Debatte zu Infektionsschutzgesetz Haseloff kritisert „Tiefpunkt in der föderalen Kultur der BRD“
Berlin - Bundesratspräsident Reiner Haseloff (CDU) hat die Kompetenzverlagerung in der Pandemiebekämpfung auf den Bund durch das Infektionsschutzgesetz scharf kritisiert. „Der heutige Tag ist für mich ein Tiefpunkt in der föderalen Kultur der Bundesrepublik Deutschland“, sagte der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt am Donnerstag in der Sondersitzung des Bundesrats. Die Länderkammer berate ein Gesetz, „dessen Entstehung, Ausgestaltung und Ergebnis unbefriedigend sind“.
Zwar seien bei den Beratungen im Bundestag noch Korrekturen vorgenommen worden. „Doch drängt sich nunmehr noch deutlicher die Frage auf, worin der Mehrwert dieses Gesetzes für die Menschen in Deutschland liegt gegenüber der im vergangenen Jahr im Grundsatz bewährten Abstimmung zwischen der Bundesregierung und den Landesregierungen.“
Berlins Regierungschef Michael Müller bezeichnete das Gesetz als „eine Ergänzung - vielleicht eine wichtige Ergänzung unseres eigenen Handelns, ein Baustein mehr, nicht mehr und nicht weniger als ein Baustein“. Der SPD-Politiker betonte: „Und im übrigen bleibt die Ministerpräsidentenkonferenz wichtig.“
Nach der Neuregelung dürfen ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 100 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner in einem Kreis oder einer Stadt Menschen ab 22.00 Uhr die eigene Wohnung oder das eigene Grundstück in der Regel nicht mehr verlassen. Spaziergänge und Joggen alleine bleiben bis Mitternacht erlaubt. Es darf sich höchstens noch ein Haushalt mit einer weiteren Person treffen, wobei Kinder bis 14 Jahre ausgenommen sind. Läden dürfen nur noch für Kunden öffnen, die einen negativen Corona-Test vorlegen und einen Termin gebucht haben. Ab einer Inzidenz von 150 soll nur noch das Abholen bestellter Waren möglich sein. Präsenzunterricht an Schulen soll ab einer Inzidenz von 165 gestoppt werden. Ausnahmen für Abschlussklassen bleiben möglich.
Das Gesetz ist ein sogenanntes Einspruchsgesetz. Das heißt, eine Zustimmung des Bundesrates ist nicht nötig. Die Länderkammer könnte aber den Vermittlungsausschuss anrufen und das Gesetz damit zeitlich aufhalten. (dpa)