Fachkräfte-Mangel TechniSat Digital GmbH Staßfurt: Firma will Azubis mit Zuschuss für Fahrtkosten und Wohnheim locken

Staßfurt - So viel ist mal klar: Marius Tauber ist ein richtiger Glücksfall für die TechniSat Digital GmbH in Staßfurt. Der 22-Jährige brachte nicht nur die richtigen Schulnoten für die Ausbildung zum Informationselektroniker mit - vor allem gute Leistungen in Mathe und Physik.
Er hat sich in seiner mittlerweile drei Jahre dauernden Zeit beim einzigen größeren Elektronikunternehmen im Salzlandkreis dank Auffassungsgabe und Geschick bewährt, wie Ausbildungsleiterin Daniela Demuth bei einem Unternehmensbesuch der Agentur für Arbeit erklärt.
Allerdings wurde ihm das Talent sozusagen in die Wiege gelegt: von seinem Vater, einem Elektriker. „Ich durfte schon als kleiner Junge zuschauen.“
Marius Tauber aus Heyrothsberge im Jerichower Land ist derzeit einer von fünf angehenden Informationselektronikern in Staßfurt. Und einer, den das Unternehmen nach der Ausbildung gern behalten würde - eben wegen seiner Fähigkeiten.
„Selbst ausbilden ist besser als Bewerber einzustellen"
Allerdings auch, weil in den nächsten Jahren etliche Mitarbeiter in Rente gehen, wie Betriebsleiter Michael Wylega erklärt. „Wenn wir von Anfang an selbst ausbilden, ist das besser, als einen Bewerber vom freien Markt zu nehmen, den wir erst einarbeiten müssen.“
Grund: Die Technik unterscheide sich von Anbieter zu Anbieter stark. TechniSat steht nicht zuletzt aufgrund der Produktion von HD-Fernsehern oder HiFi-Technik in Konkurrenz zu Weltmarken wie Samsung oder Philips.
Nur sieben Schüler im Kreis wollen Informationselektroniker werden
Das Problem: Jugendliche sind für den Beruf nur schwer zu begeistern. Derzeit haben lediglich sieben Schüler laut Agentur für Arbeit im Salzlandkreis den Berufswunsch Informationselektroniker überhaupt angegeben.
„Viele orientieren sich an Berufen, die in ihrem Alltag vorkommen“, erklärt Agentur-Geschäftsführerin Anja Huth. Deswegen würden viele Schüler Werbekaufleute oder auch Köche werden wollen - je nachdem, was gerade im Fernsehen läuft. Oder Friseure beziehungsweise Verkäufer, die sich relativ stabil bei den Top-Berufswünschen halten, obwohl sie nicht sonderlich zukunftsträchtig sind, wie Huth sagt. Nicht aber unbedingt Informationselektroniker.
Theorie an der Berufsschule in Radeburg in Sachsen
Eine Rolle spiele mittlerweile auch der Standort der Berufsschule, immerhin werden die Wege immer weiter, so Huth. So wie für Tauber, der den theoretischen Teil seiner Ausbildung tatsächlich im sächsischen Radeburg absolviert muss - im Block über bis zu drei Wochen.
Nicht nur TechniSat sucht händeringend weitere Azubis. In vielen Fällen könnten die Altersabgänge in den Firmen nicht mehr kompensiert werden, weil schlicht nicht genügend Schüler beziehungsweise Auszubildende nachrücken.
Und es wird laut Agentur für Arbeit noch schlimmer: „In den nächsten Jahren kommt eine kleine Rentenwelle auf uns zu.“ Grund: Nach dem Mauerfall blieben in den Betrieben die Älteren, die Jüngeren gingen. Die Auswirkungen dieses Prozesses zu bewältigen, sei eine Herausforderung.
30 Prozent der Auszubildenden hören vorzeitig auf
Deswegen ist es noch bedeutender, dass Schüler auf Anhieb den richtigen Beruf und auch die Firma wählen. Die Agentur für Arbeit versucht dabei seit Jahren aktiv zu steuern - offenbar jedoch mit mäßigem Erfolg. In der Schule oder bei der Berufsberatung könne man den Schülern jedenfalls kein Bild von der Arbeit vermitteln, räumt Huth ein.
Das zeigt auch die Abbrecherquote. Etwa 30 Prozent der Auszubildenden schmeißen hin, sehr häufig sogar in den ersten sechs Monaten. Eine Zahl, die Agentur und Firmen schmerzt.
Firma erwägt Zahlung von Zuschüssen
Deswegen veranstaltet die Agentur am Mittwoch, 14. März, wieder den Tag der Berufe. Auch TechniSat beteiligt sich an der Aktion, um frühzeitig Potenzial bei Schülern zu erkennen. Um ihnen später neben der Ausbildung auch etwas bieten zu können und um sich von anderen Firmen abzuheben, erwägt die Firmenleitung mittlerweile Zuschüsse für die Fahrtkosten sowie für das Wohnheim zu zahlen.
Nach der Ausbildung besteht dann die Möglichkeit der Weiterbildung. Dabei „unterstützen wir das Ganze nicht nur finanziell, sondern auch über einen Zeitausgleich“, betont Betriebsleiter Wylega.
Wo er seine Zukunft sieht, wollte Marius Tauber unterdessen noch nicht verraten. Zunächst einmal wolle er seine Ausbildung erfolgreich abschließen. (mz)