Leerstand Kann maroder Bahnhof Güsten Salzlandkreis gerettet werden? Neue Eigentümer suchen Investoren

Bernburg/Güsten - Bahnreisende eilen zu ihren Zügen. Andere stehen in Schlangen am Schalter, um Fahrkarten von einem Bahn-Mitarbeiter zu kaufen. Und wieder andere überbrücken die Wartezeit mit einem Imbiss in der Mitropa. So oder so ähnlich hat es sich jahrzehntelang täglich im Güstener Bahnhof abgespielt. Es war sogar einmal einer der wichtigsten Bahnknotenpunkte in Mitteldeutschland.
Wenn es nach der neuen Besitzerin, Steffi Allgaier aus Kornwestheim (Baden-Württemberg) und ihren Sohn Tim geht, soll hier auch wieder Leben einziehen. Sie hatten den Backsteinbau im März dieses Jahres bei einer Auktion ersteigert.
Seit fast zehn Jahren ist das Bahnhofsgebäude in Güsten nicht mehr zugänglich
Schon lange wird das einst so imposante Gebäude, das Ende des 19. Jahrhunderts erbaut und später erneuert und durch den Kopfbau erweitert worden war, nicht mehr genutzt und verfällt zusehends. Und eigentlich ist es auch seit fast zehn Jahren nicht mehr zugänglich.
Doch am gestrigen Tag des offenen Denkmals haben es die neues Besitzer für die Öffentlichkeit geöffnet. Allein bei der Führung um 11.15 Uhr kamen über 30 Interessierte, um sich in dem Gebäude umzusehen.
Man müsse schon ein bisschen verrückt sein, wenn man ein solches Gebäude erwirbt, meint Robert Podzuweit, ein Freund der Besitzer-Familie, der die Besucher an diesem Tag zusammen mit Tim Allgaier durch den Bahnhof führt. „Und man muss Lust darauf haben, etwas daraus zu machen.“
Überall im Gebäude des Bahnhofs Güsten liegen Müll, Scherben und Schutt
Tatsächlich dürfte das ein Kraftakt werden. Schon in dem vorderen Teil, der um das Jahr 1900 erbaut wurde, sind überall Schmierereien an den Wänden. Hier wie auch in anderen Teilen liegen Müll, Scherben und Schutt. In dem einstigen Aufenthaltsraum sind die Fenster mit Brettern verrammelt.
Ein alter Kachelofen sowie kaputte Möbel stehen im Raum. „Hier könnten mal Veranstaltungen stattfinden“, meint Robert Podzuweit In einem Zwischenbau, in dem früher die Küche untergebracht war, ist bereits die Decke heruntergekommen.
Auch in anderen Teilen sieht es nicht besser aus. Unter den Besuchern sind an diesem Tag auch ehemalige Bahn-Mitarbeiter wie Christian Rulz. Obwohl er hier quasi jeden Raum kennt, hat er es sich nicht nehmen lassen, das Gebäude am Tag des offenen Denkmals noch einmal zu besichtigen.
Auch ehemalige Bahn-Mitarbeiter wie Christian Rulz sind unter den Besuchern
Mehr als 30 Jahre war Rulz Fahrdienstleiter bei der Deutschen Reichsbahn in Güsten. Schon sein Opa sei Lokführer gewesen und auch sein Vater habe bei der Bahn gearbeitet, erzählt der 70-Jährige.
„Es war immer etwas los hier. Ich habe viele Reisende kommen und gehen sehen“, erzählt Rulz. Dass sich das Gebäude in einem so schlechten Zustand befindet, hätte er nicht gedacht. Sein Urteil: „Grausam“. Und so bedauerlich es ist, für ihn kommt nur ein Abriss infrage.
„Das Gebäude muss weg“, sagt der 70-Jährige. Auch Besucherin Martina Lorenz hat wenig Hoffnung, dass es gerettet werden kann. „Da ist doch überall Schimmel drin. Den bekommt man nicht mehr raus“, meint sie.
Das aber sehen die neuen Besitzer ganz anders. „Die Wartehalle zum Beispiels drängt sich auf, sie für Kultur zu nutzen“, meint Robert Podzuweit. Auch eine Gastronomie wäre schön.
Besucherin Martina Lorenz hat wenig Hoffnung, dass das Bahnhofsgebäude in Güsten gerettet werden kann
Vor allem aber müssten die Toiletten saniert werden, meint Podzuweit. Für das gesamte Vorhaben suchen Tim und Steffi Allgaier noch Investoren oder Privatpersonen, „die etwas aus dem Gebäude machen wollen“. Tim Allgaier hatte seine Mutter überzeugt, den Bahnhof zu kaufen.
So wie der Güstener Bahnhof öffneten am Sonntag zahlreiche Denkmale im Altkreis Bernburg, die sonst nicht zugänglich sind.
In der Eröffnungsveranstaltung im Bernburger Rathaus sprach sich Oberbürgermeister Henry Schütze (parteilos) für eine liberalere Auslegung des Denkmalschutzes aus.
Er halte es für sinnlos, Gebäude erst aufwendig und nach den Vorgaben des Denkmalschutzes zu sanieren, um es dann nicht zu nutzen. „Ich bin für eine zeitgemäße, nachhaltige Nutzung“, so Schütze.
Im Anschluss sprach der Dozent Olaf Karlson über moderne Architektur. Er machte - im Jahr des Bauhaus-Jubiläums - dabei deutlich, dass modernes Bauen nicht automatisch „Bauhaus“ heißt. Vielmehr widmete er sich vielen anderen Architekten, die der sogenannten Reformarchitektur und der neuen Sachlichkeit zugeordnet werden.
Die Eigentümer des Bahnhofs sind per Telefon erreichbar 07154/8371730 und auch per E-Mail [email protected] (mz)


