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Denis Neumeister Denis Neumeister: Nienburgs Metronom

Von Tobias Grosse 28.11.2015, 09:03
Denis Neumeister ist ein extrovertierter junger Mann. Und einer der wichtigsten Bausteine im Team des 1. FSV Nienburg.
Denis Neumeister ist ein extrovertierter junger Mann. Und einer der wichtigsten Bausteine im Team des 1. FSV Nienburg. Tobias Grosse Lizenz

Nienburg - Die Haare sind auffällig nach oben gestylt, der linke Arm bis zum Handgelenk tätowiert. Dazu trägt er die Nummer 53 auf dem Rücken. Wenn man Denis Neumeister auf dem Fußballplatz beobachtet, sieht man einen extrovertierten, jungen Mann. Solche Dinge, die im Profi-Geschäft Statussymbole sind, werden im Amateurfußball aber meist mit Argusaugen betrachtet. „Den einen oder anderen Spruch gibt’s manchmal, weil ich einen anderen Haarschnitt habe“, sagt Neumeister. Es klingt Gleichgültigkeit durch. Es scheint ihn einfach nicht zu interessieren: „Ich kann ja nicht in die Köpfe anderer schauen.“

Dabei erklärt sich alles so leicht. Die Tätowierungen sind eine Leidenschaft: „Ich finde Tattoos einfach gut“, sagt Neumeister. Und die Rückennummer 53? „Ich bin Dynamo Dresden-Fan, und 1953 ist das Gründungsjahr.“ Denis Neumeister macht es nicht des Auffallens wegen. Er weiß aber auch, dass er mit seinem Erscheinungsbild polarisierend wirkt: „Man hat sich schon einen Namen gemacht“, sagt er.

Lässig zu sein, birgt Desinteresse?

Und wenn Denis Neumeister dann Fußball spielt, unterstreicht es den ersten Eindruck. Es hat schon etwas Spezielles, wenn er über den Platz schlurft, als wolle er bloß nicht zu viel Aufwand betreiben. In seinem Spiel schwingt manchmal eine besondere melancholische Eleganz mit, die mit dem Wort „Lässigkeit“ nur unzureichend beschrieben ist. „Das wird mir schon immer nachgesagt“, meint er.

Schwarz-Gelb Bernburg geht als Spitzenreiter in den 14. Spieltag der Landesklasse Staffel vier. Die Mannschaft von Trainer Torsten Lange hat am vergangenen Wochenende durch einen 2:0-Erfolg gegen die SG Eisdorf die Tabellenführung übernommen, hat mit 28 Zählern zwei Punkte Vorsprung vor einem Verfolgertrio (Emseloh, Kelbra, Nietleben). Am Sonnabend gastieren die Roschwitzer nun beim Reideburger SV. Der Aufsteiger belegt derzeit den elften Rang.

Lässig zu sein, birgt auch immer ein gewisses Desinteresse, das Denis Neumeister auf dem Fußballplatz aber nicht hat. „Ich gehe an kein Spiel locker heran“, versichert er, „sondern versuche, immer alles zu geben.“ Beim 1. FSV Nienburg, für den der 27-Jährige seit Anfang des Jahres spielt, zählt er zu den Leistungsträgern, bildet mit Tobias Donath und Tony Adam das zentrale Mittelfeld, das Herzstück des Aufsteigers. Neumeister ist darin der Sechser, „Kämpfer und Antreiber“ nennt er seine Rolle. Vor der Abwehr fühlt er sich wohl, ist um Ausgeglichenheit in seinem Team bemüht, mit Gewandtheit und für Landesklasse-Verhältnisse traumwandlerisch sicherer Ballkontrolle. Denis Neumeister ist Nienburgs Metronom, er gibt den Rhythmus vor, ruhig und gleichmäßig.

Dass er aktuell „nur“ in der Landesklasse spielt, wirkt bei all dem unverständlich. Wenn Denis Neumeister zurückblickt, sagt er: „Ich hätte mir schon mehr gewünscht“, und kommt dabei immer wieder auf eine Station zurück: Die TSG Calbe. Neumeister war jung, dennoch Stammspieler und mit Calbe Herbstmeister in der Landesliga-Saison 2008/09. Urplötzlich verabschiedete sich allerdings Trainer Christian Kehr zum Schönebecker SC. Calbe rutschte ab auf Platz vier. „Es war für die ganze Mannschaft ein Schlag“, besonders aber für Denis Neumeister. „Er war sehr wichtig für meine Entwicklung“, sagt er, „und hat mir auch geholfen, wenn ich private Probleme hatte.“

Neumeisters Entwicklung tat es allerdings keinen entscheidenden Abbruch. Er schien zu Höherem berufen, wechselte 2011 zum TV Askania Bernburg. Verbandsliga. „Und es lief anfangs gar nicht schlecht“, erinnert er sich. Neumeister war in der Vorbereitung Stammspieler, saß in den Punktspielen plötzlich draußen. Dass es Unstimmigkeiten mit dem damaligen Askania-Trainer Heiko Böhler gab, gibt er ganz offen zu: „Wir sind uns nicht grün geworden.“ Nach einem halben Jahr ging er zurück nach Calbe, Anfang 2013 nochmals zum TV Askania. „Da hat es aber einfach arbeitsbedingt nicht funktioniert“, sagt er heute. Neumeister ist beim Rettungsdienst, arbeitet in Schichten. „Auch zur Zeit kann ich kaum regelmäßig trainieren.“

„Das ist anders als früher“

Dem 1. FSV Nienburg merkt man das an. „Wir haben einige, die in Schichten arbeiten“, sagt Neumeister, „sich einzuspielen ist schwierig.“ Die Mannschaft, die am Sonnabend (14 Uhr) Eintracht Osterwieck empfängt, steht dennoch gut da, ist Dritter, bekommt aber zu viele Gegentore: 26 in zwölf Spielen sind es bisher. „Wir sind aber auch relativ offensiv eingestellt“, verteidigt Neumeister. Dazu kommen Verletzungsprobleme einiger Defensivspieler. Denis Neumeister hat aber noch ein weiteres Kriterium ausgemacht. „Wir sind auch im Training zu unkonstant. Vielleicht fehlt bei einigen jungen Spielern der unbedingte Wille“, sagt er, „das ist anders als früher.“ Es sind Aussagen, die polarisieren könnten. (mz)