Internettelefonie Internettelefonie : Ein Landwirt sieht schwarz

Gerbitz - Matthias Pitschke ist kein Mensch, der mit düsterem Blick in die Zukunft schaut. Das kann er auch nicht, denn als Landwirt ist er vom Wetter abhängig und somit hat er nie hundertprozentige Sicherheit, wie sein Betriebsergebnis aussehen wird.
Das beunruhigt ihn aber nicht. Denn wirtschaften hat er gelernt. Doch wer ihm sehr tiefe Sorgenfalten auf die Stirn treibt, ist die Telekom. Die nämlich hat ihm kurz vor Weihnachten den Telefonanschluss zum 10. April 2017 gekündigt.
Ein normaler Anschluss passt nicht mehr
Das Unternehmen stellt die Technik um - und der Anschluss von Pitschke passt dann nicht mehr rein. Er hat nämlich noch einen „normalen“ Anschluss über die Telefonleitung. Die verschwindet nun nach und nach aus dem Angebot, denn es wird auf Internet umgestellt. Man will ihn als Kunden natürlich nicht verlieren, hieß es. „Die Telekom hat mir angeboten, zukünftig via Internet zu telefonieren“, sagt er.
„In Gerbitz ist es aber so, dass solch ein Signal gar nicht anliegt“, sagt Pitschke, der über einen Fachmann Erkundigungen einholen ließ. „Wir haben nur eine 384-ziger Leitung und die erlaubt weder modernes Internet noch Telefonie - beides zusammen schon gar nicht“, ist der Landwirt überzeugt.
„Man muss wissen, dass wir schon zweimal umgestellt wurden und dann hatten wir jeweils einen Tag lang gar kein Telefon und Internet. Es musste jedes Mal ein Techniker kommen, die Leitung vor Ort messen und uns dann zurück umstellen“, so sind die Erfahrungen des Gerbitzers.
Anbieterwechsel ohne Anbieter?
Bei der Hotline erhielt er keine Auskunft, die ihn erfreut hätte. Es sei ihm nahegelegt worden, den Anbieter zu wechslen. „Das ist, wenn kein anderer Anbieter da ist, jedoch ein bisschen schwierig“, so Pitschke enttäuscht.
Für den Landwirt ist es auch eine Frage des Geschäftes. Denn an seinem Anschluss hängt der Hofladen mit dran. Daher wäre eine gut funktionierende vernünftige Festnetzverbindung samt Internet wichtig. Vielleicht sollte man vor dem Kündigen und Umstellen erst mal die Leitungen fit machen, meint Pitschke.
Technisch müsste in Nienburg was geändert werden, das sei auch möglich, koste aber Geld, so Pitschkes Erkenntnisse. Darum schenkt er auch den Aussagen von Telekomsprecher Philipp Schindera kein Vertrauen. Er sagt, dass sich die Umstellung für den Kunden nicht bemerkbar mache.
Im Grunde genommen ist es so wie damals bei den Zeitungen, als von Blei- auf Offset-Druck umgestellt wurde, oder wie beim Fernsehen, als auf DVBT umgestellt wurde. Wir modernisieren unser Netz. Lediglich aus rechtlichen Gründen müssen neue Verträge geschlossen werden. Die Sorge des Kunden ist unberechtigt. Nur die Vermittlungstechnik läuft auf Basis des Internetprotokolls. Das Gespräch kommt nach wie vor über die gleiche Leitung. Mittlerweile haben wir schon über elf Millionen Haushalte in Deutschland umgestellt. Da die alte Netztechnik in absehbarer Zeit von Seiten der Hersteller nicht mehr mit Ersatzteilen unterstützt wird, können wir diese Form von Anschluss zukünftig nicht mehr anbieten und stellen nach und nach alle Haushalte in Deutschland um,
schreibt Schindera auf Nachfrage der MZ.
Das mag auf viele Teile Deutschlands ja zutreffen, meint der Gerbitzer, aber nicht in seinem Ort. „Problem dabei ist, man wird erst umgestellt, dann merkt man, das es nicht geht, beschwert sich, dann sucht die Telekom nach einer Lösung und findet die auch - doch solange hat man weder Telefon noch Internet.
Das kann bis zu 14 Tagen dauern“, so Pitschkes Erfahrung. Das gehe in Sachen Hofladen gar nicht, macht er sich Sorgen. Für ihn steht fest: die Telekom macht am 10. April ernst. Und wenn bis dahin nichts in puncto Internetversorgung geschieht, dann sieht der Landwirt schwarz.
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Die technische Umschaltung erfolgt laut Telekom in den Vermittlungsstellen. Hier wird die Umschaltung der Anschlüsse jeweils nachts durchgeführt. In jeder Vermittlungsstelle müssen zwei Techniker zeitgleich die neue Verkabelung an der POTS-Karte aktivieren und bestehende alte Verbindungen trennen. Das dauert in der Regel jedoch nur wenige Sekunden. POTS-Karten, eine Kurzbezeichnung für Plain Old Telephony Service, werden in den Verteilern in den Vermittlungsstellen eingebaut. Wenn alle Daten in den IT-Systemen korrekt verbucht sind, ist der Kunde mit seinem Produkt in der IP-Welt angekommen und wieder erreichbar. Die Vorteile der IP-Welt sieht die Telekom in besserer Sprachqualität. (mz)