Anita Werner Anita Werner aus Giersleben ist seit 60 Jahren Frau Pastorin: Jubiläum in der Verbandsgemeinde Saale-Wipper

Giersleben - Der Wirbel um ihre Person ist Anita Werner sichtlich unangenehm. Dass nun auch noch die Presse da ist, um über ihr mittlerweile seit 60 Jahren anhaltendes Schaffen als Pastorin in Giersleben zu berichten, ist ihr ebenso wenig geheuer.
„Na, was soll ich denn schon sagen? Ich mache einfach meine Arbeit!“ Dabei ist es natürlich schon etwas sehr Besonderes, so ein 60-jähriges Berufsjubiläum. Ein Jubiläum, das durchaus selten ist.
Obwohl Anita Werner längst in Rente ist, kümmert sie sich weiterhin um Gemeindemitglieder
Denn obwohl Anita Werner mit ihren 89 Jahren längst im Rentenalter ist, bleibt sie der Kirchengemeinde in Giersleben treu, hält Gottesdienste, besucht Gemeindemitglieder und hat stetig ein offenes Ohr für die Sorgen, Belange und Geschichten „ihrer“ Gierslebener. Nebenbei kümmert sie sich noch um den Garten am Pfarrhaus und hält Kontakt zu vielen ehemaligen Wegbegleitern.
Ihr zu Ehren findet deshalb am Sonntag, 15. September, 14 Uhr, ein Festgottesdienst in der Gnadenkirche in Giersleben statt, zu dem auch Joachim Liebig, Kirchenpräsident der Anhaltischen Landeskirche, erwartet wird.
Dass die inhaltliche Gestaltung des Festgottesdienstes in den Händen der Gierslebener Kirchengemeinde liegt, federführend bei der zuständigen Pfarrerin Renate Lisock, schmeckt Anita Werner gar nicht so richtig. „Das ist schon ganz schön viel Trubel um meine Person. Und ich weiß ja gar nicht, was mich da erwartet“, sagt sie ganz bescheiden.
Kirchengemeinde richtet einen Festgottesdienst zu Ehren von Anita Werner aus
Als Anita Werner am 16. September 1959 nach Giersleben kommt, ahnt sie, dass das ihr Leben verändern würde. „Neun Jahre habe ich auf eine Pfarrstelle gewartet“, erinnert sie sich und weiß noch immer, wie sehr sie sich gleich für Giersleben und die Bürger begeistern konnte.
„Für Frauen war es damals alles andere als selbstverständlich auf der Kanzel zu stehen. Ein entsprechendes Gesetz, dass das möglich machte, wurde erst kurz zuvor - nämlich 1958 - erlassen“, erzählt Anita Werner von den Anfängen. Damals gehört sie zu den ersten Frauen in dem Amt. „Sie ist auf jeden Fall die erste Frau innerhalb der evangelischen Landeskirche Anhalt“, weiß Pfarrerin Renate Lisock.
Einem Kirchenpräsidenten aus Dessau hat es Anita Werner zu verdanken, dass sie seit den späten fünfziger Jahren in Giersleben ihren Lebenstraum mit Inhalt füllen kann. „Er reiste damals mit mir durch Sachsen-Anhalt, um eine passende Pfarrstelle für mich zu finden. Er wollte mir die Wahl lassen.
Doch so richtig gefiel mir am Anfang nichts“, erinnert sie sich mit einem Schmunzeln. Erst die Ehefrau des damaligen Kirchenpräsidenten bringt den entscheidenden Tipp: „Gib ihr doch Giersleben!“, empfiehlt sie ihrem Mann.
„Das, was seine Frau damals gesagt hat, waren Worte Gottes“, ist Anita Werner überzeugt. Und nach einer Probepredigt hat sich Anita Werners gutes Gefühl bestätigt. „Ich habe es in Giersleben nicht eine Minute bereut. Hier habe ich das große Los gezogen“, freut sie sich.
„Pastorin sein ist kein Beruf, sondern eine Berufung“, sagt Anita Werner
Seitdem hat sie ihre Aufgabe als Pastorin nicht nur erfüllt, sondern so mit Leben gefüllt, dass sie auch nach dem Enden des Beschäftigungsauftrages wie selbstverständlich weiter macht. „Pastorin sein ist kein Beruf, sondern eine Berufung“, ist ihr Credo, das sie selbstbewusst vertritt.
„Anita Werner ist mit so einer Selbstverständlichkeit für die Bevölkerung da, das ist schon bemerkenswert“, sagt Renate Lisock, die seit 2001 für die Gierslebener Kirchengemeinde zuständig ist. „Sie hält tolle, mitreißende Predigten und bringt sich sehr gut in die Nachwuchsarbeit ein.“
Renate Lisock und Anita Werner agieren seit vielen Jahren gemeinsam in Giersleben. Während Pfarrerin Lisock sich federführend den verwalterischen Aufgaben widmet, ist Anita Werner für die Menschen im Ort noch immer die „Frau Pastorin“, wie die Mitglieder des Gemeindekirchenrates während ihrer Sitzung berichten. „Wir sind froh, dass sie da ist“, schließen sie an.
(mz)