Schock für 34 Mitarbeiter Schock für 34 Mitarbeiter in Nachterstedt: JU-Metalltechnik wird im Mai 2019 geschlossen

Nachterstedt - Es deutete sich schon seit Monaten an, jetzt ist es traurige Gewissheit: Die JU-Metalltechnik Nachterstedt, die als Blewa mit dem Bau von Briefkästen auf eine jahrzehntelange Tradition zurückblicken kann, soll ihre Pforten im nächsten Jahr für immer schließen.
Auch wenn sich die 34-köpfige Belegschaft wunderte, dass in den vergangenen Wochen Maschinen abgebaut und abtransportiert wurden, war es für sie doch ein Schock, jetzt vom endgültigen Aus ihrer Firma zu erfahren. Als Termin für die Schließung wurde der 31. Mai 2019 genannt.
Betriebsratsvorsitzender Busch hält sich zurück
Das bestätigte auch der Betriebsratsvorsitzende Guido Busch. „Nähere Informationen möchte ich aber aufgrund des laufenden Verfahrens noch nicht an die Öffentlichkeit geben“, sagte er.
Warum das Tochterunternehmen der französischen Firma Decayeux dichtmachen soll, was aus den Angestellten wird, ob sie Ausweichangebote oder Abfindungen bekommen, dazu war auch von der Geschäftsführung noch nichts zu erfahren.
Werke in Gerabronn und Bad Belzig bleiben erhalten
Mitarbeiter der Firma, die allerdings nicht namentlich genannt werden wollen, redeten aber schon. „Das ist keine Insolvenz, wir werden liquidiert“, sagte einer von ihnen. So sei den Nachterstedtern am Montag erklärt worden, dass es nicht an ihnen liege, aber drei Werke nicht wettbewerbsfähig seien, und in die anderen beiden Standorte investiert werden solle.
Das seien die beiden Werke der JU-Metallwarenfabrik im baden-württembergischen Gerabronn, die Briefkästen und Briefkastenanlagen produziert. Und ein Tochterunternehmen in Bad Belzig, das sich auf Edelstahlbriefkästen, sogenannte Orientierungstechnik, Mitteilungskästen und Sonderanlagen spezialisiert hat.
Keine Lehrlings-Ausbildung mehr, keine Investitionen
Dazu kam die JU-Metalltechnik in Nachterstedt, die ebenfalls Briefkästen produziert und diese vor allem in den neuen Bundesländern vertreibt. „Das Schlimme daran ist, dass uns noch bis vor einem Vierteljahr gesagt wurde, dass Nachterstedt nicht geschlossen werden soll“, erklärte ein Angestellter.
Doch die Nachterstedter seien hellhörig geworden. „Alles bahnte sich an“, erzählt einer von ihnen. Die freigewordene Sekretärinnen-Stelle sei nicht mehr besetzt, Lehrlinge seien nicht mehr ausgebildet, geplante Investitionen gestrichen worden.
„Dann wurden uns im September die Maschinen weggeholt“, berichtete ein Mitarbeiter vom Abbau der Fertigungsstrecke für Briefkastentüren. „Als Begründung wurden Neustrukturierung und Wirtschaftlichkeit genannt. Doch es gab nur eine logische Erklärung. Die hatten vor, den Betrieb zu schließen.“
Viele Kollegen arbeiten schon fast 25 Jahre im Betrieb
Gesagt worden sei aber nichts. „Und das ist eine absolute Sauerei“, schimpft er und erzählt davon, dass noch eilig ein Betriebsrat gegründet wurde. „Aber an den Kollegen hier liegt das nicht“, verteidigte er seine Mitstreiter. „Wir haben immer schwarze Zahlen geschrieben.“
Viele würden schon an die 25 Jahre hier arbeiten. „Das ist ein ganzes Arbeitsleben.“ Bei ganz vielen seien auch schon die Eltern in diesem Betrieb gewesen. „Die Leute hier arbeiten mit Herzblut in der Firma und haben das auch mit ihrem Einsatz gezeigt. Überstunden, Dienst am Wochenende - für keinen war das ein Problem.“
Von „Meyer & Stockmann” über Blewa zu Decayeux
Und die Übernahme durch JU zu Wendezeiten war eigentlich die Rettung für das Nachterstedter Metallverarbeitungs-Unternehmen. Das wurde in der Nachkriegszeit als Firma Meyer & Stockmann gegründet und später in Blewa - als Abkürzung für Blechwaren - umbenannt.
Denn der Betrieb mit bis zu 60 Beschäftigten stellte vor allem Konsumgüter her - vom Campingschrank über die Gießkanne bis hin zum Briefkasten. Und genau der wurde in der ganzen DDR verkauft, war die Blewa doch der alleinige Hersteller dieser kleinen Kästen.
Mit Übernahme durch JU-Metallwarenfabrik schien Zukunft sicher
Doch die Wende bescherte den Facharbeitern schwierige Zeiten. Mit eigenem Kapital gründeten die Mitarbeiter eine Gesellschaft und hielten die Firma so noch einige Zeit am Leben. Mit der Übernahme der Nachterstedter 1991 durch die JU-Metallwarenfabrik schien die Zukunft sicher. Es wurde in Maschinen und Gebäude investiert, das Personal geschult.
Vor fünf Jahren dann wurde sie von der französischen Firma Decayeux übernommen. Doch nun - nach 27 Jahren als JU-Standort - ist Schluss.
Sebastian Kruse, Wirtschaftsförderer im Seeland, ist betroffen von dieser Nachricht. „Das ist das Problem im Osten, dass wir kaum Stammsitze hier haben, sondern überall nur die verlängerten Werkbänke sind“, sagte Kruse.
Aber auch aus anderer Sicht bedauert der Wirtschaftsförderer die Schließung. „Das ist ein wirklich, wirklich guter Ausbildungsbetrieb, der uns da verloren geht. Dort wurde viel und gut ausgebildet“, sagte er.
„Unser Ziel als Stadt ist es nun, dass wir was für die Mitarbeiter finden“, kündigte der Wirtschaftsförderer Gespräche mit anderen Firmen an. „In der Region gibt es viele Firmen in dieser Branche“, sagte er und hofft darauf, dass die Leute hier einen Job finden. (mz)