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Ärger wegen Sperrmüll Ärger wegen Sperrmüll in Grimschleben bei Nienburg Saale: Ein Gerümpelhaufen, drei Fahrzeuge, vier Termine

Von Torsten Adam 11.05.2019, 12:56
Der KWB hat angekündigt, den Sperrmüllhaufen von Burkhard Thiem (links) am 27. Mai abzufahren. Das danebenliegende Gerümpel von Werner Neumeister soll bis 11. Juni liegen bleiben.
Der KWB hat angekündigt, den Sperrmüllhaufen von Burkhard Thiem (links) am 27. Mai abzufahren. Das danebenliegende Gerümpel von Werner Neumeister soll bis 11. Juni liegen bleiben. Engelbert Pülicher

Grimschleben - „Das ist doch ein Witz, oder?“, sagt Burkhard Thiem grübelnd beim Blick auf zwei Postkarten des Kreiswirtschaftsbetriebes (KWB). Er hatte ebenso wie sein Nachbar Werner Neumeister zwei Häuser weiter die Abholung von Sperrmüll beantragt.

Der KWB teilte den beiden Grimschlebenern nun mit, dass der eine Haufen am 27. Mai abgefahren wird, der andere am 11. Juni. Thiem kann das nicht fassen, hält das Ganze für einen Schildbürgerstreich. „Das hat doch mit effektiver Arbeit nichts zu tun“, sagt er der MZ.

„Dass dieselbe Straße mehrmals im Jahr angefahren wird, ist Tagesgeschäft“, sagt KWB-Leiter Ralf Felgenträger 

KWB-Leiter Ralf Felgenträger stört sich indes daran nicht. „Dass dieselbe Straße mehrmals im Jahr angefahren wird, ist Tagesgeschäft“, sagt er und begründet das damit, dass die Sperrmüll-Anmeldekarten nach Eingangsdatum einer Abfuhrtour zugeordnet werden.

„Das bedeutet im Konkreten, dass die zuerst eingegangene Karte mengenmäßig gerade so in die Tour am 27. Mai gepasst hat. Die zweite Anmeldung hätte aber das geplante Maß überschritten und ist daher der Tour am 11. Juni zugeordnet wurden“, so Ralf Felgenträger.

Sven Kohls hatte 15 Teile angemeldet, seine Nachbarn links und rechts stellten etwas dazu

Die drei Fahrzeuge des KWB werden dann binnen zwei Monaten insgesamt viermal die kleine unbefestigte Seitenstraße in Grimschleben angefahren haben. Denn der Fall hat eine Vorgeschichte. Eigentlich hatte Sven Kohls 15 Teile zur Abholung angemeldet. Tatsächlich lagen am 17. April deutlich mehr auf dem Grünstreifen vor seinem Haus.

Auch weil seine Nachbarn links und rechts etwas dazugestellt hatten. Die KWB-Mitarbeiter machten Beweisfotos, ließen alles liegen und fuhren wieder davon.

Auf Nachfrage erhielt Sven Kohls die telefonische Information, dass jedem Haushalt nur zwei Kubikmeter zustünden. Diese Falschauskunft hatte bereits vor anderthalb Jahren in Gerbitz eine Familie bekommen. Laut Entsorgungssatzung beziehen sich die zwei Kubikmeter Sperrmüll auf jede im Haushalt lebende Person, die zweimal jährlich eine solche Menge kostenlos abholen lassen kann.

Laut Satzung werden zwei Kubikmeter Sperrmüll pro Person im Haushalt gratis abgeholt - und nicht „nur“ zwei Kubikmeter pro Haushalt

Ralf Felgenträger hatte gegenüber der MZ eingeräumt, dass üblicherweise nur zwei Kubikmeter pro Haushalt abgefahren werden und für Haushaltsauflösungen ein Container zum Preis von 57 Euro bereitgestellt wird.

Allerdings liegt es gar nicht im Ermessen des KWB, die Satzung nach eigenem Gusto auszulegen. Denn sie lässt keinerlei Interpretationsspielraum. Die Frage, die sich daraus ergibt: Wie viele Familien sind durch Falschauskünfte bislang dazu gedrängt worden, Geld für einen Container auszugeben?

Die Zahl der Betroffenen ist ungewiss. Es dürfte sich vorwiegend um größere Haushalte handeln. Denn dass beispielsweise bei einer sechsköpfigen Familie mehr Sperrmüll anfällt als bei Alleinlebenden liegt auf der Hand.

Die Frage ist: Wie viele Familien haben durch die Falschauskünfte bisher Geld für Container bezahlt?

Auf der MZ-Facebookseite schildert eine Leserin ähnliche negative Erfahrungen. Und ein anderer Leser kritisiert: „Vom Bürger wird verlangt, dass alles genau nach Satzung geht, und selbst halten sie sich nicht daran. Ist natürlich kosteneffizienter, einen Container verkaufen zu wollen.“

Sven Kohls separierte jedenfalls nach Rücksprache mit dem KWB seinen großen Haufen und teilte sie auf seine Nachbarn links und rechts auf. Eigentlich wäre das aber gar nicht notwendig gewesen, da bei einer nochmaligen vollständigen Anmeldung aller Teile eine einzige Abfuhr genügt hätte.

Denn mit Frau und zwei Kindern hat der Grimschlebener Anspruch auf acht Kubikmeter. Stattdessen holte der KWB zunächst seinen Haufen ab, um nun am 27. Mai und 11. Juni nochmals in der Thomas-Müntzer-Straße des 70 Einwohner zählenden Minidorfes aufzukreuzen.

Haben Sie, liebe Leser, ebenfalls einen kostenpflichtigen Container bestellen müssen, weil der KWB weniger Sperrmüll abgefahren hat, als Ihnen rechtlich zugestanden hätte? Dann melden Sie sich bitte per E-Mail an [email protected] oder unter Telefon 03471/6 52 02 13. Die Redaktion sammelt die Fälle. (mz)