Neue Kontrollen an Bundesstraßen Mautsäulen: Das sind die blauen Säulen an den Bundesstraßen

Halle (Saale) - Geblitzt wird zwar nicht, kassiert wird dennoch: Von diesem Sonntag an müssen Spediteure in Deutschland die Lkw-Maut auch auf allen Bundesstraßen entrichten.
Ob tatsächlich gezahlt wird, ermittelt der Betreiber Toll Collect dabei mit Säulen, die ähnlich funktionieren wie Mautbrücken auf Autobahnen. In Sachsen-Anhalt wurden 48 dieser vier Meter hohen und blau-grün lackierten Säulen aufgestellt, bundesweit sind es 600.
„Sie werden aber nicht für Geschwindigkeitsmessungen genutzt“, versichert Stefan Brodtrück, Sprecher des Innenministeriums in Sachsen-Anhalt. Während sich der Bund neue Milliarden-Einnahmen erhofft, fürchtet das Transportgewerbe enorme Mehrkosten und warnt bereits vor steigenden Preisen für die Verbraucher.
Blaue Säulen an Bundesstraßen knipsen Bilder von allen Fahrzeugen
Fotografiert werden ab 1. Juli an den Säulen zunächst alle vorbeifahrenden Fahrzeuge. „Die Säule erkennt dann aber unter anderem an der Zahl der Achsen sofort, ob ein Fahrzeug mautpflichtig ist oder nicht“, sagt eine Sprecherin des Betreibers Toll Collect.
„Wenn ja, dann nimmt die Säule direkt Kontakt mit dem Bordcomputer auf und erkennt, ob die Maut auch bezahlt worden ist.“ Ist alles korrekt, werden die Aufnahmen - eine Übersicht, eine Seitenansicht und ein Kennzeichen-Bild - gelöscht. Mautprellern indes müssen nicht nur die Maut nachzahlen, fällig wird auch ein Bußgeld vom Bundesamt für Güterverkehr. Die Strafen liegen zwischen 120 und 480 Euro.
Bisher müssen Lkw ab 7,5 Tonnen auf den 13.000 Kilometern Autobahnen und 2.300 Kilometern Bundesstraße Maut zahlen. Jetzt wird die Maut auf das gesamte Bundesstraßennetz mit einer Länge von 39.000 Kilometer ausgedehnt. Bisher sind rund 1,1 Millionen Laster mit einem Bordcomputer für eine automatische Abrechnung unterwegs. Toll Collect rechnet damit, dass durch die Netz-Ausdehnung 140.000 weitere Lkw zahlen müssen.
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) erwartet erhebliche Mehreinnahmen, die für Investitionen in die Verkehrswege genutzt werden sollen. Künftig sollen jährlich 7,2 Milliarden Euro hereinkommen, wenn ab Januar 2019 auch noch höhere Mautsätze gelten - das wären 2,5 Milliarden mehr als bisher. „Davon profitieren nicht nur die Unternehmen, die auf eine leistungsstarke Infrastruktur angewiesen sind, sondern alle Autofahrer.“
Darum kommen die Mauteinnahmen auch bei Städten in Sachsen-Anhalt an
Ein kleiner Teil der Maut fließt künftig auch nach Halle, Magdeburg und Dessau-Roßlau. Grund dafür: die kreisfreien Städte sind für den Erhalt der Bundesstraßen in ihrem Bereich zuständig. Wie hoch die Zuweisungen an die drei Städte seien werden, sei aber noch unklar, teilte das Verkehrsministerium in Magdeburg mit.
Die Transportbranche reagiert entsetzt auf die Ausdehnung der Maut und die Erhöhung der Sätze ab Januar 2019. „Schon jetzt muss die Branche den gestiegenen Dieselpreis und höhere Lohnforderungen verkraften“, sagt Matthias Schollmeyer, Geschäftsführer des Verkehrsgewerbeverbandes in Sachsen-Anhalt.
Besonders kleine Speditionen im ländlichen Raum mit nur wenigen Kunden könnten auf der Strecke bleiben. „Sie müssen jetzt auch schon oft auf der Anfahrt zur Autobahn Maut zahlen und sind nicht stark genug, um die steigenden Kosten weitergeben zu können.“
Anders als der Bund erwartet das Transportgewerbe steigende Preisen für die Verbraucher. „Die Kunden werden einen Teil der Kosten übernehmen müssen.“ Waren im Supermarkt und Paketlieferungen könnten teurer werden. „Letztendlich wirkt die Maut wie eine versteckte Steuer, die die Branche eintreiben muss“, so Schollmeyer. (mz)