DDR-Dopingopfer DDR-Dopingopfer in Sachsen-Anhalt: Missbrauchsstrukturen durch Schweigesystem gedeckt

Magdeburg - Die DDR-Sportvergangenheit in Sachsen-Anhalt samt des systematischen Dopings liegt aus Sicht der Stasi-Landesbeauftragten Birgit Neumann-Becker noch weitgehend im Dunkeln. „Die Verwicklung, Leistungssport als Staatsziel und als Staatspolitik, ist in Sachsen-Anhalt nicht aufgearbeitet“, sagte Neumann-Becker am Donnerstag in Magdeburg. Es handele sich um Missbrauchsstrukturen, gedeckt durch ein Schweigesystem.
Neuen Hilfsfonds: Informationsveranstaltungen in Halle und Magdeburg
Sie rief ehemalige Hochleistungs- und Nachwuchssportler, die in der DDR gedopt wurden, auf, einen neuen Hilfsfonds in Anspruch zu nehmen. Informationsveranstaltungen seien für den 30. November in Magdeburg und für den 12. Dezember in Halle geplant.
Insgesamt stehen demnach 10,5 Millionen Euro zur Verfügung für Athleten, die ohne ihr Wissen gedopt worden sind und Schäden davontrugen. Auch Kinder von gedopten Müttern könnten profitieren. Die Antragsfrist ende 30. Juni 2017.
DDR-Dopingopfer: Zwei Millionen Euro Entschädigung für 194 Sportler
Einen ersten Hilfsfonds für DDR-Dopingopfer hatte es laut Neumann-Becker zwischen 2002 und 2007 gegeben. Mit insgesamt zwei Millionen Euro seien zusammen 194 Sportler entschädigt worden. Nun stehe deutlich mehr Geld zur Verfügung.
„Es wird wohlwollend geprüft“, kündigte Neumann-Becker an. Wer eine Entschädigung beantrage, müsse aber sagen, in welchem Zusammenhang gedopt wurde und wer die Dopingmittel ausgab. „Das könnte für viele schon eine Hürde sein.“ Das Schweigen dominiere.
Tausende Menschen von DDR-Zwangsdoping betroffen
In der Forschung werde von 12.000 bis 15.000 Menschen ausgegangen, die vom DDR-Zwangsdoping betroffen waren. Für Zeitzeugen habe es bislang kaum Gelegenheit gegeben, sich zu äußern, sagte Neumann-Becker. „Sie haben sich aus meiner Sicht stärker in Selbsthilfestrukturen organisiert als in die Öffentlichkeit zu gehen.“
Zu ihnen gehört auch die ehemalige Magdeburger Schwimmerin Ute Krieger-Krause. Als Zeitzeugin berichtete die 1962 Geborene, dass sie während des Trainings von 1973 bis 1979 stetig Mittel bekam, die als Vitamine bezeichnet wurden. In ihrer Ausbildung zur Krankenschwester begegneten ihr die Medikamente mit Verpackung und Beipackzettel wieder und sie konnte einen Zusammenhang zu ihren schweren Depressionen herstellen.
Krieger-Krause wurde aus dem ersten Hilfsfonds für die Dopingopfer entschädigt. Sie ist aktiv im Verein Doping-Opfer-Hilfe, der nach eigenen Angaben rund 1.000 Betroffene betreut, knapp 100 davon kommen aus Sachsen-Anhalt. (dpa)