Sarg- und Friedhofspflicht Sarg- und Friedhofspflicht: Toten-Asche auf dem Brocken verstreuen?

Magdeburg - „Der Umgang mit Leichen und mit der Asche Verstorbener hat mit der gebotenen Würde und mit der Achtung vor den Verstorbenen zu erfolgen“ - so fängt das Bestattungsgesetz Sachsen-Anhalt an. Und aus den Kernbegriffen der Würde und der Achtung ist alles andere in dem 13 Jahre alten Gesetz abgeleitet: Etwa ob und wie eine Leichenschau stattfinden soll, wer wie und wo bestattet werden muss - und wie es geahndet wird, wenn man dagegen verstößt. Die Opposition aus Linken und Grünen hält das Gesetz in Teilen für überholt und fehlerhaft.
Unter anderem wird von den Linken gefordert, dass die Feststellung des Todes und eine erste Leichenschau nur durch verschiedene Ärzte mit entsprechender Qualifikation durchgeführt werden soll. Hintergrund ist, dass Rechtsmediziner beklagen, immer wieder würden Tötungsverbrechen nicht oder zu spät erkannt. Das war etwa so im Fall der Studentin Mariya N., die vor gut einem Jahr in Halle vergewaltigt und ermordet worden war: Was nicht der nach ihrem Fund gerufene Arzt festgestellt hatte - sondern erst vier Tage später Rechtsmediziner.
Zentraler Punkt der Oppositionsforderung nach einer Novelle des Bestattungsgesetzes ist indes die Lockerung von Sarg- und Friedhofspflicht. Derzeit sind Bestattungen nur in Särgen oder Urnen in speziell ausgewiesenen Friedhofsflächen möglich. In der Regel der klassische Gemeinde-Friedhof, wobei es in Sachsen-Anhalt auch speziell ausgewiesene Friedwälder gibt, in denen man bestattet werden kann. Die Opposition will eine weitgehende Liberalisierung: Die Bestattung soll ohne Sarg möglich sein und außerdem sollen Urnen auch im heimischen Garten bestattet oder die Asche in „bestimmten öffentlichen Räumen“ verstreut werden können.
„Modernisierungsbedarf“
„Wenn jemand im Leben ein leidenschaftlicher Bergsteiger war und wünscht, dass seine Asche auf dem Brocken verstreut wird, muss das möglich sein. Den vorher erklärten Willen des Betroffenen muss man respektieren“, sagt Cornelia Lüddemann (Grüne). Angehörige hätten zum Trauern dann auch einen Ort, den sie mit der Persönlichkeit des Betroffenen verbinden. Das sieht die Regierungskoalition aus CDU und SPD etwas anders. „Trauer braucht einen Ort“, sagt auch CDU-Fraktionschef André Schröder. Doch der sei ein Friedhof. „Wir wollen kein Ausweichen vom Friedhof, weil Angehörige vielleicht Gebühren sparen wollen.“
Ähnlich argumentiert Petra Grimm-Benne (SPD). Es müsse verhindert werden, dass Angehörige streiten, wer eine Urne aufbewahren darf und ob und wann andere Angehörige einen auf einem Privatgrundstück beerdigten Verstorbenen besuchen dürfen. „Die Würde des Menschen endet nicht mit dem Tod“, so Grimm-Benne.
Schröder räumt grundsätzlich ein, dass es beim Bestattungsgesetz „Modernisierungsbedarf“ gebe, doch manche Änderungen würden „zahlreiche, auch rechtliche Fragen“ aufwerfen. Eine Reform bis zur Landtagswahl 2016 sei daher nicht machbar. Die Koalition ist aber bereit, in einem Punkt auf die Opposition zuzugehen: Bei einer Lockerung der Sargpflicht für Muslime, die meist nur in einem Leichentuch beerdigt werden. „Dafür sind wir offen“, sagt Schröder. Grimm-Benne will aber ausgeschlossen wissen, dass Nicht-Muslime die Sargpflicht umgehen.
„Es darf nicht sein, dass es wieder Armenbegräbnisse gibt.“ Die Grüne Lüddemann geht da mit. Es dürfe nicht sein, dass von jemandem behauptet werde, er sei drei Tage vor seinem Tod Moslem geworden, nur damit die Angehörigen Kosten sparen. Laut Lüddemann soll im Sozialausschuss im Mai ein entsprechende Änderung beraten werden. (mz/gau)