Leichtathletik Leichtathletik: Mit 55 noch einmal eine Herausforderung gesucht
aschersleben/MZ. - "Noch 30 Sekunden", sagt Trainer Hans Hollas ruhig. Reinhard Gehlhaar begibt sich zur Startposition, geht leicht in die Hocke und wartet auf das Zeichen. "Ab", ruft Hollas und sein Schützling sprintet los. Es stehen kräftezehrende Berg-an-Läufe in der Ballhaus-Arena auf dem Trainigsplan. Nach knapp zehn Sekunden ist das Ziel erreicht. "Du hast dich wieder etwas verbessert", muntert ihn Hans Hollas auf. Noch außer Atem nimmt Gehlhaar die Nachricht eher gelassen auf. Er weiß, dass er noch einen langen und steinigen Weg vor sich hat. Denn er setzt sich ein ehrgeiziges Ziel: "In diesem Jahr möchte ich an der Europameisterschaft (EM) der Senioren im Werfer-Zehnkampf und an der EM im Zehnkampf teilnehmen", geht der Blick in die Zukunft.
Aus diesem Grund arbeiten auch Gehlhaar und Hollas wieder zusammen. Beide trafen sich nach 38 Jahren. Hollas wird seinen ehemaligen Schützling auf die sportlichen Höhepunkte vorbereiten.
Sie scheinen auf einem guten Weg zu sein. Reinhard Gehlhaar wurde 2011 siebenmal Landesmeister. Bei der deutschen Meisterschaft verpasste er in der Altersklasse 55 mit Rang vier nur knapp das Podest. Zudem wurde er Fünfter im Speerwerfen und Siebenter im Kugelstoßen.
Dann betrat der für Lok Aschersleben startende Athlet noch sportliches Neuland: Er bestritt Wettkämpfe im LSW Spezialsport. Beim Speerwurfdreikampf, in dem der Speer, der 600, 700 und 800 Gramm wiegt, aus dem Stand geworfen wird, ließ er die Konkurrenz weit hinter sich. "Die Gesamtweite 98,30 Meter wäre bei der Werfer-Weltmeisterschaft der dritte Platz gewesen", vergleicht er.
Für Reinhard Gehlhaar ist der Zehnkampf noch einmal eine Herausforderung. "Ich habe als 17-Jähriger einen Wettkampf absolviert und seitdem nicht wieder", blickt er zurück. Viel wird davon abhängen, wie er im Stabhochsprung abschneidet. "Wir haben in Aschersleben keine Anlage. Das macht es nicht gerade leichter. Doch Peter Bernhard, Stabhochsprungtrainer beim SC Magdeburg, hat signalsiert, dass ich bei ihm mitmachen kann", freut sich Gehlhaar.
Mit 55 Jahren will er noch einmal angreifen. Motivation ist die Zehnkampf-EM, die zum ersten Mal in Deutschland ausgetragen wird. "Wenn ich meine Bestleistungen in den einzelnen Wettbewerben zu- grunde lege, habe ich 500 Punkte weniger als der Vizeweltmeister", macht er sich Mut. Und Hans Hollas soll ihm dabei helfen, diesen Abstand zu verringern.
"Reinhard macht einen guten Eindruck. Er ist sehr ehrgeizig, so dass ich schon mal auf die Bremse treten und die Belastung dosieren muss, sonst überpowert er. Dennoch ist es ein angenehmes Arbeiten", sagt Hollas über seinen alten und neuen Schützling. "Wir müssen noch an der Hürdentechnik arbeiten und natürlich muss er Stabhochsprung trainieren", so Hollas.
Doch an diesem Trainingstag geht es erst einmal weiter mit Bergan-Läufen. "Noch 30 Sekunden", sagt der Coach erneut und Reinhard Gehlhaar nimmt wieder die Startposition ein.