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Gefahr durch Eisplatten Eisplatten von Lkw: Keine Schneegerüsten in Sachsen-Anhalt

Von Ralf Böhme 12.01.2017, 11:00
Ein Lkw-Fahrer befreit von einem Schneegerüst aus seinen Lkw-Auflieger von Eis- und Schnee.
Ein Lkw-Fahrer befreit von einem Schneegerüst aus seinen Lkw-Auflieger von Eis- und Schnee. dpa-Zentralbild

Magdeburg - Mit einer der größten winterlichen Gefahren auf Autobahnen werden die Autofahrer in Sachsen-Anhalt gegenwärtig allein gelassen. Dabei handelt es sich um Eisplatten, die von fahrenden Lastwagen herabstürzen und für den nachfolgenden Verkehr immer ein großes Risiko bedeuten.

In vielen Bundesländern stehen den Lkw-Fahrern an Raststätten und Parkplätzen bereits so genannte Schneegerüste zur Verfügung. Dort können sie heranfahren, hinaufklettern und Eis und Schnee von den Dächern der Fahrzeuge räumen. In Sachsen-Anhalt gibt es bislang kein einziges Schneegerüst dieser Art.

Erst zu Wochenbeginn durchschlug auf der A 14 bei Halle fliegendes Eis die Frontscheibe eines Pkw. Glücklicherweise wurde niemand verletzt.

Trotz vieler solcher Beispiele in den vergangenen Jahren ignoriert man in Sachsen-Anhalt dieses Problem. Das Verkehrsministerium teilte auf Anfrage lapidar mit: „Schneegerüste sind nicht gesetzlich vorgeschrieben, und von der Landesstraßenbaubehörde auch nicht vorgesehen.“

Fehlende Schneegerüste für Lkw in Sachsen-Anhalt: Probleme bei der Haftung

Wie Ministeriumssprecher Andreas Tempelhof weiter sagte, liegt das vor allem an schwierigen Haftungsfragen. Das betreffe zum Beispiel die Frage, wer dafür aufkomme, wenn ein Fahrer vom Gerüst fällt und sich dabei verletzt.

Ob und inwieweit andere Bundesländer Schneegerüste einsetzen, entziehe sich der Kenntnis des Ministeriums, so Tempelhof weiter. Man gehe jedoch davon aus, dass dies aus Kosten- und Haftungsgründen „eher unwahrscheinlich“ sei.

Nach MZ-Informationen stehen in Thüringen mittlerweile vier Schneegerüste bereit, unter anderem an der A 4 bei Eisenach. Zwei Anlagen sind erst zu Jahresbeginn freigegeben worden. Als besonders einfache Lösung bewährt sich ein Container, auf den die Kraftfahrer über eine Treppe gelangen, um dann das Eis zu entfernen.

Die Kosten für die Anlagen werden teils von Sponsoren getragen. Sie belaufen sich voraussichtlich auf etwa 1 400 Euro im Jahr.

Auch in den meisten anderen Bundesländer ist es mittlerweile üblich, die „eisige Gefahr“ mit Hilfe von Schneegerüsten zu bannen. In Hessen, Bayern und Baden-Württemberg haben sie sich bereits seit mehr als zehn Jahren bewährt.

Die aktuellen Standorte, wo überall Schneegerüste stehen, listet eine Rubrik unter dem Stichwort „Fernfahrerstammtisch“ im Internet auf. Die Übersicht umfasst acht Seiten.

Lkw-Fahrern, die das Eis nicht beseitigen, drohen bis zu 120 Euro Bußgeld und drei Strafpunkte in Flensburg. Auch ein Fahrverbot und sogar Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren sind möglich, vor allem nach Unfällen.

Autofahrer, die Opfer von herabstürzenden Eisplatten geworden sind, müssen sich unbedingt das Kennzeichen des Lastwagens merken und außerdem noch Zeugen benennen. Sonst zahlt, so der ADAC, die Haftpflichtversicherung des Gegners nicht und man bleibt auf den Unfallkosten sitzen. (mz)