Im Gespräch mit Christoph Letkowski Im Gespräch mit Christoph Letkowski: Vom Salzland in die Welt
Leipzig/Groß Börnecke - Er ist mal Polizist im Tatort, fester Ermittler im Team der „Nachtschicht“, Pfleger im Film „Feuchtgebiete“ und spielte schon neben Christoph Maria Herbst in „300 Worte Deutsch“.
Christoph Letkowski ist nicht nur schauspielerisch eine Geheimwaffe, er verarbeitet seine Gedanken über die Welt auch musikalisch mit seiner Band „Von Eden“. Ihre aktuelle Tour führte die vier Jungs gerade durch Deutschland.
Obwohl die Bühne Letkowskis Zuhause ist, hat er bis heute seine Wurzeln im Salzlandkreis nicht vergessen und kommt auch immer wieder gerne hierher. Sein aktueller Kinofilm „Die Reste meines Lebens“ erscheint am 25. Mai und wurde gerade mit dem Fritz-Raff-Drehbuchpreis ausgezeichnet.
Als Freigeist überall aufgefallen
Drei Dinge, die er mit seiner Heimat in Verbindung bringt? Seine Antwort: „Frische Luft, Idylle und Abseits.“ Bewusst oder nicht, Letkowski spricht damit jenen aus dem Herzen, die ihrer Heimat Sachsen-Anhalt zumindest beruflich den Rücken gekehrt haben.
Letkowski ist in Halle geboren worden und in Groß Börnecke bei Staßfurt aufgewachsen. „Ich wusste ziemlich schnell, dass ich wegmusste“, sagt er. Ein Freigeist sei er gewesen und mit seiner Haltung überall aufgefallen.
Heute lebt er in Berlin und verdient seinen Lebensunterhalt überwiegend mit der Schauspielerei. „Ich traf immer zur richtigen Zeit die richtigen Menschen und hatte viel Glück“, sagt er.
Seinen ersten Kontakt zur Schauspielerei hatte er mit 18. „Meine damalige Freundin hat ein Stück geschrieben, das wir am Salzlandtheater aufgeführt haben“, sagt Letkowski.
„Um Schauspieler zu sein, musst du wissen, wer du bist. Du brauchst deine innere Mitte.“ Seiner Heimat verdanke er „über weite Strecken auch ein behütetes Aufwachsen. Es wäre härter gewesen, wenn ich in einer Stadt wie Berlin aufgewachsen wäre“, sagt er.
Von allem ein bisschen gekonnt
Über seine berufliche Laufbahn sagt Christoph Letkowski selbst: „Ich konnte immer alles ein bisschen und nichts richtig.“ Leistungssportler wollte er mal werden. Nachdem er in Staßfurt schon einige Zeit als Leichtathlet trainierte, wollte er in den Kader des SCM. Nach längerem Überlegen entschied er sich allerdings doch gegen eine Karriere im Sport.
Seine Liebe zur Musik entdeckte er früh. Mit zehn Jahren hat er von seinem Vater gelernt, Gitarre zu spielen. Über einen Freund kam er schnell mit Produzenten in Kontakt.
Nachdem er als Bühnenarbeiter im Babelsberger Filmpark begonnen hat, wurde er an der Leipziger Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ angenommen, wo sich für ihn bestätigte, dass die Schauspielerei kein Beruf, sondern seine Berufung ist.
Die Zeichen stehen auf Veränderung
Christoph Letkowski lebt ein Leben, das mit Risiken verbunden ist. In einer Stadt wie Berlin sei die Suche nach Schauspiel-Jobs nicht leicht. „Es ist nicht Los Angeles“, sagt er. Dennoch sei das Arbeiten von Veränderung geprägt.
„Ich habe meine Festanstellung an der Volksbühne gekündigt und wage den Schritt in die Selbstständigkeit“ sagt Letkowski. Die Berliner Volksbühne ist gerade bundesweit in den Schlagzeilen. Nach 25 Jahren beendet Frank Castorf seine Intendanz.
Was folgt, wird wohl Geschichte schreiben. Ein belgischer Museumsdirektor strukturiert das Haus um. Chris Dercon schlägt so viel Ablehnung entgegen wie wohl keinem Intendanten zuvor.
Auch Christoph Letkowski bedauert die Konsequenzen: „Nichts wird mehr so sein, wie wir es kennen. Das ist schade für die Volksbühne, denn sie galt als letzter zeitgenössischer, auch ein bisschen links orientierter und gesellschaftskritischer Bau – vor allem in Berlin-Mitte.“
Musik oder Schauspiel?
Wird sich der Wahl-Berliner irgendwann zwischen Musik und Schauspiel entscheiden? „Da gibt’s keine Entscheidung“, sagt Letkowski. „Ich entscheide mich immer für das, was gerade für mich wichtig ist, wo ich etwas zu sagen habe oder was mir gerade am Herzen liegt.“
Manchmal müsse er Prioritäten setzen. „Das ist eher eine Frage von Zeitmanagement.“ Momentan stecke der 34-Jährige viel Liebe und Herzblut in die Musik. Nach einigen veröffentlichten Liedern wie „Land in Sicht“ soll für die wartenden Fans bald ein Album folgen, das finanziert werden muss. „In der Schauspielerei gibt es einfach so viele Geschichten, die erzählt werden wollen. In unserer Band haben wir nichts außer uns selbst.“
Die Mitte gefunden
In einem Beruf wie der Schauspielerei gehe es vorrangig um Glaubwürdigkeit. Die hat man nur, wenn man weiß, wer man ist und woher man kommt. „Wenngleich ich nicht alles toll finde, was mir früher passiert ist oder wie die Situationen verlaufen sind, bin ich meiner Heimat dankbar“, sagt der geborene Salzländer.
Das Leben besteht seiner Meinung nach aus Veränderungen. „Und der Mensch hat Angst vor Veränderung“, sagt Letkowski.
Das zeigen auch die Ergebnisse der Landtagswahl 2016, von denen er schockiert war: „Ich dachte, ich falle vom Glauben ab“, sagt der 34-Jährige. „Ich war selbst Flüchtling. Meine Großeltern sind Flüchtlinge.
Die Probleme, die da von einigen Politikern aufgebauscht wurden, existieren in der Größenordnung in Sachsen-Anhalt teilweise gar nicht bzw. sind nicht spürbar, wenn man mit einer Stadt wie Berlin vergleicht.“
Es sei typisch, dass wir immer mehr wollen, und es uns immer besser gehen könnte. „Ich habe viel gesehen auf der Welt, und uns geht es eigentlich gut – auch in Sachsen-Anhalt“, sagt der Wahl-Berliner.
Seine Eltern haben ihn bei seinen mutigen Plänen immer unterstützt, sind selbst aber der Region treu geblieben. Sie haben sich „für den Aufbau Ost entschieden“, wie Letkowski witzelnd sagt. Heute führen sie gemeinsam eine Praxis in Groß Börnecke.
Doch was ist neben seinem Charisma das Geheimnis für seinen Erfolg? „Wenn man mit dem Kopf durch die Wand will, schafft man es nicht. Du musst nur bei dir bleiben und auf deinen Instinkt hören, dann kannst du viel erreichen“, sagt Letkowski. Sein Appell an alle, die einen Traum haben: „Leute, bewahrt euch euren Mut für alles und bleibt nicht stehen.“ (mz)