Kinder in Not Vernachlässigte Kinder im Salzlandkreis: Dem Jugendamt werden immer mehr Verdachtsfälle gemeldet

Aschesleben - Kinder mit blauen Flecken, Striemen, Verbrennungen, oder Kinder, die zu nächtlicher Zeit auf der Straße zu sehen sind, die verwahrlost erscheinen, Angst haben. Immer wieder werden Kinder vernachlässigt oder geschlagen. Im Jahr 2018 hat das Jugendamt des Salzlandkreises 275 Meldungen über den Verdacht der Gefährdung des Kindeswohls erhalten. Das betraf 466 Kinder, da pro Meldung mehrere Kinder betroffen sein können, teilte die Pressestelle auf eine MZ-Anfrage mit.
Die Menschen sind sensibler geworden, was Gewalt gegen Kinder betrifft
Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl der Meldungen um 55 gestiegen. 2016 gab es 163 Meldungen, die 277 Kinder betrafen. Die Sensibilität der Bürger nimmt zu. Nach den Anzeigen stellte das Jugendamt 2018 aber nur bei drei Kindern eine akute Kindeswohlgefährdung fest, bei 30 Kindern eine latente Gefahr, bei der die Erziehungsberechtigten Hilfe nötig haben.
Im Vergleich zum Vorjahr ist das trotz gestiegener Meldungen ein Rückgang um vier akute und latente Fälle. Allerdings hatte es 2016 nur 20 Fälle von festgestellter oder latenter Kindeswohlgefährdung gegeben.
Nachdem darunter 2016 ein Fall von körperlicher Misshandlung festgestellt wurde, bezifferte das Jugendamt die Zahl für 2017 auf 13 und 2018 auf acht. Erstmals wurde auch eine psychische Misshandlung 2018 festgestellt. Dreimal wurden im letzten Jahr Fälle von sexueller Gewalt gegen Kinder im Kreis aufgedeckt. 2016 hatte es einen aufgedeckten Fall gegeben, 2017 keinen.
Ein Drittel der Meldungen über Kinder in Not treffen anonym ein
Die 275 Verdachtsmeldungen für 466 Kinder aus dem Salzlandkreis im Vorjahr erfolgten zu einem Drittel anonym. Zehn Prozent stammten aus dem unmittelbaren Verwandtenkreis der Kinder. Polizei, Ämter oder Amtsgerichte gaben 52 Meldungen ab.
Aus Kindereinrichtungen oder Schulen wurde 44 mal der Verdacht geäußert. In 21 Fällen vermuteten Ärzte, Hebammen, Mitarbeiter von Kliniken, dass Kinder unter Bedingungen leben, die geändert werden sollten. 18 Meldungen kamen aus dem Jobcenter, fünf von Nachbarn oder Vermietern.
Nach dem Eingang der Meldungen, die telefonisch, per E-Mail oder persönlich erfolgen, bespricht ein Fachteam unter mindestens vier Augen das weitere Vorgehen. Geprüft wird die Frage, ob „gewichtige Anhaltspunkte“ vorliegen, in welchem Zeitraum eine Kontaktaufnahme erforderlich ist und in welcher Form – unangekündigter oder angemeldeter Hausbesuch oder Einladung in den Fachdienst – erfolgt.
Experten des Jugendamtes beraten, wann und wie Kontakt zur Familie geknüpft wird und ob die Polizei beteiligt werden muss
Geklärt werde auch, ob ein vorheriger Kontakt zum Kind oder der zu beteiligen Institution wie der Polizei nötig ist, schilderte Pressesprecherin Marianne Bothe das weitere Vorgehen.
Beim Erstkontakt werde ein persönliches Gespräch mit den Sorgeberechtigten und den Kindern, mitunter auch getrennt voneinander durchgeführt, teilte sie weiter mit. Dabei werde ein unmittelbarer Eindruck vom Kind und dessen persönlicher Umgebung gewonnen, „sofern dies nach fachlicher Einschätzung erforderlich ist“. Dann wird in den Kitas, Schulen und Kinderarztpraxen recherchiert, ehe das Fazit erfolgt.
Eine akute Kindswohlgefährdung liegt vor, „wenn Leben oder Gesundheit eines Kindes oder Jugendlichen bedroht sind und somit sofortiger Handlungsbedarf besteht“, erklärte Marianne Bothe. In diesem Fall sei zur Abwendung weiterer Gefahren eine Inobhutnahme und damit eine Herausnahme des Kindes aus der akuten Situation erforderlich.
Jugendamt und Familienrichter können Auflagen erteilen, um das Wohl von Kindern zu verbessern
Von latenter Kindeswohlgefährdung spricht man, wenn die vorgefundene Situation nicht als akut eingestuft wird, eine Veränderung der Situation oder der Lebensumstände zur Abwendung weiterer Gefahren jedoch erforderlich ist, so Bothe weiter. Diesem kann mit Hilfe von Auflagen durch das Jugendamt oder das Familiengericht begegnet werden.
Falls das nicht ausreichend erscheint und es den Sorgeberechtigten nicht ohne Unterstützung möglich ist, die Gefahr allein abzuwenden, könne eine ambulante Hilfe zur Erziehung in Betracht kommen, die den Familien beratend und unterstützend zur Seite gestellt wird.
Das Jugendamt des Salzlandkreises hat seinen Sitz in der Bernburger Straße 13 in Staßfurt. Für den Altkreis Aschersleben ist Frau Feld zuständig. Zimmer 326. Telefon: 0347/16 84-18 31, E-Mail: [email protected]. (mz)