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Verletzte, Traumatisierte und Hinterbliebene Schon rund 800 Betroffene des Anschlags von Magdeburg registriert

Verletzte und Traumatisierte des Anschlags von Magdeburg könnten wie Terroropfer entschädigt werden – unabhängig vom unklaren Motiv des Täter. Hunderte suchen bereits Unterstützung.

Von Jan Schumann 13.01.2025, 17:44
Gabriele Theren (l), Landesopferbeauftragte von Sachsen-Anhalt, und Roland Weber, Beauftragter der Bundesregierung für die Anliegen von Betroffenen von terroristischen und extremistischen Anschlägen im Inland.
Gabriele Theren (l), Landesopferbeauftragte von Sachsen-Anhalt, und Roland Weber, Beauftragter der Bundesregierung für die Anliegen von Betroffenen von terroristischen und extremistischen Anschlägen im Inland. (Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/dpa)

Magdeburg/MZ - Nach dem Anschlag von Magdeburg haben sich bereits rund 800 Betroffene bei Behörden gemeldet, um Hilfe zu erhalten. Das sagte der Opferbeauftragte der Bundesregierung, Roland Weber, am Montag in Magdeburg. „Die Erfahrung sagt, dass sich noch weitere Betroffene melden werden.“

Das Spektrum der Betroffenheit sei weit: Es handele sich teilweise um Verletzte, aber auch um psychisch Betroffene und Menschen, die bei dem Anschlag Angehörige verloren haben. „Auf gar keinen Fall gehen die Opfer leer aus“, versicherte Weber in Magdeburg. „Die Bundesrepublik darf und wird die Betroffenen des Anschlags nicht allein lassen.“

Unklar ist noch, in welcher Höhe Gelder fließen

Insbesondere geht es dabei um finanzielle Kompensationen. Aktuell sei noch unklar, in welcher Höhe Betroffene entschädigt werden können, sagte Weber. Es werde aber insgesamt um einen Millionenbetrag gehen, erklärte er. Noch sei allerdings unklar, wie viele Betroffene des Anschlags es tatsächlich gebe – und wie schwer sie jeweils beeinträchtigt seien. „Viele Betroffene werden eine sehr langfristige Hilfe benötigen“, sagte Weber in einem ersten Zwischenfazit.

Hilfe für Betroffene: Kontakt zum Opferbeauftragten der Bundesregierung

Allein die Zahl der körperlich Versehrten ist hoch. Kurz vor Weihnachten war der 50-jährige Taleb A. mit einem Mietauto über den Magdeburger Weihnachtsmarkt gerast, dabei hatte der Mann aus Saudi-Arabien sechs Menschen getötet und rund 300 verletzt. Da das Motiv des Todesfahrers noch nicht feststeht, ist die Tat bisher nicht als Terrorakt eingestuft – für Betroffene ist das insofern wichtig, da im Falle von Terror zusätzliche Unterstützungsgelder der Bundesregierung fließen könnten.

Wissing ist für Gleichstellung mit Terror-Opfern

Bundesjustizminister Volker Wissing (parteilos) hat sich bereits dafür ausgesprochen, Betroffene aus Magdeburg mit Opfern von Terrortaten gleichzustellen – unabhängig davon, welches Tätermotiv die Generalstaatsanwaltschaft letztlich ermittelt. Laut Wissing will die Bundesregierung an den Bundestag herantreten, um die zusätzlichen Gelder für die Magdeburger Opfer bereitzustellen. Konkrete Zahlen konnte Weber am Montag nicht nennen. Unklar blieb auch, mit welcher Unterstützung einzelne Betroffene rechnen können.

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Landesjustizministerin Franziska Weidinger (CDU) betonte aber, sie freue sich über die Signale aus der Bundespolitik. Klar ist: Der 2024 eingerichtete Opferhilfefonds des Landes mit 50.000 Euro wird keinesfalls ausreichen, um den Betroffenen gerecht zu werden. Es werde bereits über eine Aufstockung gesprochen, so Weidinger.

Schnellere Hilfe als beim Breitscheidplatz-Attentat 2016

Nach Webers Darstellung liegt noch viel Arbeit vor jenen Helfern, die Betroffene nun unterstützen. Bisher seien Gespräche mit rund 230 Personen geführt worden, so der Bundesopferbeauftragte – das ist noch nicht einmal die Hälfte aller registrierten Betroffenen. „Wir stehen erst ganz am Anfang eines längeren Weges“, so Weber. Er sehe sich und die Landesopferbeauftragte als „Lotsen“: Sie seien bemüht, schnell und zügig die passende Hilfe zu vermitteln, etwa psychologische Unterstützung.

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Eine Herausforderung sei die schiere Menge der Hilfsbedürftigen. „Quantitativ haben wir Vergleichbares noch nicht erlebt“, betonte Sachsen-Anhalts Landesopferbeauftragte Gabriele Theren. Sie helfe Betroffenen beim Beantragen von Hilfsleistungen. „Das sind teilweise Menschen, die unglaublich viel verloren haben“, sagte sie.

Weber zog am Montag einen Vergleich zum Attentat auf den Berliner Breitscheidplatz 2016. Damals war ein Islamist mit einem Lastwagen über den Weihnachtsmarkt gefahren und hatte dabei 16 Menschen getötet. Im Gegensatz zu damals sei es in Magdeburg „sehr schnell“ gelungen, Kontakt zu Betroffenen herzustellen. Auch damals war Weber bereits zuständig – als Opferbeauftragter des Landes Berlin. Mit Blick auf Magdeburg versicherte er am Montag: Sobald sein Team von weiteren Betroffenen erfahre, werde Hilfe angeboten. „Unser Ziel ist: Wir wollen so umfassend helfen, wie sie Hilfe benötigen“, betonte Weber.