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Interview mit Ameos-Chef Interview mit Ameos-Chef: Kritik: Wartende Rettungsärzte und demotiviertes Personal

14.04.2018, 07:55
Robert Möller musste sich als Ameos-Geschäftsführer zuletzt viel Kritik gefallen lassen.
Robert Möller musste sich als Ameos-Geschäftsführer zuletzt viel Kritik gefallen lassen. Frank Gehrmann

Aschersleben/Bernburg - Ein Brandbrief des Landrats wegen der Notfallversorgung und etliche Fälle, in denen sich Patienten über die Behandlung öffentlich beklagen: Seit Wochen steht Kliniken-Betreiber Ameos in der Kritik. Jetzt äußerst sich erstmals Ameos-Regionalgeschäftsführer Robert Möller im MZ-Interview zu den Vorwürfen. Mit ihm sprachen die Redakteure Marko Jeschor und Torsten Adam.

Herr Möller, Sie sind seit einem Dreivierteljahr hier. Wie gefällt es Ihnen?

Möller: Ich bin froh, hier zu sein. Die Menschen sind noch warmherziger und offener, als ich es erwartet hatte. Außerdem habe ich ein sehr motiviertes Team sowie leistungsfähige Einrichtungen vorgefunden. Besonders reizvoll für mich ist, die Entwicklung der Krankenhausversorgung voranzubringen und noch mehr aufeinander abzustimmen.

Sie sprachen von perspektivischer Entwicklung der Kliniken. Bitte skizzieren Sie ihre Vorstellungen kurz.

Ein neutrales Beispiel, das für uns nicht in Frage kommt: die Versorgung von Frühgeborenen, die nur bestimmten Zentren vorbehalten ist. Wenn wir diese Versorgung hier anbieten würden, dann könnten wir eine bestimmte Konzentration von hoch spezialisierten Leistungen anbieten. Das könnte nicht nur uns, sondern auch der Bevölkerung weiterhelfen.

Bleiben wir bei den aktuellen Herausforderungen. Die Leitstelle meldete fast tägliche Abmeldungen von Stationen. Rettungssanitäter berichten über lange Wartezeiten. Was geschieht da wirklich in den Notfallaufnahmen?

Die Notfallversorgung war und ist zu jeder Zeit gesichert. Es ist so, dass einzelne Stationen einen Hinweis geben, dass sie voll belegt sind. Das geschieht zeitlich befristet und nach einem eingezogenen Prozess. Das heißt, wenn sich Einheiten nicht mehr in der Lage sehen, zusätzliche Versorgung zu leisten, dann geschieht das nicht willkürlich, sondern in Absprache und Genehmigung mit dem jeweils zuständigen Krankenhausdirektor.

Und dass Rettungssanitäter bis zu vier Stunden warten müssen, ehe sie einen Patienten abgeben können?

Es gab tatsächlich zwei Tage Ende März in Aschersleben mit einem massiven Anfall von Notfallpatienten. Das können wir uns aber nicht zur Last legen lassen. Wir versorgen alle, gerade ohne uns abzumelden. Einerseits wird uns vorgehalten, wir würden uns aus der Notfallversorgung zurückziehen. Das tun wir ausdrücklich nicht. Wenn aber dann auch Wartezeiten entstehen, dann liegt das nicht an uns, sondern an der Anzahl der Patienten. Ob die Rettungswagenbesetzung warten musste, können wir im Moment nicht nachvollziehen. Wir haben aber ein Gespräch mit dem ASB vereinbart, um diese Sachverhalte zu klären.

Also gibt es keine Probleme?

Nur weil sich einzelne Einheiten befristet abmelden, können Sie nicht den Rückschluss ziehen, dass die Notfallversorgung im Kreis nicht gewährleistet ist.

Laut Leitstelle waren Stationen zuletzt nach einer Anmeldung schnell wieder abgemeldet. Haben Sie nicht genügend Betten?

Die Bettenkapazitäten sind so bemessen, dass sie ausreichend sind. Es wird sogar eine geringere Auslastung toleriert - mehr als in anderen Trägerschaften. Wir sind in den vergangenen Wochen sehr gefragt gewesen und das haben wir mit dem größtmöglichen Verantwortungsbewusststein und unter Einsatz aller Kräfte bewältigt. Ich stelle mich hier ausdrücklich vor alle Mitarbeiter. Alle haben unter erschwerten Bedingungen die Versorgung rund um die Uhr gewährleistet.

Halten Sie es für vertretbar, dass Angehörigen erst zwei Tage nach dem Tod die Nachricht überbracht bekommen oder dass Menschen nachts ans Bett gefesselt einnässen müssen, weil sie keine Hilfe erhalten?

Im ersten Fall ist beim Aufnahmeprozess nicht die Telefonnummer der Angehörigen vermerkt worden. Wir werden deshalb auch noch einmal deutlich machen, dass auf die Einhaltung der definierten Prozesse zu achten ist. Trotzdem stellt sich der Fall für uns anders dar als beschrieben. Das möchte ich in diesem Rahmen aber nicht diskutieren. Ich versichere Ihnen aber, dass das betroffene Krankenhaus den Sachverhalt mit den Angehörigen klärt.

Mangelt es nachts an Personal?

Nein.

Sie können ausschließen, dass es Zeiten gab, in denen Stationen unzureichend besetzt waren?

Wir haben uns jede Station im Detail angeschaut im Hinblick auf die Personalfrage. Der Planzustand ist kein zufälliger, sondern ein sehr genau kalkulierter.

Heißt das, es gab Personalkürzungen in dem Plan?

Über die Vergangenheit kann ich wenig sagen. Aber das, was an Personal eingeplant ist, entspricht auch nach meinen Erfahrungen dem Standard.

Oft klingt in Gesprächen an, dass die Ärzte entweder nicht ausreichend Deutsch sprechen oder demotiviert erscheinen. Was sagen Sie dazu?

Alle haben anspruchsvolle Arbeitsbedingungen. Das gilt für unsere ausländischen Mitarbeiter noch einmal mehr als für die Muttersprachler. Wir tun aber alles dafür und sind stolz darauf, die ausländischen Kollegen zu integrieren.

Aber können Sie nachvollziehen, dass Patienten mit diffusen Symptomen sich wenig geborgen und geschützt fühlen, wenn sie merken, dass es schon an der Sprache hapert?

Ich räume ein, dass es besondere Anforderungen an alle Beteiligten stellt, wenn die muttersprachliche Gemeinsamkeit in einem Krankheitsfall nicht gegeben ist. Aber ich bin fest davon überzeugt, dass unsere ausländischen Kollegen die gleiche ärztliche Empathie walten lassen wie die muttersprachlichen.

Nach unseren Informationen erwartet die Konzernzentrale in der Schweiz eine jährliche Rendite von 15 Prozent. Lassen sich solche Gewinne erwirtschaften - ohne, dass Personal und Patienten darunter leiden?

Üblicherweise wird das, was nach Steuern bleibt, in größeren Unternehmen nicht kommuniziert, sondern es sind lediglich Ergebnis-Vorstufen: Diese Zahl, die Sie genannt haben, ist in der deutschen Krankenhauslandschaft keine Ausnahme. Diese Marge ist auch erforderlich, um Investitionen tätigen zu können, die die Länder nicht vornehmen. Wenn wir uns einig sind, dass die Qualität in der deutschen Krankenhausversorgung weltweit eine führende ist, dann ist das die Antwort auf Ihre Frage.

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Das vollständige Interview ist in den Ausgaben der MZ „Bernburger Kurier“ und „Ascherslebener Zeitung“ vom 14. April abgedruckt. (mz)