Hilfe für Behinderte in Sachsen-Anhalt Nach Kündigung: Druck auf Sozialministerin Petra Grimm-Benne wächst
Sozialministerium will Landesrahmenvertrag zur Eingliederungshilfe kündigen. Bei Wohlfahrtsverbänden stößt das auf Entsetzen.
Halle/MZ. - Nach der Kündigung des Rahmenvertrages zur Hilfe für Menschen mit Behinderungen steht das Sozialministerium in Sachsen-Anhalt massiv in der Kritik. Wohlfahrtsverbände und Parteien befürchten gravierende Einschnitte bei Angeboten. „Inklusion ist gewollt. Aber wir haben seit Jahren den Verdacht, dass es vor allem um Kosteneinsparungen geht“, sagt Frieder Weigmann, Sprecher der Diakonie Mitteldeutschland, auf MZ-Anfrage. Die Kündigung stelle „die verbrieften Ziele der Landesregierung für bessere Chancen und mehr Teilhabe für Menschen mit Beeinträchtigungen infrage“, so Antje Ludwig, Vorstandsvorsitzende der Liga der Freien Wohlfahrtspflege Sachsen-Anhalt. Unter deren Dach sind Verbände sozialer Arbeit wie Awo, Caritas und Diakonie organisiert.
Kündigung für Ende 2024
Das Haus von Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD) will zu Ende 2024 den Rahmenvertrag kündigen, der Leistungen und Vergütung für Träger in der Eingliederungshilfe regelt. Das umfasst unter anderem Werkstätten, Integrative Kitas und auch Wohnangebote. Rund 28.000 Menschen mit Behinderungen profitieren derzeit von diesen Hilfen. Aus der Opposition folgte nach Bekanntwerden der Kündigung Protest. Der Landesbehindertenbeauftragte Christian Walbrach forderte am Dienstag: Es dürften trotz vertraglicher Änderungsprozesse keine Nachteile für Menschen mit Behinderungen entstehen.
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Auf Anfrage erklärte eine Ministeriumssprecherin: Ziel sei, „bei einer Neuverhandlung wesentliche Ziele des Bundesteilhabegesetzes und der UN-Behindertenrechtskonvention besser umzusetzen“. Dies sei trotz intensiver Bemühungen bisher nicht zufriedenstellend gelungen. Sachsen-Anhalt habe die höchste Dichte an stationären Wohnformen, es bestehe Nachholbedarf bei ambulanten Betreuungsformen. Zudem seien Alternativen zur Beschäftigung in Werkstätten nötig, und mehr Betroffene müssten in den allgemeinen Arbeitsmarkt integriert werden. Neuverhandlungen sollen „zügig“ abgeschlossen werden. Alle „notwendigen Leistungen“ würden auch über 2024 hinaus gezahlt.
Weniger Angebote?
Für die Träger bringe die Kündigung Unsicherheit, so Weigmann. „Das kann bedeuten, dass sie sich zurückziehen und es weniger Angebote gibt.“ Ohne Rahmenvertrag müssten sie einzeln verhandeln. Er sieht Verbände zudem dem Vorwurf ausgesetzt, „dass wir unsere Betriebsstätten sichern wollen. Es besteht aber Innovationsbereitschaft. Nur, worüber reden wir: Über Chancen oder Preise?“