Superstreik am Montag Zugverkehr "nahezu vollständig" zum Erliegen gebracht - Leere Bahnhöfe in Sachsen-Anhalt
Der Super-Streik von EVG und Verdi hat begonnen und den Zugverkehr in Mitteldeutschland stark beeinträchtigt. Beschäftigte des öffentlichen Dienstes legen am Montag bundesweit ihre Arbeit nieder. Bahnhöfe in Sachsen-Anhalt sind wie leer gefegt.
Halle (Saale)/Magdeburg/dpa/DUR - Am Montag wird bundesweit gestreikt. Beschäftigte des öffentlichen Dienstes fordern mehr Geld. Auch in Sachsen-Anhalt gibt es Einschränkungen. Abeitgeber und die Kommunen kritisieren das Vorgehen der Gewerkschaften. „Es ist ungewöhnlich, dass während der laufenden Verhandlungen gestreikt wird, bevor die vorliegenden Angebote geglückt oder gescheitert sind“, sagte der Vizegeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes Sachsen-Anhalt, Heiko Liebenehm.
Die sichtbarsten Auswirkungen hatte der Warnstreik der Eisenbahngewerkschaft EVG sowie der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi im Zugverkehr, der in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen am Montag «nahezu vollständig» zum Erliegen kam. Das sagte eine Bahn-Sprecherin am frühen Morgen in Leipzig. Aber auch der Flugverkehr war betroffen. So wurden am Flughafen Leipzig/Halle alle innerdeutschen Verbindungen gestrichen.
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Neben dem Fernverkehr stellte die Deutsche Bahn auch den Regionalverkehr ein. Auch auf den Strecken, die von Privatbahnen betrieben werden, fuhren weitestgehend keine Züge. Vereinzelt wurde Schienenersatzverkehr mit Bussen angeboten. Laut der Sprecherin beteiligten sich alle Berufsgruppen im Bahn-Konzern am Warnstreik.
Pendler Martin Smith: "Der Streik ist ein legitimes Mittel"
Am wie leergefegten Hauptbahnhof in Halle stieß der 24-Stunden-Ausstand am Montagmorgen auf ein geteiltes Echo. „Der Streik ist ein legitimes Mittel, nur so lassen sich Gehaltserhöhungen durchsetzen", sagte etwa Martin Smith, der gerade auf den Schienenersatzverkehr (SEV) nach Eisleben wartete. Er sei entspannt, denn er habe keine festgesetzten Arbeitszeiten. Allerdings hoffe er, dass der Streik sich nicht die nächsten Tage fortsetze und man sich bald einige.
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Andere Wartende reagierten ablehnender, etwa ein DHL-Mitarbeiter, der die Forderungen der Gewerkschaften für übertrieben hält. Insgesamt blieb das erwartete Chaos am Bahnhof aber aus, weil viele auf das Auto umstiegen. "Nie war die Bedeutung des Individualverkehrs größer als heute“, sagte Sachsen-Anhalts Arbeitgeberpräsident Marco Langhof.
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Reisende und Pendler hatten im Vorfeld bereits ihre Pläne an den Streik angepasst. In den SEV-Busse blieben zahlreiche Plätze leer, weil das Auto oder Homeoffice genutzt wurden. Alleridngs: Auch auf den Straßen und Autobahnen in Sachsen-Anhalt zeigten sich die Auswirkungen des Streiks nicht. Es blieb weitestgehend staufrei.
Einrichtungen und Unternehmen können Streikfogen abfedern
In Krankenhäusern, Schulen und anderen Einrichtungen sowie Unternehmen konnten die Auswirkungen durch gute Vorbereitungen ebenso klein gehalten werden. Mitarbeiter würden mit Autos anreisen, hieß es vom Asklepios Klinik Weißenfels sowie den Stadtwerken Halle.
"Nur ein Bruchteil der Schüler, in den meisten Fällen ältere Schüler von Berufsschulen, ist beim Schulweg auf den Zugverkehr angewiesen", sagte Schulamtssprecher Tobias Kühne. "Der Bus- und Straßenbahnverkehr in Sachsen-Anhalt wird nicht bestreikt und funktioniert normal. Das gilt auch für die Schulbusse, die ganz normal fahren." Schulmitarbeiter seien zudem verpflichtet, sich um Alternativen zum Öffentlichen Nahverkehr zu kümmern. Das habe auch funktioniert.
Verdi-Sprecherin: "Wir werden nicht einknicken!"
Über die direkten Auswirkungen hinaus beginnt die Debatte über den Streik. Um ihrem Ausstand mehr Nachdruck zu verleihen, trafen sich am Montagmorgen hunderte Bahnmitarbeiter und Angestellte des öffentlichen Dienstes in Magdeburg zu einer Kundgebung. "Wir werden nicht einknicken, denn wir haben die Schnauze voll. Das Portemonnaie ist leer", rief eine Verdi-Sprecherin den Streikenden zu.
