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Zoff um teure Nachhilfe Zoff um teure Nachhilfe: Warum ein Institut gegen Elite-Gymnasium in der Börde vorgeht

Von Hagen Eichler 10.01.2019, 09:00
Das private Elite-Gymnasium Pierre Trudeau in Barleben
Das private Elite-Gymnasium Pierre Trudeau in Barleben Thomas Kohlrausch/CC BY-SA 3.0

Magdeburg - Über Bildung gibt es die Sätze aus Sonntagsreden: Dem Guten und Wahren soll sie dienen, ohne direkten Zweck, zum Wohl der gesamten Gesellschaft. Das, was Kinder lernen, lässt sich aber auch ganz anders bilanzieren: in Euro. Das hat ein Prozess am Landgericht Magdeburg belegt.

Als Kontrahenten traten am Mittwochnachmittag auf: eine der renommiertesten Schulen Sachsen-Anhalts, das private Gymnasium Pierre Trudeau der Stiftung Ecole in Barleben (Landkreis Börde) - und ein Nachhilfeinstitut aus dem Nachbarstädtchen Wolmirstedt.

Das „Lernzentrum Schlaumeier“ sieht sich durch eine E-Mail schwer geschädigt. Mit ihr hatte das Gymnasium die Eltern der eigenen Schüler gewarnt. „Schlaumeier“, hieß es da, habe nicht einmal eine informierende Webseite, könne auch nicht nachweisen, dass seine Beschäftigten richtige Lehrer seien. Es sei ein „unseriöses Unternehmen“, schrieb Schulleiter Michael Kleinen.

Einträgliches Geschäft

Durfte er das? Lässt sich der Fall mit dem Wettbewerbsrecht beurteilen, sind also die Schule und das Nachhilfeinstitut Konkurrenten? Das musste die Handelskammer unter Vorsitz von Caroline Limbach beurteilen. Das Geschäft mit Nachhilfe ist jedenfalls einträglich, wie sich zeigte. Nach der harschen E-Mail seien zehn Nachhilfeschüler abgesprungen, sagte der Anwalt des Klägers. 2500 Euro Gewinn sei dadurch entgangen – pro Schüler, Streitwert also 25.000 Euro.

Für seinen Mandanten forderte er eine Unterlassungserklärung. Die umstrittene E-Mail hatte jedoch eine Vorgeschichte, berichtete Ecole-Direktor Kleinen der MZ bereits vor der Verhandlung. Unter anderem habe ein „Schlaumeier“-Mitarbeiter eine Lehrerin des Gymnasiums unfair für das Scheitern eines Schülers verantwortlich gemacht.

Das Verhältnis von Schulen zu Nachhilfe-Anbietern ist kein störungsfreies. Manche Lehrer nehmen die privat bezahlten Extrastunden achselzuckend hin, andere kritisieren sie als Geschäftemacherei. Kommen Schüler im Unterricht nicht mit, kratzt das bei Pädagogen an der Ehre - zumindest bei den guten. „Unser Bestreben ist es, den Unterricht so zu leisten, dass keine Nachhilfe nötig wird“, sagt etwa Thomas Dölle, stellvertretender Schulleiter am halleschen Elisabeth-Gymnasium.

Recht auf freie Meinung?

Der Bundesverband der Nachhilfe- und Nachmittagsschulen kennt viele Beispiele für Hakeleien. Er rät jedoch allen Instituten, offenen Streit mit Schulen zu vermeiden. Mit Blick auf den Fall in der Börde sagte Verbandschefin Cornelia Sussieck: „Ich hätte die Zähne zusammengebissen und geschwiegen. Unter Konflikten leiden nur die Schüler.“ Dass nun ein Streit vor Gericht landet, ist auch für das Bildungsministerium in Magdeburg ungewöhnlich.

Im Landgericht nimmt die Vorsitzende Richterin die Streitparteien ins Gebet. Der Fall sei keineswegs eindeutig, der Vorwurf der Unseriosität möglicherweise vom Recht auf Meinungsäußerung gedeckt. „Das spricht sehr dafür, sich zu einigen.“ So tun es beide Seiten schließlich: Die Schulleiter nehmen ihr Urteil „unseriös“ in einer weiteren E-Mail an die Eltern zurück, die Gerichtskosten teilen sich beide Seiten. Das „Lernzentrum Schlaumeier“ hofft, dass die Geschäfte nun wieder anlaufen. (mz)