1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Sachsen-Anhalt
  6. >
  7. Zeckensaison in Sachsen-Anhalt: Fälle von Borreliose nehmen zu - Schutzmaßnahmen und Risiken

Mehr Fälle von Borreliose Zeckensaison in Sachsen-Anhalt: Wo die Blutsauger nun lauern

Die Zahl von Borreliose-Fällen in Sachsen-Anhalt steigt seit Jahren. Auch andere Krankheiten werden von Zecken übertragen. Wie die Infektionslage aktuell ist – und welche Gefahr bei einem Stich der Tiere tatsächlich droht.

Von Matthias Müller Aktualisiert: 26.07.2024, 13:06
Zecken können unter anderen Borreliose übertragen. Für das Entfernen sind daher einige wichtige Hinweise zu beachten, sagen Experten.
Zecken können unter anderen Borreliose übertragen. Für das Entfernen sind daher einige wichtige Hinweise zu beachten, sagen Experten. (Foto: dpa)

Halle/MZ. - Die Sommerzeit ist einer der Schwerpunkte für Fälle von Erkrankungen wie der Hirnhautentzündung FSME, die von Zecken übertragen werden können. In Sachsen-Anhalt gibt es dabei sogar Gebiete mit besonders hohem Risiko. Doch wie viele Menschen sind dieses Jahr daran bereits erkrankt? Und wie kann man sich schützen. MZ-Wissenschaftsredakteur Matthias Müller fasst dazu das Wichtigste zusammen:

Wie viele Menschen werden in Sachsen-Anhalt nach Zeckenbissen krank?

Die Fallzahlen von Lyme-Borreliose, einer der wichtigsten durch Zecken übertragenen Infektionskrankheiten, steigen im Bundesland seit Jahren an. Waren es 2020 hier noch 504 registrierte Fälle, so zählte man 2022 schon 697 und 2023 sogar 942 registrierte Fälle, so das Landesamt für Verbraucherschutz. Auch dieses Jahr wurden, Stand Mitte Juli, bereits 343 Borreliose-Fälle registriert, die meisten davon im Landkreis Börde (92), im Salzlandkreis (72) sowie im Jerichower Land (44).

Lesen Sie auch: Zecken-Saison in Sachsen-Anhalt: Wie gefährlich sind die Tiere wirklich?

Wie hoch ist das Borreliose-Risiko nach einem Zeckenstich?

Grundsätzlich gilt: Die Gefahr nach einem Zeckenstich, so der von den meisten Wissenschaftlern anstelle von „Biss“ verwendete Begriff, ist eher gering. Bei Untersuchungen wurde laut Robert Koch-Institut (RKI) bei 2,6 bis 5,6 Prozent der Betroffenen eine Borrelien-Infektion nachgewiesen.

Lesen Sie auch: Zeckenplage in Ostdeutschland: Riesenzecke geht aktiv auf Jagd - Starker Anstieg von Krankheiten

Und ein noch kleinerer Teil der Infizierten zeigt danach Symptome. Insgesamt sei bei nur 0,3 bis 1,4 Prozent der Zeckenstiche überhaupt mit Krankheitssymptomen zu rechnen. Im Fall einer Borreliose, die oft mit einem roten Infektionsring auf der Haut beginnt, können je nach Schwere der Erkrankung Fieber, Muskelschmerzen und Müdigkeit bis hin zu Taubheitsgefühlen, Lähmungen und Gelenkentzündungen in den Knien auftreten.

Was schützt vor Borreliose?

Eine Impfung gegen Borreliose gibt es nicht, auch keinen typischen Erkrankungsverlauf. Wichtig ist eine schnellstmögliche Entfernung der Zecke, denn zwölf Stunden nach dem Stich steigt das Infektionsrisiko. Dabei solle man die Zecke mit einer Pinzette möglichst nahe an der Hautoberfläche greifen, nie an ihrem vollgesogenen Körper und ohne vorheriges Beträufeln mit Öl, und dann langsam herausziehen, so das RKI.

Welche anderen Krankheiten werden in Sachsen-Anhalt durch Zecken übertragen?

Zecken können auch die Hirnhautentzündung FSME übertragen. Dabei gibt es in Sachsen-Anhalt zwei offiziell ausgewiesene Risikogebiete: Dessau-Roßlau und der Landkreis Anhalt-Bitterfeld gehören zu den rund 180 Arealen in Deutschland, in denen es ein erhöhtes Risiko für eine FSME-Erkrankung nach einem Zeckenstich gibt.

Als Grundlage für die Einstufung gelten die Daten der gemeldeten FSME-Erkrankungen aus den letzten 20 Jahren. Schwerpunkte liegen dabei in Bayern, Baden-Württemberg sowie in Teilen von Sachsen und Thüringen.

Lesen Sie auch: Ist die "Jagdzecke" auch im Kreis Wittenberg aktiv? Was beim Entfernen von Zecken dringend zu beachten ist

In Sachsen-Anhalt sind Fälle von FSME trotz der beiden hier vorhandenen Risikogebiete sehr selten. 2022 wurden laut Landesamt für Verbraucherschutz insgesamt drei Fälle gemeldet. 2023 waren es sechs, 2024 bis Mitte Juli zwei, einer davon in Dessau Roßlau, ein anderer in Halle. Gegen FSME gibt es, anders als gegen Borreliose, eine Impfung.

Stimmt es, dass Zecken sich von Bäumen herabfallen lassen?

Nein, Zecken können weder springen, noch fallen sie von Bäumen auf Menschen herunter. Die in Deutschland am häufigsten vorkommenden Ixodes-Zecken findet man im Prinzip überall, wo es Pflanzen gibt. Die Tiere klettern beispielsweise auf einen Grashalm oder ein Gebüsch. Kommt dort ein Tier oder ein Mensch vorbei, wird die Zecke beim Kontakt abgestreift und hält sich fest. Anders als die Ixodes-Zecken krabbeln etwa Auwald- oder Reliktzecken aktiv auf den Menschen zu.

Auch interessant: Muss ich Angst vor Hyalomma-Zecken haben?

Wie kann man sich vor Zecken schützen?

Generell gilt: Einen gewissen Schutz vor Zecken bietet geschlossene Kleidung wie feste Schuhe sowie lange Hosen und Ärmel. Zudem sollte man sich und auch Kinder in der Zeckensaison nach einem Aufenthalt im Freien gründlich nach den Tieren absuchen. Sie stechen bevorzugt an Stellen wie dem Haaransatz, Hals, Ohren oder Kniekehle.

Welche Gefahr droht von Riesenzecken Hyalomma?

Von Zecken der Gattung Hyalomma liest man derzeit immer wieder. Die Tiere, die üblicherweise in Afrika vorkommen und mit bis zu zwei Zentimetern mehr als doppelt so groß wie eine normale Zecke sind, werden als besonders gefährlich beschrieben, denn sie können schwere Erkrankungen wie das Krim-Kongo-Fieber übertragen, das tödlich enden kann.

Hyalomma-Zecken finde man seit 2007 in Deutschland, es gab auch einzelne Funde in Sachsen-Anhalt, so das RKI. Zu uns gelangen sie als Larven und Nymphen mit Zugvögeln. Die Tiere sind hierzulande aber nach wie vor sehr selten, pro Jahr werden zwei bis 20 Exemplare von Findern ans RKI geschickt. Und nicht jede Hyalomma-Zecke trägt das Krim-Kongo-Virus in sich. Ob in Deutschland langfristig eine Population entstehen kann, ist unklar.