Ziel des Streiks ist, den Druck auf die Kommunen und den Bund zu erhöhen. Bislang sind die Gewerkschaften und Arbeitgeber weit voneinander entfernt: So wollen die Gewerkschaften für die 2,5 Millionen Beschäftigten der Kommunen und des Bundes wegen der hohen Inflation 10,5 Prozent mehr Einkommen über 12 Monate herausholen, mindestens 500 Euro mehr. Die Arbeitgeber wollen keinen Mindestbetrag - und bieten 5 Prozent mehr Lohn über 27 Monate.
Kritisch betrachtet Heiko Liebenehm vom Städte- und Gemeindebund Sachsen-Anhalt die Forderungen der Gewerkschaften. Würde diesen nachgegeben, hätten die Kommunen ein Problem. „Das geht über das hinaus, was die Personalhaushalte haben.“ Wenn der Abschluss das bereits „anspruchsvolle“ Angebot übersteigt, müssten die Kommunen überlegen, wie sie die Kosten refinanzieren. „Halle rechnet schon mit zwölf bis 13 Millionen mehr bei den Personalausgaben. Die kann man nur über eine Erhöhung der Einnahmen stemmen. Das muss man wissen, wenn man den Streik begrüßt.“
Arbeitgeberpräsident Langhof: "Ich finde die Forderungen fragwürdig"
Die Mittel, die Verdi in der Hand hat, seien kraftvoller als in normalen Tarifverhandlungen zwischen den klassischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern, meinte Arbeitgeberpräsident Marco Langhof. Deshalb sei Verdi nicht unbenommen, solche Forderungen aufzumachen und durchzusetzen.
Doch aus Sicht der anderen Verbände mit Beschäftigten aus Chemie, Metall und Elektro würde sich laut Langhof die Frage stellen, inwieweit die Höhe der Forderungen berechtigt sei. „Es wird wesentlich mehr gefordert als in anderen Industriebereichen. Das bekommt dadurch einen gewissen Twist. Wie angemessen ist es denn, die Forderungen durchzusetzen und die gesamte Gesellschaft leiden zu lassen? Ich finde es fragwürdig“, sagte der Präsident.
Auch Heiko Liebenehm sieht die Balance im Gehaltsgefüge gefährdet. "Die geforderte Mindesttarifanhebung führt zu einer Verwerfung in der Entgeltstruktur, in der der öffentliche Dienst arbeitet." Und diese würde die allermeisten Beschäftigten betreffen, während die geforderten 10,5 Prozent eher einen kleinen Teil der Angestellten betreffe.
Superstreik am Montag: Auch Sachsen-Anhalt betroffen
Weite Teile Deutschlands sind am Montag ins Verkehrschaos gestürzt. Mit dem doppelten Warnstreik wollen die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) und Verdi den Verkehr weitgehend lahmlegen. Ausfälle und Verspätungen betreffen Millionen Reisende und Pendler - Überblick über eine beispiellose Eskalation:
Der bundesweite Warnstreik der Gewerkschaften Verdi und EVG soll den Nah- und Fernverkehr sowie Flughäfen betreffen. Die Deutsche Bahn stellt eigenen Angaben zufolge den gesamten Fernverkehr ein und auch im Regionalverkehr sollen demnach am Montag kaum Züge fahren. In Sachsen-Anhalt wird damit gerechnet, dass das Personal der Stellwerke seine Arbeit niederlegen wird.
Gebiete, die an der Elbe liegen, so auch Magdeburg, könnten Einschränkungen bei der Wasser- und Schiffsverwaltung erleben.
Die Gewerkschaft Verdi hat alle Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in Sachsen-Anhalt aufgerufen, sich am Montag, den 27. März ab 7.30 Uhr vor der Verdi-Bezirksverwaltung in Magdeburg versammeln. In anderen Städten soll ähnliches geplant sein, heißt es vom MDR weiter.
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Superstreik am Montag: Welche Bereiche werden betroffen sein?
Der öffentliche Verkehr in großem Umfang - und mit bestimmten Autobahnen auch Teile des Autoverkehrs. Die EVG bestreikt die Bahn, so dass der Betrieb im Fern-, Regional-, und S-Bahn-Verkehr stillsteht. Bestreikt werden in großem Umfang die deutschen Flughäfen - laut Flughafenverband ADV können etwa 380 000 Geschäfts- und Privatreisende nicht abheben. Etwa am größten Airport in Frankfurt kommt der Passagierverkehr zum Erliegen. Auch der Flughafen München teilte bereits mit, sowohl am Sonntag als auch am Montag keinen regulären Flugbetrieb aufrecht halten zu können. Eingeschränkt werden soll auch die Schifffahrt.
Fridays for Future unterstützt für Montag angekündigten Superstreik
Fridays for Future wird sich am kommenden Montag den angekündigten bundesweiten Warnstreiks anschließen. In Magdeburg wie in über 20 Städten bundesweit rufe die Organisation dazu auf, gemeinsam mit den streikenden Beschäftigten für bessere Löhne und Arbeitsbedingungen sowie für eine Verkehrswende auf die Straße zu gehen, teilte Fridays for Future am Freitag mit. In Magdeburg sei für 8.30 Uhr eine gemeinsame Kundgebung vor der Verdi-Zentrale geplant.
