Privatschulen können nicht mithalten Privatschulen können nicht mithalten: Staat lockt Lehrer mit einem lukrativem Gehalt

Magdeburg - Die freien Schulen in Sachsen-Anhalt fürchten, dass ihnen der Staat zunehmend die Lehrer weglockt. Sachsen-Anhalt zahlt seit diesem Jahr Gehaltsaufschläge bis zu 500 Euro, um unattraktive Stellen zu besetzen. Damit setze das Land einen Anreiz, der ihnen verwehrt sei, kritisieren freie Schulen. Es soll auch Fälle geben, in denen Privatschullehrer direkt angesprochen wurden, um sie in den Landesdienst abzuwerben.
Eine private Sekundarschule berichtet der MZ, einer ihrer Lehrer habe ein Abwerbe-Angebot vom Landesschulamt erhalten. Die Behörde müsse dafür offenbar Kontaktdaten genutzt haben, die der Mann vor Jahren in einer Bewerbung auf eine andere Stelle angegeben habe, heißt es. Man habe den Lehrer aber halten können.
Das Bildungsministerium bestreitet strikt, dass das Land Privatschullehrer unaufgefordert anspricht. „Solche Fälle von Abwerbung gibt es nicht“, sagte Sprecher Stefan Thurmann. „Es werden nur solche Kollegen angesprochen, die sich auch aktuell beworben haben.“
Allerdings gibt es den Vorwurf nicht zum ersten Mal. Vor zwei Jahren berichtete die evangelische Johannes-Schulstiftung unter Berufung auf Lehrer von Abwerbegesprächen durch das Land. Stiftungschef Michael Bartsch klagt auch heute, Kollegen würden „ganz gezielt“ angesprochen. Konkrete Beispiele nannte er nicht. Freie Schulen sprechen ungern über Personalschwierigkeiten, um die Eltern ihrer Schüler nicht zu verunsichern.
Schulen in Sachsen-Anhalt: Einstiegs-Gehalt zwischen 3.200 und 3.670 Euro
Das Einstiegs-Grundgehalt für angestellte Lehrer im Landesdienst beträgt 3.200 Euro in der Grundschule, 3.670 Euro in weiterführenden Schulen. Vor allem die kleinen unter den freien Schulen zahlen bis zu 20 Prozent weniger. Zusammen mit dem 500-Euro-Bonus des Landes für schwer zu besetzende Stellen kann die Gehaltsdifferenz so mehr als 1.000 Euro betragen. Die vom Land angebotene Verbeamtung bringt noch ein zusätzliches Einkommensplus.
Mit einer bereits beschlossenen Änderung des Schulgesetzes will das Land die Finanzkraft der Privatschulen verbessern. Künftig sollen 95 Prozent statt 90 Prozent der durchschnittlichen Lehrerkosten erstattet werden. Die Schulen können diese Summe jedoch nicht vollständig in Lehrergehälter stecken, weil sie davon auch die Gebäudekosten decken müssen. Wie hoch der Aufschlag tatsächlich ausfällt, steht zudem nicht fest, weil noch zwei Verordnungen fehlen.
Sachsen-Anhalt: Immer mehr Kinder an Privatschulen
Der Verband Deutscher Privatschulen (VDP) Sachsen-Anhalt sieht die eigene Klientel im Nachteil. „Die Lage ist angespannt. Die Schulen spüren, dass es schwerer wird, Lehrer zu halten und neue zu gewinnen“, sagt Verbandsgeschäftsführer Jürgen Banse. Kern des Problems sei, dass nur der Staat Lehrer ausbilden dürfe - dieser aber vor allem an seine eigenen Schulen denke.
Um den seit Jahren andauernden Streit um die Finanzierung der freien Schulen auszuräumen, hat der Landtag ein Gutachten beauftragt. Es soll dem Bildungsministerium Ende Januar vorliegen und vergleichen, wie viel der Staat für einen Schüler durchschnittlich ausgibt - einerseits in öffentlichen, andererseits in freien Schulen. Die Zahl der Schüler, die an einer Privatschule lernen, ist in Sachsen-Anhalt in den vergangenen sechs Jahren um mehr als ein Drittel gestiegen. Aktuell sind es 19.000 Kinder und Jugendliche. Das ist fast jeder zehnte Schüler. (mz)