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Gespräche mit Investoren gescheitert JU Metalltechnik Nachterstedt vorm Aus?: Gespräche mit Investoren sind gescheitert

Von Regine Lotzmann 14.03.2019, 08:58
Der Briefkastenbauer JU-Metalltechnik steht vor dem Aus. Nur noch bis Ende Mai wird hier produziert.
Der Briefkastenbauer JU-Metalltechnik steht vor dem Aus. Nur noch bis Ende Mai wird hier produziert. Detlef Anders

Nachterstedt - Als im November die Nachricht durchsickerte, dass JU-Metalltechnik Nachterstedt ihre Pforten Ende Mai für immer schließen soll, klingelten bei Seeland-Wirtschaftsförderer Sebastian Kruse die Telefone heiß. Es gab Angebote zur Übernahme von Mitarbeitern und Auszubildenden.

Verkauf wäre bessere Variante

Allerdings wollte Kruse das noch nicht an die große Glocke hängen. Denn es gab auch Anrufer, die sich für den ganzen Betrieb interessierten, der früher als Blewa mit dem Bau von Briefkästen auf eine jahrzehntelange Tradition zurückblicken konnte und nun ein Tochterunternehmen der französischen Firma Decayeux ist. Aber wer hätte schon einen Betrieb ohne Mitarbeiter gewollt? Und ein Verkauf im Ganzen wäre die bessere Alternative gewesen, so Kruse.

„Doch sämtliche Gespräche in den letzten Monaten mit potenziellen Investoren – sowohl von Seiten der Besitzer als auch von uns aus – haben leider zu keinem Ergebnis geführt“, sagt er. Deshalb soll das Unternehmen jetzt offiziell zum Verkauf angeboten werden. „Interessenten können sich jederzeit an uns wenden“, so der Wirtschaftsförderer. Egal, ob sie die Firma selbst oder die Immobilie wollen. „Wir werden ein entsprechendes Schild am Werk anbringen.“

Stimmung ist gedrückt

„Es ist ein Sterben auf Raten“, sagt Betriebsratsvorsitzender Guido Busch resigniert. „Die Stimmung unter den Leuten hier ist gedrückt – verständlicherweise.“ Viele würden sich verraten und verkauft fühlen. Eine vernünftige Abfindung gebe es nicht. „Wir haben uns ein Angebot erstritten, was aber für die meisten hier nicht annehmbar ist“, sagt Busch. Nur ein Teil der Arbeiter – bei denen der Atem nicht mehr reiche – hätten den kleinen Finger, den man gereicht habe, angenommen. „Aber das ersetzt in keiner Weise das, was sie hier in 25 Jahren guter Arbeit geleistet haben.“ Deshalb würden auch einige Kollegen weiterstreiten.

Die Galgenfrist für die Produktionsfirma reicht zwar noch bis Ende Mai, doch viele der gut ausgebildeten Mitarbeiter aus der 34-köpfigen Belegschaft hätten inzwischen schon einen neuen Job gefunden. „Und für alle, die noch nichts in Aussicht haben, will ich noch einmal eine Beratung vor Ort anbieten und auch gleich einen Mitarbeiter der Arbeitsagentur mitbringen.“

Kruse kenne die Firmen der Region, der Mann von der Arbeitsagentur andere Möglichkeiten. Um das Fachpersonal, wie etwa die Schweißer, mache sich der Wirtschaftsförderer keine Sorgen. „Das kommt bestimmt gut unter.“

Eigentümer besorgten Leute, damit die Produktion weitergeht

„Wir werden jeden Tag weniger“, sagt Guido Busch und berichtet von den Kollegen, deren Kündigungsfrist schon abgelaufen sei. Der französische Eigentümer habe bereits Fremdfirmen ins Unternehmen geholt, damit die Produktion aufrechterhalten bleiben könne. Bis Ende Mai. „Der 31. Mai wird definitiv der letzte Tag sein, an dem in Nachterstedt produziert wird“, so Busch.

Das macht auch Kruse traurig, dass damit ein alter Traditionsbetrieb im Ortskern verschwinden wird. „Es war der einzige produzierende Betrieb in Nachterstedt“, sagt der Wirtschaftsförderer und meint: „Es wäre schön gewesen, den zu erhalten.“

Auch für die Belegschaft war die Nachricht vom Aus im November ein großer Schock. Zwar hatten sie sich gewundert, dass in den Wochen vor der Bekanntgabe Maschinen abgebaut und abtransportiert wurden. Aber noch ein Vierteljahr davor habe es geheißen, dass Nachterstedt nicht geschlossen werden solle, erzählte ein Angestellter.

Die französische Geschäftsführung habe der Belegschaft im November erklärt, dass die Schließung nicht an den Nachterstedtern liege, aber drei Werke einfach nicht wettbewerbsfähig seien. „Und in die anderen beiden sollte investiert werden“, so ein Mitarbeiter. Das sei das Werk der JU-Metallwarenfabrik im baden-württembergischen Gerabronn, das Briefkästen und Briefkastenanlagen produziert. Und ein Tochterunternehmen in Bad Belzig, das sich auf Edelstahlbriefkästen, Mitteilungskästen und Sonderanlagen spezialisiert hat.

Sauer sind die Nachterstedter jedenfalls, dass sie die ganze Zeit über im Unklaren gelassen wurden. „Das ist eine absolute Sauerei“, hatte ein Mitarbeiter schon im November geschimpft. Sie hätten immer schwarze Zahlen geschrieben. Und die Kollegen seien mit Herzblut bei der Arbeit gewesen, stets mit großem Einsatz. „Überstunden, Dienst am Wochenende - für keinen war das ein Problem.“

Die Wirtschaftsförderung der Stadt Seeland steht als Ansprechpartner bereit unter der E-Mail-Adresse [email protected] (mz)