Gefahrenabwehr in Saale-Wipper Warum Mittagsruhe wochentags gestrichen wird
Ein Rat verweist auf Homeoffice und plädiert dafür, ein anderen nennt Schichtarbeiter und rät ab. Am Ende wird ein Kompromiss geschlossen.

Güsten - Darf der Nachbar während der Mittagsruhe mit der Kreissäge arbeiten? Oder den Rasen mähen? Und wie verhält es sich mit Hundegebell? Ist das während der Mittags- bzw. Nachtruhe zu tolerieren? Alles das in der Gefahrenabwehrverordnung der Verbandsgemeinde Saale-Wipper geregelt.
Die musste nun aber nach zehn Jahren angepasst werden – und das hat nicht nur in den einzelnen Ratssitzungen der Mitgliedsgemeinden für Diskussionen gesorgt, sondern auch in der jüngsten Sitzung des Verbandsgemeinderates.
Besonders umstritten war die Frage, ob es eine „Mittagsruhe“ von 13 bis 15 Uhr geben sollte oder nicht. „Die Mittagsruhe sollte Bestand haben, vor allem in Zeiten von mehr Homeoffice“, meinte beispielsweise Marcel Gratzik (UWV) im Ilberstedter Gemeinderat.
Ivo Fräsdorf nennt Schichtarbeiter, die auch nachmittags Lärm machen könnten
Auch Bürgermeister Lothar Jänsch hält eine Mittagsruhe für sinnvoll. Vor allem für die Senioren im Ort, die gern ein Mittagsschläfchen machen wollten, sei das wichtig. Stephan Käther (Heimatfreunde) hingegen äußerte seine Zweifel, ob eine Mittagsruhe – vor allem wochentags – noch zeitgemäß ist.
„In der Praxis sieht es doch anders aus: Da wird regelmäßig dagegen verstoßen.“ Zudem seien Gewerbetreibende davon ausgenommen. Und auch Ivo Fräsdorf (UWV) ist der Auffassung: „Es ist den Leuten nur schwer zu vermitteln, von 13 bis 15 Uhr keinen Krach zu machen.“ Fräsdorf denkt vor allem an die Schichtarbeiter, die ohnehin nur begrenzt Zeit für Arbeiten im und am Haus hätten.
Während sich der Ilberstedter Rat uneins war, ob man die Mittagsruhe streichen sollte - die Befürworter und Gegner hielten sich die Waage - gab es aus anderen Räten deutliche Empfehlungen: In Plötzkau, Giersleben und Alsleben sprach man sich mehrheitlich für eine Abschaffung von Montag bis Freitag aus, lediglich am Samstag sollte daran festgehalten werden.
Güsten hingegen würde die Mittagsruhe gänzlich streichen. „Ich halte die Mittagsruhe für altbacken“, sagte Andy Nagel (Fraktion Saale-Wipper) im Verbandsgemeinderat, der ähnlich wie der Ilberstedter Ivo Fräsdorf vor allem an die Schicht- und Montagearbeiter denkt, die nicht berücksichtigt würden. Und Peter Rietsch (Bürger-Fraktion) sagt: „Die Firmen dürfen sowieso Krach machen. Und Privatleute hören den Krach.“ Das sei nicht vermittelbar.
Ines Querfurth (Saale-Wipper) plädierte dafür, wenigstens am Samstag die Mittagsruhe zu belassen, ebenso wie Alexander Siersleben (Saale-Wipper). „Das ist ein Kompromiss für alle“, meint er. Das sah am Ende auch die Mehrheit des Verbandsgemeinderates so und stimmte für eine Mittagsruhe am Samstag von 13 bis 15 Uhr.
„Eine Mittagsruhe am Samstag von 13 bis 15 Uhr ist ein Kompromiss für alle.“
Alexander Siersleben
Weiterhin wird auf Anregung von Andy Nagel die Passage gestrichen, dass das Klettern auf Bäume prinzipiell untersagt wird. Auf dem Spielplatz in Amesdorf gebe es einige Bäume, auf denen die Kinder gern klettern würden, sagt er. Wenn diese dabei beschädigt würden, wäre es ohnehin eine Sachbeschädigung. Auch den Punkt, ob Hunde etwas auf einem Spielplatz zu suchen haben, galt es zu klären.
Lothar Jänsch (Saale-Wipper) hält es für nicht realistisch, Hunde außerhalb des Spielplatzes anzubinden. Hunde gehören seiner Meinung nach zur Familie. Letztlich aber bleibt es dabei, dass Hunde laut Verordnung „nicht mitzuführen“ seien. Auf Wunsch der Gemeinde Giersleben wurde auch mit aufgenommen, dass, wer beispielsweise Straßenlaternen und -schilder oder Verkehrsschilder mit Graffiti oder Aufklebern versieht, eine Ordnungswidrigkeit begeht.
Die Überarbeitung der Gefahrenabwehrverordnung hat zwar insgesamt für viel Gesprächsstoff gesorgt. In einigen Punkten ging es nur um Nuancen in der Formulierung. Aber nicht nur im Verbandsgemeinderat wurden einige Zweifel laut, wie sinnvoll es ist, diese ganzen Details alle schriftlich zu fixieren. Denn schon in Ilberstedt hatte Helmut Jahnel (UWV) Bedenken geäußert, wie Verstöße geahndet werden sollen. „Wozu nutzt es, wenn es nicht kontrolliert wird?“ (mz)