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Artenschutz Landwirt aus Cochstedt Salzlandkreis: Walter Taentzler hat ein Herz für Feldhamster

Von Harald Vopel 03.04.2019, 07:57
Feldhamster graben ganze Gangsysteme mit Vorrats-, Nest- und Kotkammern.
Feldhamster graben ganze Gangsysteme mit Vorrats-, Nest- und Kotkammern. Sattler

Cochstedt - Landwirt Walter Taentzler und Saskia Jerosch von der Deutschen Wildtier Stiftung stehen am Rande eines Feldes. In einiger Entfernung bewegt sich eine Gruppe von sieben Rehen über das leicht hügelige Gelände. Auf dem 40 Hektar großen Schlag wächst Luzerne.

Ideale Bedingungen für den Feldhamster. Ideale Voraussetzungen auch für Saskia Jerosch - die neue Feldhamster-Beauftragte des Landes Sachsen-Anhalt. Mit dem Cochstedter Walter Taentzler hat sie nämlich einen Partner gefunden, der als Landwirt das von der Wildtier Stiftung initiierte Projekt „Feldhamster“ unterstützt.

Bis in die 1980er Jahre wurde Feldhamster bekämpft

Taentzler kennt noch die Zeit, in der die Hamster zu tausenden auf den Feldern unterwegs waren und dort ihre Baue anlegten. Noch bis in die 1980er Jahre wurden von Hamsterfängern mit den Fellen der Tiere gute Geschäfte gemacht. Inzwischen gehören sie zu den in Deutschland vom Aussterben bedrohten Arten.

Die wenigen noch vorhandenen Vorkommen sollen im Rahmen des Feldhamsterprojektes aufgespürt, kartiert und erhalten werden. „Nur wenn bekannt ist, wo der Hamster noch vorkommt, können konkrete Schutzmaßnahmen platziert werden.“ Deshalb müsse man eng mit den Landwirten zusammenarbeiten, so Jerosch.

„Nach Absprache mit den Landwirten suchen wir auf den Äckern mit Ehrenamtlichen nach den typischen faustgroßen Baueingängen des Feldhamsters.“

Auf dem Luzernefeld, so hofft die Hamster-Expertin, könnte man fündig werden. Hier kann der Hamster ungestört leben. Die Luzerne wird zwar mehrfach im Jahr gemäht, steht ansonsten aber vier bis fünf Jahre, ohne dass ein Pflug den Boden bearbeitet.

Auf dem Luzernefeld können Hamster ungestört leben

Die Wurzeln der Pflanzen reichen bis in sechs Meter Tiefe, erklärt Landwirt Taentzler. Da sei die Wasserversorgung auch in trockenen Sommern gesichert. Das Grün ist für den Hamster als Allesfresser - der Getreidekörner, Klee, Früchte, Wurzeln und Kartoffeln, aber auch Insekten, Würmer, Schnecken und Frösche mag - gut als Nahrung geeignet.

Außerdem wird den Pflanzen auch nicht mit dem Einsatz von Chemie auf die Sprünge geholfen. Und Taentzler ist sich sicher, dass auf dem Feld zumindest einige Feldhamster ihr Zuhause haben.

Und irgendwie haben der Hamster und die Luzerne sogar etwas gemeinsam. Während der einst weit verbreitete Hamster sehr selten geworden ist, ist inzwischen auch die früher häufig angebaute Luzerne ein Nischenprodukt geworden.

Nicht nur Hamster sind selten geworden, auch Luzerne wird kaum noch angebaut

Wer heute noch Luzerne anbaut, der muss ein Händchen und spezielles Wissen dafür besitzen, so Landwirt Taentzler. Und man muss die eher noch wenigen Kunden für das Produkt finden. Der Cochstedter beliefert unter anderem eine Pferderennbahn in Hamburg.

Luzerne sei nämlich ein gutes Futter für Pferde. Allerdings nur für Pferde, die körperlich hart arbeiten müssen. Für die Tiere von Hobbyreitern sei sie dagegen eher ungeeignet.

Der Cochstedter stellt aber nicht einfach nur sein Luzernefeld für das Hamsterprojekt zur Verfügung, er greift auch an anderen Stellen aktiv in den Schutz der Feldhamster ein. Unter anderem werde er an den Rändern seiner Getreidefelder einen Schutzstreifen stehen lassen, in dem die Tiere Deckung vor Greifvögeln und anderen Fressfeinden finden können.

So habe es nämlich der Rote Milan ganz gern mal auf einen Hamster abgesehen. Dazu kommen der Fuchs und der Marder, die der Hamster fürchten muss. Auch soll die Getreidemahd später als üblich stattfinden und es soll in bestimmten Bereichen auf den Stoppelumbruch des Bodens verzichtet werden, sodass mindestens ein Hamsterwurf Überlebenschancen hat.

Als ein entscheidender Grund für den Rückgang der Feldhamsterpopulationen wird die intensive Feldwirtschaft gesehen. Aber auch die Bebauung von Ackerland und die Zerschneidung von dessen Lebensräumen. In den 1950er Jahren sollen im damaligen Bezirk Magdeburg in einem Jahr bis zu 1,2 Millionen Hamster gefangen worden sein, heißt es bei Wikipedia.

In der Region Aschersleben habe man seinerzeit vorübergehend sogar eine spezielle Fangmethode angewandt. Die Hamsterbaue wurden einfach begast, um an die begehrten Felle zu kommen.

Heute leben die meisten verbliebenen Feldhamster in Sachsen-Anhalt und Thüringen. Die größten Vorkommen in der Magdeburger Börde und auf der Querfurter Platte. In den tiefgründigen festen Böden legen die Tiere ihre Gangsysteme an, erklärt Saskia Jerosch. (mz)