Wegen Twitter-Beitrag SPD zeigt AfD-Landeschef André Poggenburg wegen Volksverhetzung an

Magdeburg - Der Grünen-Innenpolitiker Sebastian Striegel aus Sachsen-Anhalt hat am Mittwoch die die Beobachtung von der Teilen der AfD durch den Verfassungsschutz gefordert. Grund sind aufgeflogenen interne Äußerungen von sachsen-anhalteschen AfD-Mitgliedern in einer internen Chatgruppe.
SPD zeigt AfD-Landeschef André Poggenburg wegen Volksverhetzung an
Zudem zeigte die SPD-Fraktion AfD-Landeschef André Poggenburg wegen Volksverhetzung an. Grund für den juristischen Schritt ist ein Twitter-Beitrag Poggenburgs vom 17. Juni: Nach einem Friedensmarsch von Muslimen in Köln, an dem weniger Teilnehmer als angekündigt teilgenommen hatten, schrieb der AfD-Mann: „Verwundert überhaupt nicht. Islam steht eben für Terror, Gewalt und Co., warum sollten Muslime dagegen demonstrieren?“
Am Mittwoch reagierte die SPD. Rüdiger Erben, parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion, sagte, „so eine pauschale Diffamierung legt aus unserer Sicht die Axt an die Grundlagen unserer freien und solidarischen Gesellschaft“. Zwar sei es nicht sinnvoll, über jedes Stöckchen der AfD zu springen, doch manches könne nicht unkommentiert bleiben. „Bei aller inhaltlichen Differenz sowie verschiedenen Welt- und Menschenbildern gibt es auch im demokratischen Streit rote Linien, die nicht überschritten werden dürfen.“ Poggenburg sagte der MZ, er sehe der Anzeige gelassen entgegen. Er bleibe bei der Aussage, dass der Islam als Religion frauenfeindlich, terror- und gewaltbehaftet sei. „Ich habe aber zu keinen Aktionen oder zu Gewalt aufgerufen“, so Poggenburg.
Debatte über Hassbotschaften auf Facebook, Twitter und Co.
Die Anzeige fiel am Mittwoch zusammen mit einer Debatte über die Bekämpfung von Hassparolen im Internet. Der Landtag diskutierte am Mittwoch über den umstrittenen Vorschlag von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD), Hassbotschaften von Facebook und Co. unter Androhung drakonischer Geldstrafen löschen zu lassen. AfD-Fraktionschef Poggenburg hatte sich grundsätzlich gegen den Vorschlag ausgesprochen. Mit Warnungen vor einem Beschneiden der Meinungsfreiheit bezeichnete er die AfD „als die Rechtsstaatspartei“.
Doch ein veröffentlichter interner AfD-Chat wirft indes Fragen am rechtsstaatlichen Verständnis mancher AfD-Mitglieder auf. In dem Protokoll fordern AfDler unter anderem Säuberungen in der Presse, Poggenburg fordert „Deutschland den Deutschen“. Die Aussagen bleiben unwidersprochen, auch von AfD-Chef Poggenburg. Die AfD Sachsen-Anhalt hatte am Mittwoch die Echtheit des Chats bestätigt. Grünen-Innenexperte Sebastian Striegel sagte, die Texte seien ein erneuter Beleg für völkisches Denken und Rassismus in der Partei und ein „Offenbarungseid“. Er nannte die AfD eine verfassungsfeindliche Partei. Striegel forderte am Mittwoch die Beobachtung von Teilen der AfD Sachsen-Anhalt durch den Verfassungsschutz. „Die Chatprotokolle zeigen eindeutig, dass es an Zusammenarbeit mit verfassungsfeindlichen Organisationen keine Zweifel mehr geben kann.“ Als Beispiel nannte der Grünen-Politiker die Identitäre Bewegung.
Linken-Abgeordneter Wulf Gallert ergänzte, die AfD-Mitteilungen belegten ein „eiskaltes diktatorisches Staatsverständnis“.
AfD-Chef Poggenburg steht zu seinen Aussagen
Poggenburg verteidigte seine Aussagen im Landtag. Er stehe zu der Aussage „Deutschland den Deutschen“. Selbstverständlich solle ein Land denen gehören, die dort seit Jahrhunderten ansässig seien. Da er weder Betreiber noch Moderator der Chat-Gruppe sei, sei er aber nur über einen Bruchteil des Inhaltes informiert. Zu Äußerungen anderer könne er sich deshalb nicht äußern.
Der AfD-Landeschef kündigte aber an, die Inhalte des Chats und einzelne Aussagen zu prüfen. Möglicherweise müsste das Gespräch mit Mitglieder gesucht werden. „Wenn es um Säuberungen bei der Presse geht, da wird es relevant“, sagte Poggenburg der MZ. „Dann muss geschaut werden, ob sie in der AfD richtig sind.“ Mit Blick auf diskutierten Pressesäuberungen sagte Poggenburg, „wenn ich das damals gesehen hätte, hätte ich sofort gesagt: Was soll der Blödsinn?“
Der Chat offenbart unter anderem auch Schwulenhass in der Partei. Zu einer Debatte um die Umbenennung von Röhm-Kasernen in Deutschland schreibt ein AfD-Mitglied: „Röhm war der SA Führer und muss nicht verherrlicht werden.“ Daraufhin antwortet ein Mitglied des sachsen-anhalteschen Landesvorstands: „Außerdem war Röhm schwul.“ Der frühere SA-Führer und Hitler-Weggefährte Ernst Röhm war auf Befehl von Adolf Hitler im Jahr 1934 ermordet worden.
SPD-Fraktionschefin Katja Pähle teilte am Mittwoch mit, das geleakte Chat-Dokument und die enthaltenen Kommentare zur Pressefreiheit erregten zurecht großes Ausehen. „Keineswegs besser als diese internen Aussagen sind jedoch die öffentlichen Positionen dieser Fraktion und ihres Vorsitzenden. Ob im Chat, im Netz oder im Landtag: Die Sprache der AfD greift bewusst auf Versatzstücke aus dem Nationalsozialismus zurück.“ Das gelte auch für die Landtagssitzungen der laufenden Woche: da sei von „Merkel-Regime“ und „kulturzerstörender Zuwanderung“ die Rede. Pähle sagt, „wir wissen, dass solche Formulierungen auch dazu dienen, die demokratischen Fraktionen zu provozieren und einen Eklat im Parlament herbeizuführen. Es ist dennoch nötig, gelegentlich unmissverständlich festzuhalten: An eine solche Sprache wollen wir uns nicht gewöhnen, und wir werden sie nicht akzeptieren.“ (mz)