💥 MEGA-STREIK für die Verkehrswende 🚌
— Fridays for Future Germany (@FridayForFuture) March 23, 2023
Am 27.03. rufen die Gewerkschaften Ver.di und EVG in allen Verkehrsbereichen zum Streik auf. Das heißt: Im ganzen Land stehen Busse, Bahnen, Häfen und Flugzeuge still. Das gab es noch nie! Und FFF ist in 20 Städten mit auf der Straße. pic.twitter.com/Ub7VqXqiAz
"Unsere gemeinsamen Streiks am 3. März waren erst der Auftakt. Wir stehen weiterhin an der Seite der Beschäftigten bei Bus und Bahn und unterstützen ihre Forderungen nach besseren Löhnen und Arbeitsbedingungen", teilte eine FFF-Sprecherin. Ohne sie gebe es keine Verkehrswende. "Deshalb rufen wir alle dazu auf, Verständnis für die Streiks zu haben und die Beschäftigten ebenfalls zu unterstützen."
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Streik am Montag: Wie ist die Lage bei der Bahn?
Die Deutsche Bahn stellt am Montag eigenen Angaben zufolge den gesamten Fernverkehr ein. Auch im Regionalverkehr werde «größtenteils kein Zug fahren», teilte der Konzern am Donnerstag mit. «Bereits am Sonntagabend sind laut Aussagen der Gewerkschaft erste Auswirkungen durch streikende Mitarbeitende möglich», hieß es. Der Warnstreik werde sich demnach auch am Dienstag noch auf den Bahnverkehr auswirken.
Keine halben Sachen - wir machen die nächsten Tage deutlich worauf sich @Die_VKA einstellen können, wenn kein faires Angebot auf den Tisch kommt #Warnstreik, denn #zusammengehtmehr pic.twitter.com/22hjDZLH3e
— ver.di Öffentlicher Dienst SAT (@verdi_OeD_SAT) March 22, 2023
Fahrgäste, die für Montag oder Dienstag eine Bahnreise gebucht haben, könnten das Ticket noch bis einschließlich zum 4. April flexibel nutzen, kündigte die Bahn an. Sitzplatzreservierungen könnten kostenlos storniert werden.
ÖPNV: Was ist im Nahverkehr geplant?
Hier soll in sieben Bundesländern so gut wie nichts mehr gehen - in Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und in weiten Teilen Bayerns. Bereits Anfang März hatte Verdi in diesen Ländern Busse, Bahnen, Straßenbahnen zum Stillstand gebracht.
Was kommt auf Autofahrer zu?
Auf den Straßen dürfte es sehr voll werden, zumal in den Städten, in denen auch der Nahverkehr bestreikt wird. Zunächst war befürchtet worden, dass sogar Tunnel gesperrt werden müssten, weil diese nicht mehr überwacht werden könnten. Die Autobahngesellschaft wies diese Befürchtung am Donnerstag indes zurück. «Insbesondere der Betriebsdienst auf den Bundesfernstraßen ist aufrechtzuerhalten», hieß es. «Hierzu werden Notdienstvereinbarungen geschlossen, um zum Beispiel Tunnelschließungen zu vermeiden».
Wann beginnt der Superstreik genau?
In der Nacht auf Montag um 00.00 Uhr soll es losgehen - 24 Stunden soll der Ausstand andauern. EVG-Chef Martin Burkert empfahl Reisenden ausdrücklich, am Sonntag rechtzeitig am Ziel zu sein. Auf offener Strecke sollen Reisende aber nicht stranden. «Wir werden keinen Fahrgast aus dem Bus werfen», sagte Behle.
Warum gibt es den Superstreiktag?
Aus Sicht der Gewerkschaften zeigen die Arbeitgeber in mehreren Tarifrunden zu wenig Bewegung. Mit der Großaktion am Montag lassen sie pünktlich zur dritten Verhandlungsrunde für den öffentlichen Dienst die Muskeln spielen. Für die 2,5 Millionen Beschäftigte von Bund und Kommunen verlangen Verdi und der Beamtenbund dbb 10,5 Prozent mehr Einkommen, mindestens aber 500 Euro mehr im Monat. Die EVG kämpft derweil mit mehreren Unternehmen um mehr Geld - besonders im Blick: die Deutsche Bahn.
Superstreik am Montag: Welche Szenarien gibt es?
Für den öffentlichen Dienst erinnert Tarifexperte Schulten an den Ablauf bei der Post: Hier hatten sich die Verdi-Mitglieder bereits per Urabstimmung für einen unbefristeten Streik ausgesprochen. Doch dann folgte kurzerhand eine weitere Verhandlungsrunde - und eine Einigung. So etwas sei auch beim öffentlichen Dienst denkbar. Falls es in Potsdam kommende Woche keine Einigung gibt, würde aber wohl zuerst der Versuch einer Schlichtung unternommen, meint Schulten.