Kommentar zu häuslicher Gewalt Weg mit den Rollenklischees
Wer häuslicher Gewalt etwas entgegensetzen will, muss früh damit anfangen.

Halle/MZ - Deutlich mehr als 8.000 Fälle von häuslicher Gewalt verzeichnet Sachsen-Anhalts Kriminalstatistik für das vergangene Jahr. Das ist ein neuer Höchststand und eine besorgniserregende Entwicklung. In der großen Mehrzahl sind es Frauen, die unter Gewalt in der Partnerschaft und in der Familie leiden, unter tätlichen Übergriffen, sexuellem Missbrauch, psychischem Druck. Der neuerliche Anstieg der Fallzahlen muss nicht nur bei den Sicherheitsbehörden, sondern auch bei Sozial- und Familienpolitikern alle Alarmglocken schrillen lassen.
Die gestiegenen Zahlen lassen sich zum Teil sicher auf ein geändertes Anzeigeverhalten zurückführen, auch darauf, dass die Polizei seit dem Femizid von Bad Lauchstädt vor zwei Jahren bei möglichen Gefahren sensibler reagiert. Das bescheinigen den Behörden auch Fachverbände wie der Landesfrauenrat. Ein Erfolg, auf dem man sich aber nicht ausruhen darf.
Veraltete Rollenbilder und männliche Machtausübung
Denn mehr Anzeigen und eine veränderte Polizeistrategie dürfen nicht über das Grundproblem hinwegtäuschen: Es ist eine fatale Melange aus veralteten Rollenbildern, männlicher Machtausübung und Akzeptanz von Gewalt als Mittel der Auseinandersetzung, die in unserer Gesellschaft Delikte gegen Frauen gedeihen lässt. Wer häuslicher Gewalt wirksam etwas entgegensetzen will, muss hier anfangen.
Es ist deshalb richtig, dass der Landesfrauenrat fordert, mit Prävention so früh wie möglich zu beginnen, nämlich in der Kita. Gefordert aber sind nicht nur die Erzieherinnen und Erzieher dort, sondern wir alle – Familien, Eltern, Großeltern. Was Mütter und Väter, Omas und Opas ihren Kindern und Enkelkindern vorleben, welche Werte sie ihnen mitgeben, prägt diese fürs Leben. Das betrifft den Umgang in einer Partnerschaft genauso wie den Umgang mit anderen. Ob Kita oder heimischer Esstisch: Überkommene Rollenklischees gehören in die Mottenkiste.