotel eröffnen. (mz)

Ministerpräsident Reiner Haseloff (Mitte) lässt sich vom Vorstand der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, Wolfgang Illert (rechts), und von Hotelier Clemens Ritter von Kempski die Umbaupläne erläutern.
Ministerpräsident Reiner Haseloff (Mitte) lässt sich vom Vorstand der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, Wolfgang Illert (rechts), und von Hotelier Clemens Ritter von Kempski die Umbaupläne erläutern.
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Neu: Die Sanierung von Schloss Stolberg ist noch lange nicht beendet.
Neu: Die Sanierung von Schloss Stolberg ist noch lange nicht beendet.
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Alt: Das Schloss Stolberg
Alt: Das Schloss Stolberg
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Detail im Treppenhaus des Fürstenflügels. In den 1990er Jahren sollte die Pracht einem Aufzug weichen.
Detail im Treppenhaus des Fürstenflügels. In den 1990er Jahren sollte die Pracht einem Aufzug weichen.
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