Tullner will Diskussion Tullner will Diskussion: CDU und AfD stellen sich gegen "Fridays for Future"
Magdeburg - Lügen, nichts als Lügen: Darauf stützt sich die Umweltbewegung in den Augen von Mario Lehmann. Freitagmorgen im Landtag, der AfD-Fraktionsvize ist in Fahrt. In den 1970er Jahren sei vor dem Ende des Öls gewarnt worden, ruft er ins Saalmikro, später vor dem Waldsterben, dem Ozonloch, dem Klimawandel. „Was wird als nächste Lüge verbreitet werden?“
Riss geht durch das Bündnis
Der Plenarsaal brodelt. In den Reihen der Grünen schwankt die Stimmung zwischen Fassungslosigkeit und Belustigung. „Gegen das Waldsterben wurde doch etwas getan“, ruft Sebastian Striegel zurück.
Etwas tun: Das wollen die Schüler, die seit Wochen freitags auf die Straße gehen. Zwei Fraktionen im Landtag finden jedoch, dass das ein Ende haben muss: die AfD - und die regierende CDU. Deren Koalitionspartner SPD und Grüne hingegen loben das Engagement der Jugend. Die Linke ebenso - sie hat beantragt, dass der Landtag die „Fridays for Future“-Bewegung ausdrücklich lobt. Der Landtag ist gespalten, der Riss geht quer durch das regierende Bündnis.
Im Landtag hagelt es am Freitag scharfe Polemik, persönliche Vorwürfe, Zwischenrufe. Die Schüler sollten etwas lernen, statt sich „Hirngespinste auszudenken, um das Wetter zu ändern“, fordert der AfD-Abgeordnete Matthias Lieschke. Bildungsminister Marco Tullner (CDU) warnt zwar davor, sich über die streikenden Schüler lustig zu machen. In der Sache aber findet auch er: Die Schulpflicht muss erfüllt werden. „Was für ein Bild geben wir ab, wenn wir hier Gesetze beschließen und dann sagen: Ein Gesetz gilt nicht?“
Schulpflicht? Darum gehe es der CDU überhaupt nicht, argumentiert Linken-Fraktionschef Thomas Lippmann. Im Land falle so viel Unterricht aus, dass rechnerisch jeder dritte Schüler freitags keine einzige Stunde Unterricht erhalte. „Die neoliberale Politik hört nur auf die Stimmen der Konzerne, nicht auf die Stimmen aus dem Volk“, sagte Lippmann - diese Erkenntnis der Schüler sei es, die die CDU bekämpfe.
Die linke Rhetorik ruft Robert Farle auf den Plan, in der alten Bundesrepublik Kommunist, jetzt Parlamentarischer Geschäftsführer der AfD. „Früher haben Linke für Arbeiter gekämpft“ poltert Farle, heute hätten sie „eine Klimareligion“ erfunden, „um die kleinen Leute abzuzocken“.
Lob für die politische Jugend
SPD und Grüne hingegen zollen den demonstrierenden Schülern Lob. „Ich finde es großartig, was die jungen Leute erreicht haben“, sagt Grünen-Fraktionschefin Cornelia Lüddemann und versucht, Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) zu locken. Der Regierungschef hatte am Sonntag bei „Anne Will“ den Verkehrssektor als Problem für das Klima bezeichnet. „Wir können sofort anfangen, etwas zu tun“, sagt Lüddemann und nennt Themen wie Benzinsteuer, Tempolimit, alternative Antriebe. Vergebens: Haseloff reagiert nicht.
Der SPD-Abgeordnete Falko Grube sagt, er würde seinem Sohn den Schulstreik erlauben - unter zwei Bedingungen: Klausuren dürfe er nicht verpassen, und er dürfe auch nicht an jedem Freitag fehlen. „Wir haben eine politische Jugend, und das ist gut so“, lobt Grube. In der Koalition sei man allerdings nicht einer Meinung.
Vom Appell zur Einhaltung der Schulpflicht abgesehen ändert das Bildungsministerium seinen Kurs nicht: Die Schulen haben es in der Hand, wie sie auf streikende Schüler reagieren. Demnächst soll der Bildungsausschuss beraten - das ist der Beschluss, der am Ende der hitzigen Debatte fällt. (mz)