224 Meter Phillips Galgenberg bei Cochstedt: Der höchste Punkt im Salzlandkreis liegt bei 224 Meter

Aschersleben - „Der höchste Berg erscheint bei uns heute als das, was den Landstrich besonders fruchtbar macht: als Feld.“ Landrat Markus Bauer nimmt es mit Humor, dass man von seinem Reich aus an guten Tagen zwar einen schönen Blick auf den Brocken, selbst aber keinen richtigen Berg zu bieten hat.
Hügel befindet sich im Hakelforst bei Cochstedt
Der im Hakelforst bei Cochstedt gelegene Berg ist als solcher nämlich kaum noch zu erkennen. Wird er doch seit vielen Jahren schon - wie der Landrat es sagt - als Acker genutzt. Zudem steht er in direkter Konkurrenz zur nahe gelegenen Ruine der Domburg, die etwa 20 Meter höher ist, aber bereits auf Harz-Territorium liegt.
„Ich habe noch nie etwas von Phillips Galgenberg gehört“, gibt Angela Paternoga zu - und ist überrascht, dass sie den höchsten Punkt des Landkreises sozusagen vor der Haustür liegen hat. Die 59-Jährige lebt - mit Unterbrechung - von klein auf in Cochstedt.
„Ich habe noch nie etwas von Phillips Galgenberg gehört"
Doch der Name habe im Ort nie eine Rolle gespielt. Auch nicht als Feldgemarkung. Als Kind musste sie nämlich mit raus auf den Acker, Rübenverziehen. „Aber ich kann mich nicht erinnern, dass wir dazu auf den Galgenberg gegangen sind.“ Obwohl, meint sie achselzuckend, die Älteren würden ihn vielleicht kennen.
Und tatsächlich, einer von ihnen - Eberhard Sternberg - konnte schon vor zehn Jahren aus dem Nähkästchen plaudern. Der damals 76-Jährige war früher nämlich Lehrer in Cochstedt und mit der Heimatgeschichte gut vertraut. Er berichtete damals in einem MZ-Interview, dass im Mittelalter auf dem Hügelgrab ein Galgen stand.
„Ab wann ist ein Berg ein Berg?", fragte wir einen Geografielehrer
Dort seien vor allem Wilddiebe hingerichtet worden, die sich in Zeiten der Hungersnöte unerlaubt vom Wildbret bedienten. Darunter auch Peter Phillip, der dem gruseligen Ort den Namen Phillips Galgenberg gab.
Doch darf die Erhebung bei Cochstedt überhaupt so heißen? Ab wann ist ein Berg ein Berg? Das wollte die MZ zum Internationalen Tag ebenjener Anhöhen von Klaus Winter wissen, der als Geografielehrer ein Experte ist. „Eine genaue Definition gibt es aber nicht“, sagt der Schulleiter des Ascherslebener Gymnasiums.
Er hat sich extra noch einmal durch ein paar Lexika gewühlt. „Berg heisset“, zitiert er aus Zedlers Universallexikon von 1733, „ein Teil der Erden so über den Erdboden in einer ziemlichen Höhe erhaben ist.“ Keine Meterzahlen, kein Fallbeispiel. Genauso unklar geht es im Brockhaus-Lexikon von 1841 weiter: „Ein Berg ist eine Erhebung im Gelände und im Gegensatz zu einem Hügel meist höher oder steiler.“ Ansichtssache also, sagt Winter und lacht.
Buchberg war höchster Punkt im Altkreis Aschersleben
Auch ihm ist Phillips Galgenberg kein Begriff. Obwohl er früher gern von seinen Schülern die sogenannten „eisernen Werte“ abgefragt hat. „Also längster Fluss, höchster Berg - im Land und im Kreis.“ Doch damals habe es noch andere Zugehörigkeiten gegeben. „Im Kreis Aschersleben war der Buchberg bei Falkenstein der höchste Punkt - mit 363 Metern.“
Da Falkenstein aber später in den Harzkreis wechselte, habe man den den Salzländern sozusagen weggenommen. Nun sei der Buchberg nur noch ein kleiner Punkt im Unterharz. „Aber dadurch, dass er zu Meisdorf und damit einst zu uns zählte, war er vorher etwas Besonderes.“
„Die Topografie spielt aber heute nicht mehr so die Rolle“
Auch die Schulexkursionen führten Klaus Winter und seine Schüler nicht bis in den Hakel. „Bis dahin sind wir gar nicht gekommen.“ Das sei mit Bus oder Bahn viel zu umständlich gewesen. „In Aschersleben führte der topographische Lehrpfad über die Burg - Erhebung, Durchbruchstal, da sieht man alles, was man für den Geografieunterricht brauchte.“ Und man konnte es mit Biologie verbinden. „Die Topografie spielt aber heute nicht mehr so die Rolle.“
Neugierig macht der Galgenberg inzwischen aber allemal. Und lockt selbst einen Wanderkaiser. René Strutzberg, der erst vor ein paar Jahren von Rostock in den Salzlandkreis zog, ist nämlich Gern- und Vielwanderer und hat sich als Einstieg Sachsen-Anhalt erwandert.
Inzwischen hat er auch schon alle Stationen der Harzer Wandernadel absolviert, deshalb auch sein Kaiser-Titel. „Nun suche ich neue Wanderrouten“, sagt der 49-Jährige. Er weiß, dass davon viele im Salzlandkreis liegen würden. Dessen höchster Punkt, Phillips Galgenberg, hat ihn da - auch wenn es nur ein Acker sein soll - neugierig gemacht.
Landrat Markus Bauer freut sich darüber. Für ihn zählen nämlich Bildung und Heimatverbundenheit. „Und Salzländer, die um ihre Wurzeln wissen und stolz darauf sind, werden die besten Gastgeber sein für Besucher und Touristen, die wegen unserer kulturtouristischen Angebote ins Salzland kommen.“ Auch wenn es sich dabei nur um einen Acker handelt. (mz)