Rotmilan kontra Windrad Naturschutz: Land Sachsen-Anhalt erlässt strengere Regeln für Windkraft-Investoren - Rotmilan kontra Windrad
Magdeburg - Er hat es auf Maulwürfe und Feldmäuse abgesehen, aus der Luft stürzt er sich sogar auf Fische: Der Rotmilan ist ein gefährlicher Jäger. Doch in seiner Heimat ist er auch selbst Gefahren ausgesetzt - Gefahren von Menschenhand geschaffen: Windkraftanlagen. Immer wieder sterben die seltenen Vögel in deren Rotoren.
Für den Bau von Windrädern gelten in Sachsen-Anhalt daher bald deutlich strengere Regeln. Um seltene Vogelarten wie den Rotmilan zu schützen, will die Landesregierung ganze Regionen zu windkraftfreien Schutzzonen machen. Zudem soll es verschärfte Nachtbetriebsverbote geben, um umherziehende Fledermausarten wie den Großen Abendsegler und die Zwergfledermaus vor tödlichen Kollisionen mit Rotoren zu schützen.
Das geht aus dem jahrelang verhandelten „Leitfaden zum Artenschutz an Windenergieanlagen“ hervor, den Umweltministerin Claudia Dalbert (Grüne) am Dienstag im Kabinett vorstellt. Er soll künftig für mehr Rechtssicherheit bei Investoren und Genehmigungsbehörden sorgen.
Vogelgebiet Sachsen-Anhalt
„Unser Ziel sind 100 Prozent erneuerbare Energien“, sagte Dalbert der MZ. „Dazu benötigen wir die Windenergie.“ Zugleich müsse das Land aber auch Verantwortung für gefährdete Tierarten übernehmen - vor allem für den Rotmilan: Acht Prozent des Weltbestands leben in Sachsen-Anhalt, so Dalbert. Und: „Der Bestand nimmt weiter ab.“ Nach Schätzungen gibt es noch rund 2.000 Brutpaare im Land.
Das Ministerium hat nun 15 Kernlebensräume identifiziert, dort sollen Windräder aus Rücksicht auf die Tiere keine Genehmigung mehr erhalten. Wo der Rotmilan lebe, gebe es zudem auch häufig Mäusebussarde - eine ebenfalls durch Windräder gefährdete Spezies, so das Ministerium.
Knackpunkt für die Windkraftbranche: Elf Prozent der nun erklärten Schutzflächen sind bereits mit Windparks bebaut. Diese müssen zwar nicht sofort abgerissen werden, doch mit dem Auslaufen der Betriebsgenehmigungen sollen die Anlagen „nach und nach“ aus den Rotmilan-Gebieten herausverlagert werden. Der Leitfaden sieht zudem einheitliche Prüfungen vor, ob geplante Windräder auf Fledermausrouten liegen, es geht um etwaige Betriebspausen bei Nacht.
Windkraftausbau: CDU sieht Limit erreicht
Das Ministerium betont, existierende Parks hätte „Bestandsschutz“, die Regeln gelten für künftige Genehmigungen. Der Leitfaden soll jetzt per Erlass an die lokalen Genehmigungsbehörden, also die Landkreise, gehen.
Die Anzahl der Windkraftanlagen war jahrelang gestiegen: Von 2000 bis 2017 schoss sie von 551 auf 2.900 in die Höhe. „Das Land ist flächenmäßig weitgehend erschlossen“, heißt es im Leitfaden. Neu gebaut wird aber weiter - um alte Anlagen gegen leistungsstärkere auszutauschen. Zuletzt hatte es in Klötze (Altmark) Streit um Genehmigungen gegeben.
Die CDU sieht das Limit des Windkraftausbaus erreicht. „Wir können es zwar grundsätzlich nicht gut finden, wenn Investoren in ihren Möglichkeiten begrenzt werden“, sagte Ulrich Thomas, wirtschaftspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Landtag. „Aber andererseits hat Sachsen-Anhalt im Bundesvergleich auch einen sehr hohen Ausbaugrad.“ (mz)