Zoll in Sachsen-Anhalt Restaurants und kriminelle Clans: Schwarzarbeit kostet Steuerzahler Millionen
Baugewerbe, Gastronomie, Paketdienste: Ermittlungen des Zolls legen hohe Schäden durch die Schattenwirtschaft in Sachsen-Anhalt offen. Welche Rolle kriminelle Clans dabei spielen und warum Restaurants besonders im Fokus stehen.
Halle/MZ - Der Zoll hat in Sachsen-Anhalt Millionenschäden durch Schwarzarbeit aufgedeckt. Nach Angaben des Hauptzollamtes in Magdeburg prüften die Beamten im vergangenen Jahr 1.339 Betriebe und stellten dabei einen Schaden für die Sozialversicherung von insgesamt rund neun Millionen Euro fest. Nach der Einleitung von über 2.000 Ermittlungsverfahren wurden Geldstrafen über eine Million Euro verhängt. Pro Kontrolle stellten die Fahnder dabei häufig mehrere Vergehen fest. Ein Treiber der Schattenwirtschaft sind laut Zoll zudem organisierte Banden. „Es handelt sich um größere Tätergruppen mit gut organisierten Strukturen“, sagte Sebastian Schultz, Sprecher des Hauptzollamtes in Magdeburg, der MZ.
Im Fokus der Ermittler standen das Baugewerbe, Restaurants, Hotels, Sicherheits- und Paketdienste. Hier kontrollierten die Zöllner auch die Einhaltung des Mindestlohns und die Arbeitsbedingungen. In Sachsen-Anhalt stießen die Beamten dabei auch auf kriminelle Banden, darunter auch Familienclans.
Schwarzarbeit in der Gastronomie in der Kritik
Insgesamt lag die aufgedeckte Schadenssumme durch Schwarzarbeit im Land indes unter der des Vorjahres. 2022 stellte der Zoll noch 9,5 Millionen Euro an unterschlagenen Sozialleistungen fest. Allerdings kontrollierten die Ermittler damals auch rund 500 Betriebe mehr. Damit lag der aufgedeckte Schaden pro Prüfung in Sachsen-Anhalt zuletzt deutlich über dem des Vorjahres. Grund dafür sei eine neue Strategie, sagte Zollsprecher Schultz. So würde nun bereits im Vorfeld gründlicher ermittelt, bevor es zu einer Prüfung komme. „Man hat die Risikoanalyse angepasst.“
Es handelt sich um größere Tätergruppen mit gut organisierten Strukturen.
Sebastian Schultz / Sprecher des Hauptzollamtes in Magdeburg
Gerade Gastronomen ist die florierende Schwarzarbeit in Sachsen-Anhalt schon seit langem ein Dorn im Auge. Zuletzt kritisierte die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten unseriöse Machenschaften in Hotels und Gaststätten – etwa im Raum Halle. Der Zoll stellte hier im vergangenen Jahr mehrfach Missachtungen des Mindestlohns und unbezahlte Überstunden fest.
Auch die Mehrwertsteuer wird in der Branche laut Zoll immer wieder unterschlagen. Im Fokus der Ermittler steht dabei die ausländische Gastronomie. Hier gab es nach Angaben des Zolls in Sachsen-Anhalt in der Vergangenheit besonders viele Ermittlungsverfahren.
Bauunternehmer aus Halle hinterzieht 450.000 Euro
Wie hoch der Schaden für den Steuerzahler durch Schwarzarbeit schon durch einzelne Betriebe ausfallen kann, zeigt ein Fall aus Halle aus dem Mai. Das Landgericht verurteilte hier einen 47-jährigen Bauunternehmer zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung. Er soll über zwei Jahre hinweg seinen Mitarbeitern Löhne von insgesamt 1,1 Millionen Euro in bar ausgezahlt und sie zudem nicht bei der Krankenkasse angemeldet haben. Dem Staat entgingen so 450.000 Euro an Sozialversicherungsbeiträgen.
Bundesweit haben die Zollfahnder zuletzt zehntausende Betriebe geprüft. Die Bilanz zeigt das Ausmaß der Schattenwirtschaft: Im Jahr 2023 deckten die Beamten nach Angaben des Zolls einen Schaden von insgesamt 615 Millionen durch Schwarzarbeit auf – darunter nicht gezahlte Löhne, Sozialbeiträge, Steuern und Urlaubskassenbeiträge. Die Fahnder prüfen in den Betrieben jeweils, ob Arbeitgeber ihre Angestellten bei den Sozialversicherungen gemeldet haben. Außerdem kontrollieren sie, ob alle Beschäftigten einen gültigen Aufenthaltstitel besitzen.
Zoll in Sachsen-Anhalt zieht Steuern in Milliardenhöhe ein
Der Zoll hat in Sachsen-Anhalt im vergangenen 1,9 Milliarden Euro an Steuern eingezogen. Wie das Hauptzollamt in Magdeburg mitteilte, handelt es sich dabei zum großen Teil um Einnahmen aus der sogenannten Energiesteuer. Demnach macht die Verbrauchersteuer, die europaweit etwa auf Diesel, Benzin, Erdgas und Heizöl erhoben wird, allein knapp 1,5 Milliarden Euro der eingetriebenen Steuern aus.
Die Beamten in Sachsen-Anhalt stellten zudem hunderte Kilogramm an illegal eingeführten Waren sicher. Laut Hauptzollamt zogen sie 683.000 Zigaretten und 204 Kilogramm Wasserpfeifentabak ein. Auch tausende sogenannte Liquids, die in Elektrozigaretten verdampft werden, stellten die Zöllner sicher. Besonders stark stieg die Menge an illegalem Feuerwerk. Die Zöllner zogen zuletzt 326 Kilogramm ein – 293 Kilo mehr als im Vorjahr.