Nach vielen Jahren mit Hartz IV Nach vielen Jahren mit Hartz IV und Ein-Euro-Jobs: Arbeitslose (61) bekommt festen Arbeitsvertrag bei Schloss Hoym Stiftung

Hoym/Aschersleben - Wenn Gerhild Kranich morgens aus dem Haus geht und ihrer Arbeitsstelle, dem Schloss Hoym, zustrebt, dann tut sie das mit einem guten Gefühl. Jahrelang hat die 61-Jährige ihre Hartz-IV-Einkünfte mit Ein-Euro-Jobs aufgebessert.
War in Jugendklubs, in der Seniorenbetreuung, oft im Grünbereich eingesetzt. Jetzt hat sie zum ersten Mal seit 1992 wieder einen Arbeitsvertrag. Sie bekommt Mindestlohn und hat damit gut 250 Euro mehr in der Tasche als zuvor.
Hilfe bei Betreuung der geistig behinderten Menschen
Und sie weiß: Sie wird gebraucht. Denn sie hilft den fest angestellten Mitarbeitern bei der Betreuung der geistig behinderten Menschen im „Haus Ahorn“ - unterstützt beim Anziehen, beim Essen, geht mit ihnen spazieren oder ist einfach da als Ansprechpartnerin. Das entlastet die Fachkräfte.
Gerhild Kranich ist eine von 100 Männern und Frauen im Landkreis, die mit Hilfe des Bundesprogramms „Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt“ gefördert werden. Das Jobcenter des Landkreises hat sich erfolgreich um die Teilnahme beworben.
Das Programm läuft seit einem guten Jahr und endet am 31. Dezember 2018. Von den zur Verfügung stehenden Plätzen im Salzlandkreis finden sich 26 Plätze in der Region Aschersleben - allein drei in der Schloss Hoym Stiftung.
26 subventionierte Arbeitsplätze im Raum Aschersleben
Geschäftsführer René Strutzberg betont, dass Gerhild Kranich zusätzlich eingestellt wurde und die Schloss Hoym Stiftung damit keinen Wettbewerbsvorteil genießt. Die Zahl der fest angestellten Mitarbeiter, die die 385 Bewohner betreuen, hat sich durch die drei Programmteilnehmer nicht verändert.
Dies ist übrigens eine der Bedingungen, wie Marion Hasak vom Jobcenter erklärt. Die Beschäftigung kann nur dann über das Programm gefördert werden, wenn die Stellen zusätzlich geschaffen werden und wettbewerbsneutral sind. Hinzu kommt: Das Programm ist gedacht für Menschen mit gesundheitlichen oder anderen Hemmnissen, die seit mindestens vier Jahren Leistungen des Jobcenters beziehen.
Festen Job mit Sozialversicherung für zwei Jahre
Der Unterschied zu einem Ein-Euro-Job besteht darin, dass der Arbeitnehmer einen festen Arbeitsvertrag mit Sozialversicherung hat und die Arbeitsstelle nicht nur ein halbes Jahr lang, sondern für zwei Jahre besetzt.
„Die Langfristigkeit der Maßnahme sehen wir als echten Vorteil an“, sagt René Strutzberg. „Wir haben damit die Chance, Mitarbeiter kennenzulernen, die wir sonst nicht kennengelernt hätten.“
Dass sich alle drei Teilnehmer gut in die jeweiligen Arbeitsteams eingefügt haben, liegt seiner Meinung nach auch an der Philosophie des Unternehmens: Wenn jemand neu hinzukomme, habe er das Recht, aber auch die Pflicht zu fragen. „Nur so kann ein guter Einstieg gelingen.“
Dass Menschen, die vom Jobcenter betreut werden, nicht vermittelbar sind, hält er für „eine Mär“. Innerhalb von zwei Jahren habe die Schloss Hoym Stiftung zwölf Mitarbeiter über das Jobcenter gefunden, „die überwiegend noch bei uns sind.“
Worte, die der Betriebsleiter des Jobcenters Thomas Holz gerne hört. „Wir müssen mit den Menschen arbeiten, die da sind“, dämpft er die übermäßigen Erwartungen mancher Arbeitgeber. „Wenn die Gesuchten mobil sein und bestimmte Qualifikationen haben sollen, dann sollten sie auf dem ersten Arbeitsmarkt suchen“, so Holz.
Gerhild Kranich weiß, dass sie auf dem sogenannten ersten Arbeitsmarkt als gelernte Fachverkäuferin keine Chance hat. Sie ist 61, gesundheitlich eingeschränkt und nicht mobil. Trotzdem arbeitet sie gern. Und das kann sie nun wieder. (mz)