Frühjahrsputz Frühjahrsputz in Gatersleben: Müll sammelt sich

Gatersleben - Gudrun Mönke freut sich schon, bevor der Frühjahrsputz in Gatersleben überhaupt begonnen hat. „Ich habe das vor zwei Jahren mit der Schule angeschoben, im vergangenen Jahr stießen weitere Helfer dazu. Und wenn ich heute schaue, wie viele Einwohner hier anpacken, dann dürfen wir stolz auf den Ort sein“, findet die Wissenschaftlerin, die auch im Ruhestand aktiv bleibt.
„Wir kehren quasi an unseren alten Arbeitsplatz zurück, denn wir ehemaligen IPK-Mitarbeiter werden am südöstlichen Selke-Ufer vom IPK bis zur Kläranlage für Sauberkeit sorgen“, erläutert sie und greift mit dem pensionierten Bakteriengenetiker Jürgen Hofemeister zu den Müllsäcken.
Straffe Organisation ist das A und O dieses Sonnabends. Gerhard Steinborn, einst Beauftragte für Biologische Sicherheit am IPK, hat eine Prioritätenliste erarbeitet: Zwölf Schwerpunkte sind darauf verzeichnet, aufgeschlüsselt nach Personenbedarf und Ablageorten des gesammelten Unrates. Steinborn belehrt gleichzeitig alle, damit die Verschönerungsaktion ohne Schnittverletzungen oder Kollisionen über die Bühne geht.
Der Müll sammelt sich
Ortsbürgermeister Mario Lange zeigt sich begeistert von der Schar der Gaterslebener, die hier quer durch alle Altersgruppen und fast die komplette Vereinslandschaft zu Müllsäcken, Harken, Sammelkrallen und Eimern greifen. „Ich hoffe, dass die bereitstehenden Container groß genug sind. Schließlich soll der Müll schnell aus der Gaterslebener Flur und aus der Selke verschwinden.“
Zwei Container mit sieben Tonnen Fassungsvermögen sind schließlich nach vier Stunden gefüllt. Doch haben einige Frühjahrsputzer schon etwas Mitleid mit den zehn Mitgliedern des Anglervereins Gatersleben, die in ihren Wathosen in die Selke steigen. Sie wissen am besten, „wo illegal aller möglicher Mist in die Selke geflogen ist“.
Mittags, als gegen 13 Uhr die letzten Helfer nach Hause gehen, stapeln sich allein zwölf Säcke am Flussufer. Nicht nur am Wehr verfing sich der Unrat. Was nicht immer nur Gaterslebener Abfall ist. Rein strömungstechnisch leidet der Ort darunter, dass sich hier die Fließgeschwindigkeit verringert, so dass sich in Gatersleben der Müll ansammelt, der aus Hoym und den anderen Anliegerorten oberhalb des Flusses flott weggespült wurde.
Weitere „Tatort-Reiniger“
Während der Sportverein Saxonia rund um sein Stadion einen eigenen Container füllt, macht sich Karnevalistin Marita Nix mit ihrer Garde zum Feldweg an der Biogasanlage auf. Weitere „Tatort-Reiniger“ finden sich entlang des Radweges R1 ab den Fischteichen bis hin zur Unterführung der B6n-Brücke.
Bis ans letzte Ende der Gaterslebener Gemarkung verschlägt es Eckhard Denzin, den Vorsitzenden des Fördervereins Seeland. „Gatersleben zählt zu Seeland, da ist es doch klar, dass wir mit anpacken, wenn es schöner aussehen soll“, findet der Elektriker. „Wir sind quer durchs Seeland unterwegs, um das Image des Sees und der Anliegerorte aufzupolieren. Kommenden Sonnabend trifft man uns dann auch beim Frühjahrsputz in Hoym.“
Der pädagogische Effekt
Unter den Aufräumern befindet sich auch Linda-Sophie Gebbert. Die Zwölfjährige betont, dass sie ihre Eltern nicht zum Großreinemachen getrieben haben. „Ich finde einfach, in einem schönen Ort lebt es sich angenehmer“. Oft noch jünger als sie sind die fleißigen Helfer von der Kinder- und Jugendfeuerwehr. Sie sind gleich in großer Besetzung ausgerückt.
Jugendfeuerwehrwart Manfred Krabiell rückt mit zehn Mitgliedern, seine Stellvertreterin Kristin Kayka mit sieben Kinderfeuerwehrleuten aus. Noch am Freitag absolvierten sie ihre reguläre Ausbildung im Depot, am Sonnabendvormittag sind das Bahnhofsumfeld, die Albertstraße und der Heckenteich ihr Ziel. „2015 haben wir die Selke mit beräumt. Da haben wir uns schon gewundert, was da alles weggeworfen wird. Selbst ein Kinderroller war dabei“, erinnert sich Kristin Kayka.
Die Oberfeuerwehrfrau sieht in der Aktion der Kinderfeuerwehr durchaus einen pädagogischen Effekt. „Wenn das unsere Schützlinge erleben, entwickeln sie ein ganz anderes Verhältnis zur Umwelt und werden die Umgebung nicht verschmutzen.“
Vier Fahrzeuge, eins vom Bauhof, eins vom Seeland-Förderverein und zwei private, rückten am Sonnabend an, um den aufgesammelten, abgefischten und aus den Wäldchen am Ortsrand gezogenen Müll abzufahren. Bürgermeister Lange kommt ins Grübeln, wenn er dessen Zusammensetzung betrachtet.
„Ich bin heilfroh, dass wir in diesem Jahr nicht wie 2015 auf gefährliche Umweltgifte gestoßen sind. Doch was zugenommen hat: Es wurde viel Bauschutt in der Landschaft verkippt. Sperrmüll landet statt bei der Sammlung im Wald. Einige Bürger scheinen die entlegendsten und schwer erreichbaren Stelle zu suchen, um ihr Zeug abzukippen statt es auf den Wertstoffhof zu bringen.“
„Den Leuten den Dreck hinterher geräumt“
Die fleißigen Helfer klaubten zudem den Grünschnitt zusammen, der unmittelbar neben der Straße und auf den Feldwegen der Gemarkung verteilt wurde. „Warum kann das nicht zur Verwertung bis nach Wilsleben gefahren werden“, fragen sich die Zusammenkehrer.
Dass 70 Gaterslebener - von den Sportlern bis zu den Mitgliedern des Kulturfördervereins den Sonnabend zum Putztag gemacht haben, stimmt den Ortsbürgermeister schließlich optimistisch. „Aber kritisch anmerken muss man schon, dass dieser Frühjahrsputz eigentlich die Verschönerungsarbeiten beinhalten sollte, die der arg beanspruchte Bauhof nicht ausführen kann. Leider haben wir hauptsächlich wieder den Leuten den Dreck hinterher geräumt, der die Gemarkung verschandelt“, so Mario Lange. (mz)
