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Elektrohaus Kämmerer in Könnern Elektrohaus Kämmerer in Könnern: Auch an Sonn- und Feiertagen unterwegs zu Kunden

Von Carsten Roloff 29.03.2017, 06:45
Die Reparatur von Waschmaschinen jeder Art und jeden Typs stellt für Victor Maier (links) und Heinz Kämmerer kein Problem dar.
Die Reparatur von Waschmaschinen jeder Art und jeden Typs stellt für Victor Maier (links) und Heinz Kämmerer kein Problem dar. Engelbert Pülicher

Könnern - Er könnte sich eigentlich längst zur Ruhe setzen. Schließlich hat er schon 67 Jahre auf dem Buckel. Doch Heinz Kämmerer liebt seinen Beruf, ist immer noch mit Leib und Seele Elektriker und erfüllt seit dem 1. Juli 1990, an dem Tag, als in den neuen Bundesländern die D-Mark eingeführt wurde, die Wünsche seiner Kundschaft in Könnern.

„Es war der Wunsch meiner Mutter, dass ich den Beruf des Elektrikers erlerne“, erzählt Kämmerer, der nach seinem Meisterabschluss im Kreisbetrieb für Landtechnik in Ilberstedt noch Lehrmeister wurde und bis zur politischen Wende die Schüler der siebenten und achten Klasse im Ausbildungszentrum in Bernburg im Fach Produktive Arbeit unterrichtete.

Bei seinem Stammbaum hatte Kämmerer eigentlich auch fast gar keine andere Möglichkeit, als den Beruf des Elektrikers zu wählen. Sein Großvater Wilhelm Kämmerer, der vor mehr als 100 Jahren als Klempner und als Elektriker im neu errichteten Könneraner Elektrizitätswerk gearbeitet hatte, erkannte zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Zeichen der Zeit und machte sich mit seinen damaligen Kollegen Buchmann und Thiele selbstständig. Im Jahr 1902 eröffnete Wilhelm Kämmerer senior in Könnern eine Elektrofirma an der Marktstraße. „Mein Opa hat damals nicht nur auf die aufstrebende Elektrotechnik gesetzt, sondern auch Kochtöpfe, Lampen und Fahrräder verkauft“, berichtet der jetzige Firmeninhaber.

Seit dem 26. August 1930 - nach dem Abriss zweier kleiner Bauerngehöfte - ist das Geschäft an der heutigen Rudolf-Breitscheid-Straße beheimatet. Es wurde damals auf Initiative vom Großvater und Wilhelm Kämmerer junior, dem Vater von Heinz Kämmerer errichtet, der 1939 eingezogen wurde und erst nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges im Herbst 1945 in seine Heimatstadt zurückkehren konnte.

Auch während des Krieges ging es weiter

„In den sechs Kriegsjahren haben mein Opa Wilhelm, meine Oma Luise und meine Mutti Elfriede die Firma weitergeführt“, erinnert sich Heinz Kämmerer zurück, der im Alter von nur elf Jahren 1962 seinen Vater verlor. „Nach dem Tod meines Vaters hat meine Mutter noch knapp drei Jahre das Geschäft geleitet, aber dann 1965 an den Konsum abgegeben. Ich hätte mir schon gewünscht, dass mein Vater etwas länger gelebt hätte, um mir viele Sachen von ihm abschauen zu können. Das habe ich in meiner späten Kindheit schon vermisst.“

Trotzdem hat der Könneraner auch ohne die Unterstützung seines Stammhalters geradlinig seinen Weg gemacht, obwohl ihn die Wende überraschte. „Damit hatte ich wirklich nicht gerechnet. Nach der Auflösung des Schulsystems der ehemaligen DDR bin ich auf ein Inserat in der Zeitung vom Einkaufsverband Expert aufmerksam geworden und habe mich dort angemeldet“, berichtet Kämmerer.

1991 Abschluss als Elektromeister

Da seine Vorfahren den Grundstock gelegt hatten und der Elektromeister, der 1991 seine Handwerks-Meisterprüfung erfolgreich ablegte, auch das ehemalige Geschäftsgebäude unproblematisch wieder erhielt, stand der Selbstständigkeit nichts mehr im Weg.

Bis 1999 war Kämmerer stiller Teilhaber des Einkaufsverbands Expert. „Dann habe ich selbst gekündigt. Die wurden immer größer, ich war einfach zu klein. Das kann auf Dauer nicht gut gehen“, sagt der Elektromeister, der seit 2002 mit dem jetzt 32-jährigen Victor Maier einen zweiten Mann an seiner Seite hat. Sein Partner fing damals als Praktikant an, doch sein Meisterbrief hängt jetzt neben denen des Kämmerer-Trios. „Wir verstehen uns trotz des Altersunterschieds sehr gut. Ich war schon immer handwerklich begeistert. Die Arbeit macht mir großen Spaß“, sagt Maier, obwohl der Job wahrlich kein Zuckerschlecken ist.

Reparaturen und Verkauf von Haushaltsgeräten

Das Duett kämpft sich seit Jahren durch, um sich auf dem Markt zu behaupten und bietet dafür ganz individuelle Dienste an. Täglich, auch an Sonn- und Feiertagen, sind Kämmerer und Maier von 0 bis 24 Uhr für ihre Kunden über Telefon, E-Mail oder Anrufbeantworter erreichbar und einsatzbereit. Das Spektrum des Services umfasst Reparaturen von Waschmaschinen, Wäschetrocknern, Geschirrspülern, Elektroherden sowie Kühl- und Gefrierschränken, Elektroinstallationen jeder Art sowie den Verkauf.

„Wenn wir nur auf den Verkauf gesetzt hätten, wären wir schon lange weg vom Fenster“, meint Heinz Kämmerer, der mit seinem Kompagnon zu den Auftraggebern fährt. Neben dem Salzlandkreis ist das Duo auch in Anhalt-Bitterfeld, im Saalekreis sowie im Harz unterwegs und erfüllt auch ganz spezielle Wünsche. Für einen blinden Kunden haben sie beispielsweise das Waschmaschinenprogramm in einer speziellen Tastatur angebracht.

Nischen suchen  für die Zukunft

„Wir müssen Nischen suchen und finden, um zu überleben und schauen immer nach vorn. Mit einer Portion Gottvertrauen kommen wir vorwärts“, lautet das Lebensmotto von Kämmerer, dessen großes Hobby die Hege des Wildes ist. Seit 1991 ist er Mitglied im Könneraner Schützenverein 1792 und seit 1993 ebenfalls Mitglied im Hegering Aderstedt.

Wann der 67-Jährige sich zur Ruhe setzt, ist noch offen. Die Frage nach seinem Nachfolger hat der Elektromeister jedoch schon geklärt. Victor Maier wird eines Tages das Geschäft übernehmen. (mz)

Ein Schnappschuss vom Elektrohaus Kämmerer, das in Könnern im Jahr 1930 erbaut wurde, kurz nach seiner Eröffnung.
Ein Schnappschuss vom Elektrohaus Kämmerer, das in Könnern im Jahr 1930 erbaut wurde, kurz nach seiner Eröffnung.
Otto Andrae